Food aktuell
Varia
19.12.2012
Ständerat: strenge Swissness-Linie

Der Ständerat will – anders als der Nationalrat – nicht zwischen stark und schwach verarbeiteten Lebensmitteln unterscheiden. Für alle Produkte soll das 80-Prozent-Kriterium gelten.


Tiere müssen nach dem Ständerat den überwiegenden Teil des Lebens in der Schweiz verbracht haben, damit ihr Fleisch als Schweizer Produkt beworben werden darf. (Bild: LID)


Wann dürfen Lebensmittel mit dem Schweizer Kreuz beworben werden? Für den Bundesrat ist klar: Wenn mindestens 80 Prozent des Gewichts der Rohstoffe aus der Schweiz stammen. Ausgenommen sind Rohstoffe, die hierzulande nicht produziert werden können – wie Kakao – oder die temporär nicht in genügender Menge verfügbar sind. Dem Nationalrat ist diese Regelung zu strikt.

Im Frühling 2012 hatte die grosse Kammer beschlossen, zwischen stark und schwach verarbeiteten Produkten zu unterscheiden. Stark verarbeitete Lebensmittel – wie etwa Biscuits – sollen als schweizerisch gelten, wenn 60 Prozent des Rohstoffgewichts aus der Schweiz kommen und 60 Prozent der Wertschöpfung in der Schweiz stattfindet. Bei schwach verarbeiteten Produkten hat sich der Nationalrat hingegen für einen 80-Prozent-Anteil ausgesprochen.

Ständerat folgt Bundesrat

Am 10. Dezember hat sich der Ständerat mit der Swissness-Vorlage befasst. Urs Schwaller (CVP/FR) wollte der kleinen Kammer den Vorschlag des Nationalrats schmackhaft machen. Swissness bestimme sich nicht nur über die Herkunft der Rohstoffe, sondern ebenso über das Know-How, den Innovationsgeist und die Spitzentechnik der hiesigen Lebensmittelindustrie. Schwallers Antrag wurde allerdings mit 29 zu 13 Stimmen abgelehnt – zu problematisch sei die Unterscheidung zwischen schwach und stark verarbeiteten Lebensmitteln, befand die Mehrheit.

Nichts wissen wollte der Ständerat von einer Sonderregelung für Milch und Milchprodukte, wie sie der Nationalrat beschlossen hatte. Gemäss dieser würden Milchprodukte erst als schweizerisch gelten, wenn die Milch vollumfänglich aus dem Inland käme. Als Begründung diente dem Nationalrat die Tatsache, dass der Selbstversorgungsgrad bei der Milch über 100 Prozent liegt.

Eine solche Regelung sei nicht sinnvoll, erklärte Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Bei anderen Rohstoffen wie Zuckerrüben, Raps oder Äpfeln können die Bauern ebenfalls den Inlandbedarf abdecken. "Da stellt sich schon die Frage, warum es bei der Milch 100 Prozent sein sollen, während bei den anderen Produkten, für welche die Rohstoffe auch zu 100 Prozent verfügbar wären, 80 Prozent reichen sollen", bemerkte Sommaruga.

Keine strengeren Vorschriften für Fleisch und Eier

Der Vorlage des Bundesrats ist die kleine Kammer auch punkto Fleisch und Eiern gefolgt. Anita Fetz (SP/BS) und Thomas Minder (parteilos/SH) machten sich für eine Verschärfung stark: "Für die Mehrheit der Konsumenten ist ein Schweinskotelett dann schweizerisch, wenn dieses Schwein hier in der Schweiz zur Welt gekommen ist", hielt Fetz fest.

Die Bestimmung des Bundesrates, wonach ein Tier den überwiegend Teil seines Lebens hierzulande verbracht haben muss, um als schweizerische zu gelten, reiche deshalb nicht. Die Nutztiere müssten auch in der Schweiz geboren sein, um den Schweizer Pass zu erhalten. Entscheidend sei zudem die Herkunft des Tierfutters. "Es ist eben nicht schweizerisch, wenn Sie aus Frankreich Ferkel einführen, die dann mit brasilianischem Kraftfutter gemästet werden", erklärte Fetz.


Spitzenqualität, Vertrauenswürdigkeit und Exklusivität: Schweizer Produkte geniessen einen hervorragenden Ruf. Konsumenten sind gemäss Umfragen bereit, für Produkte mit Schweizer Kreuz bis zu 20 Prozent mehr zu bezahlen. Deshalb ist es wenig verwunderlich, wenn Unternehmen ihre Erzeugnisse immer häufiger als Schweizer Produkte vermarkten. Nicht immer ist auch Schweiz drin, wo das weisse Kreuz auf rotem Hintergrund prangt. Mit der Swissness-Vorlage will der Bundesrat die Marke Schweiz vor Missbrauch besser schützen. Wann ein Produkt den Schweizer Pass erhält, ist allerdings umstritten.


Die Basler SP-Ständerätin fordert deshalb, dass 90 Prozent des Tierfutters aus der Schweiz stammen müsse. Bundesrätin Sommaruga äusserte Verständnis für dieses Anliegen, lehnte es aber ab: "Bei den Raufutterverzehrern – also beim Rindvieh, bei Schafen, Ziegen und Pferden – wäre die Verwendung von 90 Prozent Schweizer Futter möglich, bei der Schweine- und Geflügelfütterung ist ein Anteil von 90 Prozent Futter mit Herkunft Schweiz aber nicht realisierbar."

Entscheidend ist der Selbstversorgungsgrad

Geht es nach dem Ständerat, sollen bei der Berechnung des Rohstoffgewichts alle Rohstoffe angerechnet werden, bei denen der Selbstversorgungsgrad mindestens 50 Prozent beträgt. Rohstoffe, bei denen der Selbstversorgungsgrad zwischen 20 und 49,9 Prozent beträgt, sollen nur zur Hälfte angerechnet werden müssen. Liegt der Selbstversorgungsgrad unter 20 Prozent, sollen die Rohstoffe von der Berechnung ausgenommen werden. (Text: LID / Michael Wahl)

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