Food aktuell
Varia
12.11.2014
NZZ warnt vor Fleisch und Wurst



Rotes Fleisch sorgt hin und wieder für rote Köpfe bei Gesundheits-experten. Als konsensfähig gilt die Faustregel, dass man sich pro Woche auf zwei Mahlzeiten mit rotem Fleisch beschränken sollte.


Am 10.11.2014 hat TeleZüri Prof. Ulrich Keller, Präsident der eidg. Ernährungskommission EEK und SFF-Direktor Dr. Ruedi Hadorn zum Streitgespräch über die «Risiken von rotem Fleisch» eingeladen. Der Anlass: die Eidgenössische Ernährungskommission sieht Gesundheitsrisiken bei rotem Fleisch und empfiehlt darum dem Bund, die Ernährungsempfehlungen für Erwachsene zwischen 35 und 70 Jahren zu modifizieren. «Insbesondere sollten die Empfehlungen zum Verzehr von unverarbeitetem rotem Fleisch eine Beschränkung beinhalten».

Keller (Bild) findet Indizien in neuen epidemiologischen Studien für Gesundheitsrisiken, räumte bei TeleZüri aber ein, dass es keine Beweise sind. Hadorn konterte die angeblichen Risiken: die Studien würden nur Korrelationen zeigen, nicht Kausalitäten. Amüsant war eine Anruferin aus dem Publikum, die jammerte, dass sie entgegen Hadorns Aussage, gute Fleischesser hätten weniger psychische Probleme, viel Fleisch esse und trotzdem deprimiert sei. Offenbar hatte sie den Zusammenhang als monokausal verstanden. In Wahrheit ist natürlich auch dieser multifaktoriell.

PRESSESCHAU

Für Sie gelesen in der NZZ am Sonntag: Der Konsum von rotem Fleisch ist langfristig für die Gesundheit gefährlich. Der Bund soll den Bürgern raten, weniger davon zu essen. Begründet wird dies mit einer Analyse der weltweit neuesten Studien zu den gesundheitlichen Aspekten des Fleischkonsums bei Erwachsenen. Daraus geht etwa hervor, dass die grössten Fleischesser über eine Zeitspanne von 13 Jahren ein um 29 Prozent höheres Sterberisiko aufweisen als jene mit dem geringsten Konsum.

Ähnliche Risikofaktoren ergaben sich je nach Studie bezüglich des Auftretens von Krebs, Herzproblemen und Diabetes. Kurzum: Die im Bericht gesammelte Evidenz «lässt ableiten, dass für rotes Fleisch und vor allem für Fleischprodukte gesundheitlich negative Langzeitwirkungen auf Sterblichkeit, kardiovaskuläre Erkrankungen, bestimmte Formen von Krebs wie Dickdarmkrebs und Diabetes Typ 2 angenommen werden müssen».


Agronomisch gilt Fleisch von Rauhfutter-Verwertern, d.h. Weidetieren wie Rindern, Schafen, Pferden und Wildtieren als rot und das von Kraftfutter- und Allesfressern wie Schweinen und Geflügel als weiss. In der hier zitierten Studie wurde Schweinefleisch aber als rot eingestuft.


Woher diese Risiken rühren, lässt sich im Einzelnen nicht sagen. In Verdacht haben die Forscher etwa die Nitrite im Pökelsalz, das im Fleisch vorhandene Häm-Eisen sowie L-Carnitin, das im Körper in ein arterioskleroseförderndes Aminoxid umgewandelt wird. Auch Zubereitungsschritte wie Erhitzen und Räuchern sind suspekt; letztlich wird angenommen, dass es mehrere Faktoren sind, die im Zusammenspiel zu den höheren Risiken führen.

Die Kommission empfiehlt darum dem Bund, die Ernährungsempfehlungen für Erwachsene zwischen 35 und 70 Jahren zu modifizieren. «Insbesondere», heisst es, «sollten die Empfehlungen zum Verzehr von unverarbeitetem rotem Fleisch eine Beschränkung beinhalten». Und auch der Verzehr von verarbeiteten Erzeugnissen, also Wurst, Hamburger oder Charcuterie, «sollte noch einschränkender empfohlen werden». Eine Mengenangabe macht die Kommission dazu bewusst nicht. Als konsensfähig gilt aber die Faustregel, dass man sich pro Woche auf zwei Mahlzeiten mit rotem Fleisch beschränken sollte.

Der SFF hat dem Amt bereits schriftlich mitgeteilt, dass er vom Bericht und den Empfehlungen wenig hält. Die zitierten Studien belegten lediglich die statistische Beziehung zwischen Fleischkonsum und einzelnen Gesundheitsproblemen, sagt Direktor Ruedi Hadorn. Ob das eine kausal vom anderen abhänge, bleibe unklar. Auch sei völlig offen, wie hoch die mutmasslichen Risiken in absoluten Zahlen seien. «Auf dieser Basis sind die Aussagen zu wenig abgestützt», sagt Hadorn. Es erstaune ihn, dass eine wissenschaftliche Kommission auf einer derartigen Grundlage solche Empfehlungen abgebe. Der Verband hat darum das BLV eindringlich aufgefordert, auf eine Anpassung der Empfehlungen zu verzichten. (NZZaS 9.11.2014, Volltext www.nzz.ch)


«Rotes Fleisch» ist nicht einheitlich definiert: Weder in der Schweizer Verordnung des Eidgenössischen Departement des Inneren über Lebensmittel tierischer Herkunft, noch in entsprechenden Verordnungen der Europäischen Kommission hat es klare farbliche Definitionen des Fleisches. Auch in der EU gibt es keinen Konsens. Während in wenigen Katalogen eine Untergruppierung «rotes Fleisch» vorliegt (z.B. EuroFIR, European Food Groups), fehlt diese in den meisten Katalogen (z.B. Codex Alimentarius, EFSA)


«foodaktuell.ch» hat die Forschungsanstalt Agroscope um eine Stellungnahme zu den neuen Kritikpunkten des NZZ-Artikels gebeten. Eine allgemeine Gegendarstellung des kürzlich verstorbenen deutschen Prof. Honikel erschien schon im 2009 mit dem Fazit, dass die damalige Kritik am roten Fleisch auf «unsicheren Daten beruht, die einseitig ausgewertet wurden».
Diesen Beitrag lesen: Rotes Fleisch: Kritik und Kommentar

Eisen ist ein essentielles Spurenelement und wichtig für die Blutbildung. Aber zuviel davon gilt als Risikofaktor für die Gesundheit (was auch bei den meisten andern Mikronährstoffen der Fall ist). Foodaktuell.ch präsentiert einen Beitrag, der den Nutzen des Eisens erklärt und einen, der von einem Zuviel warnt.

Eisen ist ein lebenswichtiger Mineralstoff

Die EU-Foodinformationsplattform EUFIC berichtet: Eisen spielt eine wichtige Rolle bei der Blutbildung, da es als Bestandteil des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin für den lebenswichtigen Sauerstofftransport von der Lunge in unseren Körper zuständig ist. Eisenmangel kann daher weitreichende Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben. Erste Anzeichen der Mangelerscheinung sind oft Müdigkeit und Erschöpfung. Risikogruppen sind vor allem Mädchen und junge Frauen, die wenig Fleisch, oder Fisch verzehren, oder sich vegetarisch ernähren.

Die beste Quelle für Eisen ist rotes Fleisch. Es ist aber ebenfalls in Leber, Fisch, Geflügel, Hülsenfrüchten, Getreide, getrockneten Früchten, Vollkornbrot, Blattgemüse, Nüssen oder Samenkörnern enthalten. Eisen aus tierischen Quellen (Häm-Eisen) wird besser absorbiert als Eisen aus pflanzlichen Quellen (Non-Häm-Eisen). Unser Körper kann nur ca. 15% - 25% des in Fleisch, Fisch und Geflügel vorhandenen Eisens aufnehmen.

Die Aufnahmefähigkeit von Non-Häm-Eisen aus Getreide, Gemüse und Früchten ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Phytate (in Getreide und Hülsenfrüchten), Ballaststoffe, Tannine (in Tee und Kaffee) sowie Kalzium können Non-Häm-Eisen binden, und so die Absorption reduzieren. Die Absorption von Eisen aus pflanzlichen Quellen kann durch die gleichzeitige Anwesenheit von Vitamin C (in Zitrusfrüchten, Beeren, Kiwis, Paprika und Kartoffeln) gesteigert werden. Quelle: www.eufic.org

Rotes Fleisch und Krebsrisiko

Die deutsche Gesundheitsplattform «Zentrum der Gesundheit» berichtet: Der regelmässige Verzehr von rotem Fleisch, und hierzu zählt auch die daraus hergestellte Wurst, steht schon lange in Verdacht, das Krebsrisiko generell zu erhöhen. Vor allem an der Entstehung von Magenkrebs soll das rote Fleisch beteiligt sein. Hierfür wird das Hämeisen, das dem Fleisch seine rote Farbe verleiht, verantwortlich gemacht. Ist der Hämeisen-Anteil im Körper aufgrund regelmässig verzehrter roter Fleisch- und Wurstwaren zu hoch, kann dieses Eisen gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit haben.

Hämeisen hat die Eigenschaft, Entzündungsprozesse im Körper auszulösen sowie bestehende Entzündungen immer wieder neu zu entfachen. Gelingt es dem Körper nicht, diese Prozesse einzudämmen, können sich chronische Erkrankungen bis hin zum Krebs entwickeln. Es fördert ferner im Darm die Bildung von speziellen Eiweissverbindungen (N-Nitroso-Verbindungen). Diese bilden freie Radikale, die zellschädigend sind. Sie stärken das Zellwachstum von Tumoren und haben daher eine kanzerogene Wirkung. Quelle: www.zentrum-der-gesundheit.de


Epidemiologische Studien kranken an vielen Unsicherheitsfaktoren, da sie auf Befragungen beruhen. Mit Menschen kann man ja keine Fütterungsversuche machen wie mit Tieren. Zudem sind Gesundheitseffekte sehr multifaktoriell und kaum für einzelne Faktoren isolierbar. Selbst wenn, fände man nur Korrelationen und noch keine Kausalitäten.


Kommentar von Proviande: Ist das negative Image von rotem Fleisch begründet?

Der Fleischkonsum steht regelmässig wegen scheinbarer klarer negativer gesundheitlicher Auswirkungen am Pranger. Dabei werden jeweils das «rote Fleisch» sowie die Fleischwaren als Schuldige identifiziert, während «weisses Fleisch» – gleichgesetzt mit Geflügel – oft ungeschoren davon kommt. Bei näherer Betrachtung der wissenschaftlichen Faktenlage tauchen aber schnell einmal Fragen auf. Ähnlich der fehlenden Definition von «rotem» und «weissem» Fleisch gibt es beispielsweise keine allgemein definierte Vorgehensweise, wie der Fleischkonsum ermittelt werden soll. Es hapert bereits bei der Zubereitung des Fleisches.

Die verwendete Garmethode wird nur selten zusammen mit dem Fleischkonsum erfasst, und das Wegschneiden des Fettes in der Küche oder auf dem Teller bleibt regelmässig unberücksichtigt. Da beides aber offensichtlich die Zusammensetzung des Fleisches beeinfl usst, stellt sich die Frage, wie wertvoll die vielen – wohl meisten – Studien sind, in denen diesen beiden Aspekte nicht Rechnung getragen wird.

Es gibt zu viele weitere Faktoren, die sich mit dem Konsum von rotem Fleisch und Fleischwaren parallel verhalten. Zudem ist die Risikoerhöhung nicht eklatant: Für jede zusätzliche Portion pro Woche steigt das Risiko um ganze 3%. Ein bedeutender, unmissverständlicher Zusammenhang sieht anders aus, so wie beim Rauchen und Krebs. (Auszug aus der Fleisch Information 1-2011 von Proviande)

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