Food aktuell
Varia
15.4.2015
Die Schweiz setzt auf Regionalprodukte



Das Ostschweizer Food Forum hat sich kürzlich dem „Megatrend Regionalität“ gewidmet. Dabei wurde nicht nur von der wachsenden Bedeutung der Regionalität für die Branche gesprochen, sondern auch auf die Fragen und Probleme eingegangen, die diese Labels aufwerfen.


Regionalität ist als Gegenbewegung zur Globalisierung ein vielversprechendes Konsum-Modell. Darin waren sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion am kürzlich durchgeführten Ostschweizer Food Forum einig. Stephan Feige von der htp Marketingkonzepte-Entwicklerin an der Uni St. Gallen verortete in der Regionalität die „Sehnsucht nach Herkunft und Authentizität“. Und Jasmine Said Bucher von der IG Regionalprodukte ist überzeugt: „Die Region ist ein Marktvorteil, weil die Nahrungsmittel räumlich klar zugeordnet werden können.“

Das Label macht aber auch Schwierigkeiten. Die Frage, was man sich unter der Marke „Region“ vorstellen muss, wurde nicht klar beantwortet. Zudem blieben auch Vorstellungen etwas vage, wie der Markenschutz gesetzlich definiert werden sollte. Das Label-Produkt müsste nachweislich aus einer bestimmten Gegend stammen, wurde gefordert. Wichtig sei dabei die Herkunftszertifizierung.

Von anderer Seite wurde die Wertschöpfung ins Zentrum gestellt, die möglichst vollumfänglich in der Region stattfinden müsste. Wie aber soll eine Region räumlich definiert werden: durch ein Gemeindegebiet, oder einen Kilometerradius? Mehrheitlich setzte sich im Podium die Auffassung durch, dass nicht Regulatoren entscheidend sein könnten, sondern wie die Bevölkerung ihre Region wahrnehme.

Umfrage spricht für Regionalität

An der Fachtagung wurde eine Konsumenten-Umfrage zur Regionalität vorgestellt, die das Food Forum in Auftrag gegeben hatte. Im Zeitraum vom 2. bis 9. Februar 2015 befragte das Zürcher Marktforschungsunternehmen Marketagent.com unter Leitung von Ursula Kaspar 1‘002 Schweizer (50.4%) und Schweizerinnen (49.6%) im Alter von 18 bis 65.


Geschmack, Frische und Qualität sind für sechs von zehn Befragten sehr wichtig beim Einkaufen von Lebensmitteln. Diese Kriterien stehen vor dem Preis- Leistungsverhältnis (52%) und günstigen Preisen (31%). Die Herkunft beziehungsweise die regionale Produktion sind jeder vierten der befragten Personen sehr wichtig. Auf Nachhaltigkeit, kurze Transportwege und ökologischen Anbau achtet immerhin noch jede fünfte Person.

32% der Befragten attestieren regional angebauten oder produzierten Lebensmitteln ein sehr gutes Image, weitere 55% stufen das Image regionaler Nahrungsmittel als gut ein. Interessant ist die Qualitätswahrnehmung von regionalen gegenüber nicht-regionalen Produkten: Über 90% finden, dass beispielsweise regional produziertes Gemüse, Eier und Früchte besser oder mindestens ebenso gut sind, wie nicht-regionale Produkte. Bei Milchprodukten und Käse verschiebt sich die Bewertung in Richtung „gleich gut“.

Nicht einheitlicher Meinung sind die Befragten bei der Definition von Regionalprodukten. Für die einen gilt „innerhalb der Gemeinde“, für die anderen „in einem Umkreis von 20 km des Verkaufsorts“, oder „innerhalb des Kantons“. Es gibt aber auch die Meinung, dass bei gewissen Produkten wie z.B. Fisch oder Wein „länderübergreifende Region“ die korrekt Definition sei.

Interessant sind aber auch die Kaufmotive für regionale Produkte: 37% kaufen diese, weil sie frischer sind als nicht-regionale und 43% schätzen es, den Ursprung der Produkte nachvollziehen zu können. Ökologische Gründe spielen für 48% eine Rolle, aber für 60% steht klar die Unterstützung der lokalen Wirtschaft an erster Stelle.

Die Umfrageleiterin Ursula Kaspar interpretiert die Resultate so: „Ist der erste Eindruck von etwas gut, so wird der positive Eindruck verstärkt, wenn man etwas häufiger sieht beziehungsweise besser kennt. Das funktioniert auch bei Nahrungsmitteln die regional produziert und vermarktet werden.“ Das Vertrauen in das Vertraute ist gross. Ein einmal erreichtes gutes Image ist für ein regionales Nahrungsmittel ein robuster Wert.

Wissenschaftliche Fakten fehlen noch

Heinz Schmid von der Beratungsfirma Schäffer Schmid und Partner ging in seinem Vortrag „Wie nachhaltig ist regionale Produktion” auf die wissenschaftliche Sicht der Nachhaltigkeit von regionalen Produkten ein. Er zog das Fazit, dass vom wissenschaftlichen Standpunkt eine grundsätzliche Aussage nicht möglich sei. Nachhaltigkeit und Regionalität würden von Menschen sehr subjektiv wahrgenommen. Die massgebenden Kriterien seien oft nicht wissenschaftlich abbildbar oder widersprächen sich sogar. Regionalität ist in den Augen von Schmid „ein emotionales Konzept“.

Regionalität hat sich in grossen Nischen im Detailhandel etabliert. Die Migros kreierte vor 15 Jahren das Label „Aus der Region.Für die Region.“ „Die Nachfrage stieg 2014 um über 5 Prozent“, sagt Mediensprecherin Monika Weibel. „Der Umsatz des AdR-Label lag bei über 870 Millionen Franken“. Für die Migros produzieren heute schweizweit rund 7‘500 Produzenten bis zu 8‘000 Produkte aus den Regionen. Die Region bezieht sich jeweils auf das Wirtschaftsgebiet der regionalen Genossenschaften. In diesem Sinne gibt es zehn verschiedene Regionen.

Unter dem Gütesiegel „Miini Region“ führt Coop in seinem Sortiment über 2‘200 Nahrungsmittel. Die Konsumenten sollen die Produkte aus der Umgebung kaufen können, in der sie leben. „Wir werden ‚Miini Region‘ weiter ausbauen“, sagt Mediensprecher Urs Meier. Am ursprünglichen Konzept wurden Anpassungen vorgenommen. „Wir haben bemerkt, dass wir die Kriterien für die Linie Miini Region konkretisieren müssen“, sagt Urs Meier. „Neu haben wir einen Radius von 20 Kilometern für regionale Produkte definiert. In diesem Radius werden die Produkte produziert und auch verkauft.” Die Anpassung soll bis Herbst umgesetzt sein.

Antwort auf die Globalisierung

Regionale Produzenten, Verarbeiter und Direktvermarkter müssen sich zusammenschliessen, um ihre Produkte erfolgreich im Markt zu platzieren. Der Verein „Das Beste der Region” ist eine dieser Interessengemeinschaften. Unter ihrem Dach finden sich Regionalmarken der Kantone Aargau, beider Basel, Bern, Solothurn, Zürich sowie des Berner Jura und der Zentralschweiz. Das Ziel des Vereins ist es, den Absatz regionaler Lebensmittelspezialitäten und damit die Wertschöpfung in den Regionen zu fördern. Die Produzenten und Verarbeiter werden beim Marketing und in der Kommunikation unterstützt. „Das Beste der Region” übernimmt die Aufgaben einer Anlauf-, Vermittlungs- und Koordinationsstelle.

Der Verein ist Inhaber des gleichnamigen Gütesiegels zur Auszeichnung von echten Regionalprodukten. Diese werden nach den Richtlinien für Regionalmarken zertifiziert. Nadine Degen, Geschäftsführerin von „Das Beste der Region“, sagt: „Ein Highlight unserer Aktivitäten ist Genuss – eine Plattform, die der Gastronomie, dem Nahrungsmittelgewerbe und der Landwirtschaft aus der Region vielfältige Auftritte und Konsumentenkontakte ermöglicht. Die Events sind für die Marken aus der Region wie auch für neue Partner eigentliche Türöffner.“

Ein weiteres Highlight ist der Auftritt an der BEA, wo eine ganze Halle zur Verfügung steht. „Für unsere Partner schlägt sich die Messe sowohl beim Umsatz wie auch in der Nachhaltigkeit nieder“, sagt Nadine Degen. „Es entstehen bleibende Konsumentenkontakte.“

Degen zieht eine sehr positive Bilanz. „Die Nachfrage nach regionalen Produkten hat in den letzten Jahren merklich zugenommen. Die Konsumenten wünschen vermehrt, den Ursprung ihrer Lebensmittel zu kennen. Dies als Gegentrend zur Globalisierung und Entwurzelung der internationalen Nahrungsmittelindustrie.“ „Das Beste der Region” leiste durch die direkten Kontakte zwischen Produzenten und Konsumenten einen Beitrag zum Vertrauen zu regionalen Produkten. Die steigende Nachfrage komme direkt den ländlichen Strukturen zu Gute. (Text: LID)

Copyright http://www.foodaktuell.ch