Food aktuell
Varia
4.4.2013
Das perfekte Schwein


Nur selten werden uns Menschen alle wünschenswerten Eigenschaften in die Wiege gelegt. Gleiches gilt für die Tierwelt, wo der Problematik allerdings nachgeholfen werden kann. Denn viele Merkmale, die bei Tieren als Qualitätszeichen gelten, lassen sich mittels Züchtungen herbeiführen.


Bei der Herstellung von Schweinefleisch kann Qualität vieles sein: Die Gesundheit der Tiere bei der Aufzucht, die Farbe und Marmorierung des Fleisches während der Verarbeitung oder der Nährwert des fertigen Nahrungsmittels beim Verzehr. Kurz um: Jede Wertschöpfungsstufe weist ihre eigenen Qualitätsansprüche auf, denen die Schweinefleischproduktion als Ganzes genügen muss.

Um dieser Fülle an Forderungen genüge zu leisten, wird zu gezielten Zucht- und Genetikprogrammen gegriffen, die sich mit der Variation eines bestimmten Problembereichs befassen. Vor allem die Beeinflussung der Tiergesundheit spielt in diesem Rahmen eine bedeutende Rolle – auch, wenn die Gesundheitslage der Tiere in der Schweiz im Verhältnis zu anderen Ländern überdurchschnittlich positiv ausfällt.

Beeinflussung der Tiergesundheit

Wichtiges Ziel bei Züchtungen, welche die Verbesserung der Gesundheit der Tiere betreffen, ist die Erzeugung von Resistenzen gegenüber bestimmten Erregern, um die Stabilisierung des Gesundheitszustandes der Tiere und die Eindämmung von Krankheitsausbrüchen zu gewährleisten. Ein Bespiel hierfür ist die Erzeugung von Immunität bei Zuchtschweinen gegenüber dem sogenannten Coli-F18-Bakterium; einem Keim, der zu Wassereinlagerungen und Durchfall bei den betroffenen Schweinen und häufig auch zu deren Tod führt.


Schweine gelten als intelligent. Anhand des gescheiten Blicks dieses Duroc-Edelschweins beurteilt, weiss es, dass es ein Edelschwein ist.


Innerhalb der Züchtung wird das Erbgut der Tiere deshalb dahingehend verändert, dass eine Anheftung des Bakteriums an die Darmwand der Tiere und somit der Ausbruch der Erkrankung nicht mehr möglich ist. Vielversprechend scheint dieser Ansatz vor allem deshalb, weil das Bakterium auf Behandlungen mit Antibiotika bisher kaum anspricht und grossflächige Krankheitsausbrüche im Tierbestand für die Tierhalter finanziell beachtliche Ausmasse annehmen können – sei es aufgrund der zusätzlich anfallenden Kosten oder aufgrund der Verschlechterung der Verkaufssituation der Tierprodukte.

Bedürfnisse des Marktes

Trotz ihrer Wichtigkeit für Halter und Konsument ist die Tiergesundheit jedoch nicht alleiniger Mittelpunkt von Zuchtprogrammen. Auch die Leistungsfähigkeit und Verkäuflichkeit der Tiere spielen eine wesentliche Rolle. "Zu unseren Zuchtzielen gehört auch eine gute Fruchtbarkeit unserer Sauen, eine gute Fleisch- und Fettqualität sowie die Verringerung von Ferkelverlusten", sagt Henning Luther, Leiter des Zuchtprogrammes bei Suisag, dem Schweizer Dienstleistungszentrum für Schweineproduktion.

In diesem Sinne nehmen auch ökonomische Faktoren eine wichtige Stellung innerhalb von Züchtungsprogrammen ein. "Schweinehalter benötigen auch Tiere, die auf die Bedürfnisse der Produktion und des Marktes ausgerichtet sind", sagt Luther. Dennoch ist das Ziel der Züchter nicht die Verwirklichung einer Superlative an Zuchtschweinen, sondern die Erreichung eines Mittelweges. Dies widerspiegelt sich unter anderem in der Beschaffenheit des hergestellten Fleisches.

"Im Gegensatz zum Ausland ist die Züchtung in der Schweiz weder auf einen zu hohen Muskel-, noch auf einen zu hohen Fettgehalt im Fleisch ausgerichtet. Es sollte nicht zu viel des Guten sein", sagt Martin Scheeder, Leiter der Forschungs-und Entwicklungsabteilung für Fleischqualität bei Suisag.

Denn: Oftmals stünden die Leistungsmerkmale der Tiere in gegensätzlicher Beziehung zu den Fleischqualitätsmerkmalen, welche trotz dem Wirtschaftlichkeitsparadigma nicht zweitrangig sein sollten.

"Gerade die im Vergleich zu der Importware hohe Qualität des Schweizer Fleisches wird von den Fleischabnehmern und -verarbeitern geschätzt", sagt Scheeder. Oder wie Henning Luther es ausdrückt: "Auch in der Schweiz ist ein Schwein ein Schwein, aber sonst ist alles anders." (Text: LID)

Das Schweine-Zuchtprogramm in der Schweiz

Das Fleisch, das bei den Konsumenten auf dem Teller landet, stammt in der Regel von drei Schweinen: Da wäre zum einen das Schwein, dass schlussendlich geschlachtet und gegessen wird – ein Mastschwein – und zum anderen dessen Eltern. Die Mutter des Mastschweines, die einer Zuchtrasse mit dem Markennamen "Primera" angehört, ist eine Mischung aus einem Edelschwein – übrigens an den stehenden Ohren erkennbar – und einem Landschwein.

Die Kreuzung dieser beiden Rassen soll zu einem durchmischten Genpool und damit zu einem gesunden Nachwuchs führen (Heterosiseffekt). Der Vater des Mastschweines, dessen Sperma für die künstliche Besamung der Mutter verwendet wird, ist ein Edel-Eber mit dem Markennamen "Premo". Durch die Einbindung von Edelschweinen in die Schweineproduktion soll die Herstellung von hochwertigem Fleisch gewährleistet werden. www.suisag.ch

Erforscht: Grunzen und Pinkeln

Deutsche Wissenschafter am Leibniz-Institut für Nutztierbiologie analysieren das Wohlbefinden von Hausschweinen mit bioakustischen und kognitionspsychologischen Methoden. Fazit: Grunzen der Schweine und Quieken der Ferkel sind Indikatoren, welche sowohl Stress aber auch Wohlbefinden der Tiere aufzeigen.

Ob es Stress oder Wohlbefinden bedeutet, wenn Ferkel an der Olma die Bundesräte, von denen sie aus Tradition in den Arm genommen werden müssen, anpinkeln, ist noch nicht wissenschaftlich erforscht. So geschehen Eveline Widmer-Schlumpf an der Olma-Eröffnung 2012, welche ihrerseits wohl eher Stress zeigte.


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