Food aktuell
Varia
14.6.2006
Confiserie-Branche im Überblick


Der Confiseriemarkt ist ein Luxus-Markt: Qualität kommt vor dem Preis, vor allem bei Geschenkartikeln. Aber wenn es um Selbstkonsum geht, stehen gewerbliche Confiserien im harten Wettbwerb mit industriellen. Und eine Charakteristik des Confiseriemarktes ist die Dominanz inländischer Produkte.

Schweizer Confiseure verwenden aus Imagegründen meistens die teurere Schweizer Schokolade (Bild: Swissness-Pralinés der Gstaader Bäckerei-Confiserie Early Beck). Aber es gibt etablierte Importprodukte: Mon Chérie (Ferrero), Pavot (Storck), Mars und viele andere Schokoladeriegel. Auffällig ist ferner die starke Saisonalität mit Winterspitze und Sommerloch bei Schokoladeprodukten.

Die Schweizer Confiseriebranche ist zum Einen stark Schokolade-orientiert im Gegensatz zur Zuckerwaren- oder Marzipan-Dominanz in andern Ländern. Zum Andern beteiligen sich sowohl KMU wie auch industrielle Hersteller an diesem Markt. Bei den letzteren haben Migros (Chocolat Frey), Coop (Chocolats Halba) und Lindt eine beherrschende Stellung (und alle drei sind ausserdem exportorientiert). Bild: Kürzlich lancierte «Nouvelle Confiserie» von Lindt.


Weitere Beispiele von Schokoladefabriken, die selbst Confiseriewaren herstellen, sind Cailler sowie Camille Bloch, bekannt für den Nuss-Schokolade-Riegel Ragusa. Und Kraft Foods (Tobler / Suchard) lässt wieder Pralinés sowie Kirschstängeli in der Schweiz herstellen nach einer Phase des Imports aus Frankreich. Ein Hauptmerkmal der industriellen Erzeugnisse sind vorverpackte, haltbare Produkte im mittleren Preissegement.

Drei Beispiele mittelgrosser Confiserien sind Sprüngli, «Confiseur Läderach» und Patiswiss, deren Strategien stark divergieren: Sprüngli beliefert fast nur die eigenen Filialen und beschränkt sich auf das B2C-Geschäft (Business to Consumer). Confiseur Läderach dagegen führt zwar die Merkur-Kette, bedient aber auch Gewerbe-Kunden und die Gastronomie mit Halb- und Fertigfabrikaten (Bild: Füllen von Truffes-Hohlkugeln, als Halbfabrikat eingekauft). Auch Patiswiss stellt Confiserie-Halbfabrikate wie Zuckerfondant, Krokant und Canachemassen her, tritt aber nur im B2B-Markt auf (Business to Business).



Wettbewerbsvorteile

Die meisten KMU-Confiserien sind im Schweizerischen Konditor-Confiseurmeister-Verband SKCV in Bern organisiert (Ausnahme: die freiburgischen). Der Verband hatte im letztes Jahr 466 Mitglieder, davon 295 operative. Die Wettbewerbsvorteile gewerblicher Confiserien sind nicht nur individuelle Kreationen und Frische sondern auch der Bedienungsverkauf.



Kunstwerke von Pascal Hunn von der Confiserie Himmel in Baden. Den ersten Preis gewann Raphael Stocker von der Confiserie Sprüngli.


Als Beispiele seien Betriebe genannt, deren Jungconfiseure beim letzten Berufswettkampf an der Luzerner Fachschule Richemont zu Siegerehren kamen: «Himmel» in Baden, «Speck» in Zug sowie «Wellauer» in Amriswil TG, der Betrieb des SKCV-Präsidenten Urs Wellauer. Nicht unerwähnt sei die Spitzenhotellerie, welche Pralinés für ihre Gäste oft in kleinen Mengen selbst herstellt, aber manchmal Import-Couverturen verwendet wie das französische Spitzenprodukt Valrhona (importiert durch Patiswiss).

Wellauer findet Lob für die «sehr hohe Produkte-Qualität der Schweizer Confiserien und das gute hiesige Ausbildungssystem». Den gewerblichen Confiseuren bietet die Fachschule Richemont Kurse auf Topniveau an, aber auch Schokoladefabrikanten wie «Max Felchlin» sowie «Barry Callebaut» führen öffentliche Kurscenter für Profis (industriell orientierte Kurse dagegen gibt es an der Süsswarenschule in D-Solingen).



«Der Fachhandel hat vor allem in der Nische eine gute Chance», schrieb SKCV-Präsident Urs Wellauer im kürzlich erschienenen SKCV-Jahresbericht 2005: «Dort zählt in erster Linie nicht der Preis sondern kompetente, freundliche Beratung, Qualität und Einzigartikeit der Produkte».


Zu den Schwächen der Branche meint Wellauer: «Der Wettbewerb wird immer härter, und viele Betriebe rentieren zuwenig, um nötige Investitionen zu tätigen». Er vermutet, dass eher Betriebe im städtischen Raum weiter wachsen werden. Den ländlichen rät er zu diversifizieren: «vor allem wenn sie kein Nischenprodukt herstellen, das sie überregional vermarkten können».


Ein Beispiel für eine überregional erfolgreiche Land-Confiserie ist «Kunz» in Frick AG, welche einen Webshop betreibt. National tätig sind auch die Teilnehmer der Confiserie-Plattform «Premiumsweet.com» auf dem Internet, darunter die Luzerner Confiserie Bachmann (Bild: Tortenproduktion bei Bachmann). Und besonders exportorientiert ist die Zürcher Confiserie Teuscher.

Weltweit beste Pralinés

Im internationalen Vergleich gehören Schweizer Confiseriewaren zu den besten: Stephan Schiesser, Inhaber der gleichnamigen Basler Confiserie mit Kundschaft aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich stellt Pralinés aus Schweizer Couverture her und konstatiert, dass «sie gegenüber deutschen Produkten einen qualitativen Vorsprung besitzen, aber gegenüber den französischen verkleinert sich der Abstand, weil die Chocolatiers von Paris bis Strassburg Fortschritte machen. Doch bei der Pralinéfertigung hat die Schweiz ihre Nase vorn».


Bei der Pralinéfertigung muss man zwei Aspekte unterscheiden: Zum Einen kommerziell erfolgreiche, rationell gefertigte Spitzenprodukte von schlichtem Aussehen wie Kirschstängeli oder die «Rägetröpfli»-Pralinés der Luzerner Confiserie Heini (Bild).

Zum Andern gibt es kunstvolle Einzelstücke: Bei dieser Handwerkskunst liegen andere Länder an der Spitze: Am letztjährigen «World chocolate masters», organisiert von «Barry Callebaut», gewann ein Belgier den ersten Preis, ein Italiener den zweiten und ein Japaner den dritten. Für die besten Pralinés geehrt wurden Wettkämpfer aus Frankreich und Italien – der Schweizer Teilnehmer schaffte es nicht unter die Preisgewinner.



Einige Confiserie-Markttrends:

Dunkle Pralinés, die traditionell nur in der Westschweiz eine wichtige Rolle spielten, holen in der deutschen Schweiz stark auf.

Extravagant aromatisierte Füllungen: z.B. Rosen, Chili, Absinth (Bild, von Läderach).

Spezialitäten werden exklusiver wie Produkte aus sortenreinem Edelkakao, herkunftsreinem Kakao wie «Maracaibo» sowie «limited editions» wie Wildkakao-Truffes (Sprüngli).

Hersteller mit kontinuierlichen Anlagen bemühen sich, ihren Produkten eine handwerkliche Anmutung zu verleihen.

Die Produkte und (die oft zugekauften) Dekors werden stetig kreativer, kunstvoller und farbiger. Beispiele für Dekors-Anbieter: Bombasei (Bild), Chocoprint, Günthart.



Wie definiert das Gesetz Confiserie-Produkte?

Ein Confiseriebetrieb stellt nach gängigem Gebrauch des Begriffs die Schokolade nicht selbst her sondern verarbeitet sie weiter. Confiserien, die «hausgemachte Schokolade» anpreisen, mischen lediglich weitere Zutaten bei und formen sie um. Nur Schokoladefabriken verarbeiten Kakao und Zucker durch Walzen und Conchieren.

Die LGV (ehemals LMV) nennt keine Definition für Confiseriewaren im Allgemeinen, wohl aber für Schokolade-Confiserie: Sie muss 10% Schokolade enthalten oder mit 20% solcher überzogen sein. Gefüllte Schokolade sowie Pralinés dagegen müssen 25% Schokolade enthalten.


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