Food aktuell
Varia
4.5.2007
Nährwertprofile sollen vor Täuschung schützen

Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung BfR stellt ein Konzept für eine wissenschaftliche Basis von Health Claims vor.


In der Schweiz wendet Coop seit Januar 2007 bei einigen Produkten die Deklaration der Nährwertprofile an.

Glaubt man der Werbung, steigern Frühstückszerealien die Leistungsfähigkeit, probiotische Joghurtdrinks stärken die Abwehrkraft und Süssigkeiten könnten der Bikinifigur zuträglich sein, weil sie wenig Fett enthalten. Die Zahl der Produkte, die mit nährwert- oder gesundheitsbezogenen Angaben beworben wird, steigt ständig und mancher Konsument, der sie hoffnungsvoll gekauft hat, mag sich fragen, warum er keine Wirkung spürt.

Diese für den Verbraucher unbefriedigende Situation soll sich ändern, wenn ab 1. Juli 2007 in der EU die so genannte Health-Claims-Verordnung gilt. Dann dürfen Lebensmittelhersteller nämlich nur noch mit Aussagen werben, die wissenschaftlich abgesichert und in einer Positivliste der EU enthalten sind. Ausserdem muss das Lebensmittel einem vorgegebenen Nährwertprofil entsprechen. Letzteres soll Verbraucher vor allem vor Täuschung und irreführenden Angaben schützen.

Die künftig erforderliche wissenschaftliche Untermauerung von Health Claims könnte darüber hinaus auch eine Trendwende bei der Prävention ernährungsbedingter Krankheiten, wie etwa der Fettsucht einläuten. Am Angebot in den Regalen wird der Verbraucher die Auswirkungen der neuen Verordnung wohl erst in zwei bis drei Jahren ablesen können: Bis 2009 soll die wissenschaftliche Basisarbeit auf europäischer Ebene geleistet sein und solange dürfen „alte Health Claims“ auch noch verwendet werden, vorausgesetzt, sie sind nicht irreführend.

Durch die Verordnung wird sich nicht nur für Verbraucher einiges ändern. Sie vereinheitlicht auch die heute in den Mitgliedsstaaten der EU noch sehr unterschiedlichen Regelungen zur Verwendung von nährwert- und gesundheitsbezogenen Werbeaussagen und dürfte so die Einordnung der Produkte durch die amtliche Lebensmittelüberwachung erleichtern.

Und auch für die Industrie stellt sie eine Herausforderung dar: Wenn der wissenschaftliche Beweis geführt werden kann, dürfen sie künftig nicht nur mit Aussagen zur physiologischen Funktion eines Nährstoffes („Calcium ist wichtig für gesunde Knochen“) werben, sondern auch mit Aussagen, die auf die Verminderung eines Krankheitsrisikos hinweisen („Ausreichende Calcium-Zufuhr kann zur Verringerung des Osteoporose-Risikos beitragen“). Solche Angaben sind in Deutschland bislang verboten.


Die berühmte Loveley-Kuh in der Werbung der Schweizer Milchproduzenten SMP demonstriert starke Knochen dank calciumreicher Milch. Die Kuh selbst frisst zwar Gras, aber die Botschaft kommt an.


Nährwertprofile sollen als wissenschaftliche Basis für derartige Aussagen dienen: Soll ein Lebensmittel eine nährwert- oder gesundheitsbezogene Angabe tragen, muss das Lebensmittel in seiner Zusammensetzung bestimmten Kriterien entsprechen. Weicht das Lebensmittel nur in Bezug auf einen der vorgegebenen Nährstoffgehalte ab, muss das vermerkt werden.

Süssigkeiten, die wenig Fett, aber gleichzeitig viel Zucker enthalten, dürften also nur dann als „fettarm“ beworben werden, wenn gleichzeitig auf einen möglichen hohen Zuckergehalt hingewiesen wird. So soll verhindert werden, dass Verbraucher einen höheren gesundheitlichen Nutzen erwarten, als das Lebensmittel tatsächlich bieten kann.

2005 wurde das Bundesinstitut für Risikobewertung vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) aufgefordert, ein wissenschaftliches Konzept zur Erstellung von Nährwertprofilen zu erarbeiten. In den vergangenen zwei Jahren haben Experten des BfR gemeinsam mit externen Fachleuten an einem solchen Konzept gearbeitet und es nun im Rahmen des 3. BfR-Forums Verbraucherschutz in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt.

Nach diesem Konzept sollen Nährwertprofile die Gehalte verschiedener Nährstoffe und Substanzen mit ernährungsbezogener oder physiologischer Wirkung berücksichtigen. Fett, gesättigte und trans-Fettsäuren könnten ebenso dazu gehören wie Salz und Zucker oder die ernährungsphysiologisch positiv bewerteten Vitamine, Mineralstoffe, Omega-3-Fettsäuren und Ballaststoffe. Letztere sollten nach Ansicht des BfR natürlich in einem Lebensmittel enthalten sein. Damit soll verhindert werden, dass sich ein Lebensmittel durch Anreicherung für einen Health Claim qualifiziert. Bild: Rapsöl von Sabo.

Für bestimmte Lebensmittel und Lebensmittelkategorien sieht das Konzept Ausnahmen vor, die von der Bedeutung des Lebensmittels für die Ernährung abhängen: Etwa für unverarbeitete Lebensmittel, wie Fleisch, Fisch, Milch, Obst oder Gemüse. Für sie müssen keine Nährwertprofile erarbeitet werden; trotzdem sollten sie mit gesundheitsbezogenen Angaben beworben werden dürfen.

Das Konzept von Nährwertprofilen als Voraussetzung für Health Claims soll sinnvoll und praktikabel sein und keine neuen bürokratischen Barrieren aufbauen. Das BfR-Positionspapier wird der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) zur Verfügung gestellt, die von der Europäischen Kommission um wissenschaftliche Ratschläge zur Festsetzung europaweit gültiger Nährwertprofile gebeten wurde. Bis Januar 2009 hat die Kommission dann Zeit, die Profile festzulegen. (Quelle: BfR)

Weiterlesen: Coop deklariert Nährwertprofile

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