Food aktuell
Varia
7.1.2014
EU bekämpft Lebensmittelbetrug



Obwohl die Mehrheit der Lebensmittelindustrien integer sind, haben schwarze Schafe mit Betrügereien in letzter Zeit Aufmerksamkeit erregt.

Fälschungsskandale bewirken mehr Kontrollen und härteren Strafen. Von den Flughäfen kann man lernen: Je besser die Kontrollen desto höher die Sicherheit.


Das Lebensmittelrecht ist in der EU und der Schweiz in Bezug auf Lebensmittelsicherheit sehr detailliert, (einschliesslich Kontrollen und Prüfungen in Bereichen von Rückständen und anderen Verschmutzungen in Lebens- und Futtermitteln), aber es gibt keine Struktur, die sich gezielt gegen Lebensmittelbetrug wendet. Abgesehen von der allgemeinen Übereinkunft, dass Verbraucher nicht irregeführt werden dürfen. Um dieses Problem anzugehen werden wirkungsvolle Massnahmen identifiziert, um die europäischen Regeln und Kontrollen zu stärken. Einige davon finden sich im EU-Aktionsplan zur Bekämpfung des Lebensmittelbetrugs wieder.

Lebensmittelbetrug liegt vor, wenn Lebensmittel vorsätzlich in der Absicht auf den Markt gebracht werden, um durch Verbrauchertäuschung einen finanziellen Gewinn zu erzielen.*1 Zu den jüngsten Beispielen gehören die nicht deklarierte Verwendung von Pferdefleisch in Rindfleischprodukten, das Hinzufügen von Melamin zu Milch- und Kindernahrungsprodukten und die Verfälschung von Chilipulver durch Sudan Rot. Bis heute gibt es in der europäischen Gesetzgebung keine klare Definition von „Lebensmittelbetrug“.*2

Programme zur routinemässigen Überwachung und Kontrolle werden in ganz Europa von jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörden durchgeführt, um die Lebensmittel auf dem Markt zu überwachen und um zu gewährleisten, dass die Bestimmungen des Lebensmittelrechts eingehalten werden und mit dem Verzehr von Lebensmitteln kein Sicherheitsrisiko verbunden ist.

Pferdefleisch in Rindfleischprodukten

Am 15. Januar 2013 meldete die Food Safety Authority of Ireland (FSAI) [irische Behörde für Lebensmittelsicherheit] die Ergebnisse einer Echtheitsstudie von Fleischprodukten, die aufdeckte, dass DNA von Pferden in tiefgefrorenen Rindfleisch-Burgern enthalten war, die in irischen Supermärkten verkauft wurden.*3 Von den 27 geprüften Rindfleisch-Burgern waren die Prüfergebnisse bei 37% der Burger positiv in Bezug auf Pferde-DNA. Eine der Burger-Proben enthielt 29% Pferdefleisch. Diese Burger waren etikettiert, dass sie Rindfleisch enthalten, nicht Pferdefleisch.

Die FSAI-Behörde deckte auf, wie sich schliesslich herausstellte, dass es sich um ein gesamteuropäisches Problem gefälschter Rindfleischprodukte in vielen Mitgliedstaaten handelte. Diese Ergebnisse führten zu umfangreichen Untersuchungen und zum Rückruf von Millionen von Burgern und Fertiggerichten aus den Regalen der Supermärkten in ganz Europa.

Massnahmen gegen Betrug

In der EU sind bereits umfangreiche Kontrollen und Gesetze zur Regelung der Rückverfolgbarkeit von Lebensmittel und zur Etikettierung in Kraft.*4-*5 Der Vorfall mit dem Pferdefleisch warf aber ein neues Licht auf die betrügerischen Praktiken und die Notwendigkeit strengerer Kontrollen. Die Europäische Kommission (EK) schlug einen Aktionsplan vor, um gegen die Mängel vorzugehen, die in der europäischen Lebensmittellieferkette festgestellt wurden.*6

Dieser Aktionsplan zielt darauf ab, das Vertrauen der Verbraucher und der Handelspartner durch strengere Kontrollen in Bezug auf betrügerische Praktiken wiederzugewinnen. Er wurde als Grundlage für die Entschliessung im Europäischen Parlament zur Lebensmittelkrise, zu Betrug in der Lebensmittelkette und zu deren Kontrolle (2013/2091(INI)) verwendet.*2 Der Aktionsplan der EK besteht aus einer Reihe von Aktionen, die in folgende fünf Bereiche fallen (einige dieser Aktionen wurden bereits, weitere sollen bis 2014 implementiert werden).

1. Lebensmittelbetrug

Ziel ist die Kapazität der EK zu stärken, gegen Lebensmittelbetrug vorgehen zu können und somit die Interessen der Verbraucher zu schützen. Angesichts der Entdeckung, dass einige verarbeitete Lebensmittel, die als 100% Rindfleisch ausgezeichnet waren, tatsächlich Pferdefleisch enthielten, waren die Behörden für Lebensmittelsicherheit in ganz Europa in der Lage, schnell Informationen über die bestehende Datenbank namens RASFF (Rapid Alert System for Food and Feed) [Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel] auszutauschen.*7

Die betrügerischen Lebensmittel wurden daraufhin rasch aufgespürt und vom Markt genommen. Die EK beabsichtigt die Ausweitung des Geltungsbereichs von RASFF im Kampf gegen Lebensmittelbetrug durch Aufbau eines speziellen IT-Systems, das den schnellen und grenzüberschreitenden Austausch von Informationen bei vorsätzlichen Verletzungen der Regeln für die Lebensmittelkette erleichtert.

2. Prüfprogramme

i) DNA-Prüfung von Produkten:
Ein koordiniertes, EU-weites Prüfprogramm für Pferdefleisch-DNA wurde durchgeführt.8 Die Prüfungen wurden bei Lebensmitteln durchgeführt, die für den Endverbraucher bestimmt waren und als Rindfleisch enthaltend deklariert waren. Tausende von DNA-Prüfungen wurden von den zuständigen Behörden und den Betreibern von Lebensmittelunternehmen (Hersteller, Verarbeiter und Handel) in 27 EU-Ländern durchgeführt. Bei weniger als 5% der geprüften Proben wurden Pferdefleisch-DNA festgestellt.

ii) Prüfung auf Phenylbutazon-Rückstände:
Es wurden auch Prüfungen an Pferdekadavern auf Phenylbutazon durchgeführt.*8 Phenylbutazon ist ein entzündungshemmendes Arzneimittel, das in der Veterinärmedizin als Schmerzstiller verwendet wird. Es ist in der EU nicht bei Tieren zugelassen, die als Lebensmittel bestimmt sind. Die Ergebnisse deckten auf, dass ca.0,5% der Pferdekadaver mit Phenylbutazon kontaminiert waren.

Insgesamt kam die Europäische Kommission zu dem Schluss, dass ‘die in Bezug auf Pferdefleisch-DNA positiven Proben zusammen mit den festgestellten sehr geringen Werten an Phenylbutazon einen sehr kleinen Teil der Gesamtproduktion in der EU darstellen‘.*8 Darüber hinaus kamen die European Food Safety Authority (EFSA) [Europäische Behörde für Lebensmittelaufsicht] und die European Medicines Agency (EMA) [Europäische Arzneimittelbehörde] in einer am 15. April 2013 gemeinsam veröffentlichten Stellungnahme zu dem Schluss, dass mit Phenylbutazon zusammenhängende Risiken „für den Verbraucher gering einzustufen“ sind.”*9

3. Pferdepass

Die Ausstellung von Pferdepässen und die allgemeine Überwachung und Regulierung von Pferden in Europa traten als Ergebnis des Pferdefleischbetrugs in den Vordergrund. Derzeit können Pferdepässe von zahlreichen Stellen in den einzelnen Mitgliedsländern ausgestellt werden.*10 Die EK schlägt jedoch vor, die Ausgabe von Pferdepässen vollständig auf die kompetente Behörde in den einzelnen Mitgliedsländern zu übertragen, um die Pässe ausstellenden Einrichtungen zu reduzieren.*6

Zusätzlich soll die Registrierung der Pferdepässe in einer zentralen Datenbank pro Land Pflicht werden. Die Absicht ist, diese Datenbank in Schlachthöfen zu verwenden, um die Echtheit des Pferdepasses bei jedem Pferd zu überprüfen und das Schlachtdatum zu registrieren. Entsprechende Gesetzesänderungen wurden bereits vorgeschlagen.*11

4. Herkunftskennzeichnung

Die EK plant die Einführung wirksamerer Regelungen für die Kennzeichnung.*6 Bessere Lebensmittelkennzeichnung ermöglicht dem Verbraucher, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen. Zu den Vorschlägen gehört die Ausweitung der Regeln für eine Pflicht-Herkunftskennzeichnung (die genauen Bestimmungen müssen noch von der Europäischen Kommission festgelegt werden; bei einigen Fleischsorten kann jedoch die Angabe des Orts der Aufzucht und der Schlachtung dazu gehören).

5. Amtliche Kontrollen, Implementierung und Strafen

Die EK hat vorgeschlagen, wenn finanzielle Strafen im Zusammenhang mit Lebensmittelbetrug verhängt werden, diese höher sein sollen als der durch den Betrug zu erwartende Gewinn. Die EK hat weiter vorgeschlagen, dass die Mitgliedsstaaten in der Bekämpfung von Lebensmittelbetrug unangemeldete amtliche Kontrollen durch führen (einschliesslich Inspektionen und Prüfungen) werden.*6

Schlussfolgerung

Der Pferdefleischskandal war für die Lebensmittelwirtschaft und die Aufsichtsbehörden in ganz Europa eine wichtige Lektion. Er hat die Bedeutung angemessener Kontrollen und abschreckender Massnahmen gezeigt. Die koordinierten amtlichen Kontrollen, umfangreicher Stichprobenprüfungen und härtere finanzielle Strafen, die durch die Umsetzung des 5-Punkte Aktionsplans erreicht werden, sollte zu einem positiven Ergebnis für die Verbraucher führen; so dass es sowohl schwieriger als auch abschreckender für diejenigen wird, die vorsätzlich zu täuschen und entlang der Lebensmittelkette zu betrügen versuchen. Weitere Informationen: • Council of the European Union (2013). Commission actions in the field of food fraud.

Literatur
1.Everstine K, Spink J, Kennedy S (2013). Economically motivated adulteration (EMA) of food: common characteristics of EMA incidents. Journal of Food Protection 76:723-35. doi: 10.4315/0362-028X.JFP-12-399.
2.European Parliament, Committee on the Environment, Public Health and Food Safety. (2013). Draft Report on the food crisis, fraud in the food chain and the control thereof (2013/2091(INI)).
3.Food Safety Authority Ireland (2013). Press release: FSAI survey finds horse DNA in some beef burger products.
4.Verordnung (EC) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002, in der die allgemeinen Grundsätze und Bestimmungen des Lebensmittelrechts dargelegt sind, die Errichtung der European Food Safety Authority [Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit] und Darlegung der Verfahrensweisen in Sachen Lebensmittelsicherheit (L 31/1).
5.Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Bereitstellung von Lebensmittelinformationen für die Verbraucher.
6.European Commission website, Food and Feed Safety section.
7.European Commission - MEMO/13/524 (2013). 2012 Report on Europe’s Rapid Alert System for Food and Feed: Questions & Answers.
8.European Commission (2013). Press release: Commission publishes European test results on horse DNA and phenylbutazone: no food safety issues but tougher penalties to apply in the future to fraudulent labelling.
9.European Food Safety Authority (EFSA) (2013). Joint Statement of EFSA and EMA on the presence of residues of phenylbutazone in horse meat. EFSA Journal 11(4):3190.
10.Verordnung der Kommission (EC) Nr. 504/2008 Implementierung von Richtlinien des Rates 90/426/EEC und 90/427/EEC in Bezug auf die Identifizierung von Pferden. 11.EC WORKING DOCUMENT (2013) implementing Council Directives 90/427/EEC, 94/28/EC and 2009/156/EC as regards methods for the identification of equidae (Equine Passport Regulation) and repealing Regulation (EC) No 504/2008. (Quelle: FOOD TODAY 12/2013)

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