Food aktuell
Varia
7.6.2006
Qualitätsaufschwung bei Frischbackwaren

Sowohl industrielle wie gewerbliche Bäckereien haben dank Qualität und Sortenvielfalt den rückläufigen Brotkonsum stabilisiert. Und einzelne Segmente wie Sandwiches zeigen starkes Wachstum.


Die Schweiz ist ein Brotland. Der jährliche Kopfkonsum ist zwar im internationalen Vergleich nur mittelmässig und sollte aus volksgesundheitlicher Sicht einen Viertel höher liegen. Aber hinsichtlich Vielfalt und Qualität steht unsere Brot- und Feinbackwaren-Branche an der Spitze. Allerdings muss man anfügen «wieder an der Spitze», denn vor zwanzig Jahren eroberten moderne hochwirksame Backmittel den Markt, was viele Bäckereien dazu verleitete, diese einseitig für die Rationalisierung statt Qualitätsverbesserung einzusetzen.

Heute gehen gewerbliche und teilweise auch industriellen Bäckereien zurück zur traditionellen Brotherstellung mit Vorteigen und langzeit-geführten Teigen, die schmackhaftere Brote von längerer Frischhaltung ergeben. Und kürzlich führte der Westschweizer Bäckereiverband eine fachmännische Qualitätsprämierung ein (Swiss Bakery Trophy), um das Qualitätsstreben zu fördern. Qualitätsförderung machen auch die Betriebe, die eine neue Dienstleistung der Fachschule Richemont nutzen, das Mystery Shopping bzw anonyme Testeinkäufe mit anschliessendem Feed-back.


Mystery Shopper stellen das Verkaufspersonal inkognito auf die Probe. In der Zürcher Bäckerei Hofmann waren hier aber nur neugierige Kunden im Laden.


Die Backwarenbranche besitzt als einzige eine eigene nationale Fachmesse (FBK in Bern). Und gewerbliche Bäckereien sind die einzigen Betriebe mit landesweitem Sonntagsverkauf, was fast fünfzig Prozent von ihnen praktizieren (nicht nur mit Café kombinierte). Ihr Marktanteil beträgt bemerkenswert hohe 44 Prozent.

Die meisten gewerblichen Bäckereien sind im Schweizerischen Bäcker- und Konditorenmeister-Verband SBKV organisiert. Letztes Jahr betrug der Bestand 3166 Mitglieder, davon 2069 mit Produktonsbetrieb und 848 Filialen. Aber die industriellen wie Jowa und Panofina besitzen keinen eigenen Verband. Da sie zu Migros bzw Coop gehören, decken sie ihr Bedürfnis nach Interessenvertretung im eigenen Konzern ab.

Bedeutung der Halbfabrikate steigt

Bei der Brotvielfalt fällt auf, dass zusätzlich zu den traditionellen regionalen Brotsorten immer mehr überregional lancierte Konzeptprodukte aufkommen, welche selten in Bäckereien entwickelt werden sondern meistens bei Lieferanten der Backwarenbranche. Drei Beispiele: «Pan Gallego» von Puratos, «Dinkelkorn», eine Hundert-Prozent-Vormischung mit Sauerteig von Hochdorf Nutribake. Und «Swissbrot» wurde gemeinsam entwickelt von SBKV, Fachschule Richemont, mehreren Mühlen und dem Halbfabrikate-Hersteller Agrano.


«Pan Gallego» aus einer Zehn-Prozent-Vormischung mit Trockensauerteig von Puratos. Nach der Stückgare zieht man den Teigling in der Mitte hoch und dreht den typischen Gupf rein.


Daneben gibt es sortenübergreifende Innovationen mit funktionellen Zutaten, die mit mehreren Rezepten kombiniert werden können: Beispiele: Die mikrovermahlene Weizenkleie «Faserino» zur Verbesserung des Gesundheitswertes. Oder das Frischvorteig-Konzentrat «Panatura», das die Teigbereitung rationalisiert ohne Qualitätseinbusse.


Und nicht unerwähnt sei das trendigste Brot der letzten Jahre, Pain Paillasse (Bild: Sutterbegg Basel). Trotz Patentanmeldung zählt es eher zu den Marketing- als zu den technologischen Innovationen. Es ist gleichzeitig ein Beispiel für ein Brot, das als Markenartikel positioniert ist (und notabene nur handwerklich hergestellt wird).

Forschung und Entwicklung

Entsprechend der grossen Bedeutung des Brotkonsums und der Backwarenbranche wird in der Schweiz auch Brot-Forschung betrieben: die Hochschule Wädenswil HSW studiert die Verbesserung des Brotaromas und das Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften der ETH die Verzögerung des Altbackenwerdens sowie die technologischen Grundlagen von gefrorenen und gekühlten Brotteiglingen.

Die Qualität von TK-Broten ist ein Forschungsthema der ETH Zürich. Bild: Teilgebackene, tiefgekühlte Brote von Hiestand. Auch Romer’s, Deliciel, Kern+Sammet und weitere Spezialisten stellen solche her.

Und auf Stufe Produktentwicklung bestehen noch grössere Ressourcen im privaten Sektor. Beispiele: Coop-Bäckereifachstelle, Entwicklungsabteilung der Jowa-Bäckereien, Fachschule Richemont, Entwicklungsfirma Veripan und zahlreiche Hersteller von Back-Vormischungen und Backmitteln wie Puratos, welche fünfzig Brotentwickler beschäftigt (dies allerdings in Brüssel). Auch für Aus- und Weiterbildung ist gesorgt: Richemont bietet weltweit renommierte Kurse über Brot und Feinbackwaren in mehreren Sprachen an und führt ein eigenes Mehllabor.

Backwarenkonsum gestiegen

Der schweizerische Mehlausstoss war gemäss «Marktbericht Getreide« des Bundesamts für Landwirtschaft mit 366’680 Tonnen leicht höher als im Vorjahr. Der Exportanteil legte erneut zu, dadurch ging der inländische Mehlverbrauch (339’195 Tonnen) um rund 2,4% zurück. Der Konsum von Dauerbackwaren, Konditoreiwaren und die Detailhandelsverkäufe sanken um 12%.



Die moderne Rheon-Maschine von Scheibler ist eine der Möglichkeiten, um Weichteige rationell zu verarbeiten, die auf konventionellen Anlagen nicht maschinengängig sind.


Dennoch stieg der Gesamt-Kopfkonsum von Brot und Backwaren von 126 g auf 131 g pro Tag, was einem Plus von 3.8% zum Vorjahr entspricht. Aber zu berücksichtigen ist eine neue Berechnungsmethode auf Grund der Veränderungen des Marktes und der Brotherstellung: Aus der gleichen Mehlmenge kann heute mehr Brot gebacken werden als noch vor kurzer Zeit, weil man öfters weichere Teige verarbeitet. (Quelle der Daten: SBKV).

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