Food aktuell
Varia
15.10.2007
Fachwissen à jour halten

Weiterbildung war nie ein Luxus aber heute ist sie ein Muss. Der Grund: Fachwissen veraltet immer schneller. An Kursen kann man nicht nur Fachkenntnisse erweitern.


Das Weiterbildungsangebot in Form von Tageskursen ist heute immens. Die Anbieter reichen von Hochschulen über Branchenverband-Schulen und gewinnorientierten Privatschulen bis zu Lieferanten-Seminaren, heute oft Akademien genannt. So eröffneten dieses Jahr die Käseakademie des Toggenburger Käsers Niklaus Stadelmann und die Chocolate Academy von Barry Callebaut.

Hinzu kommen Fachtagungen über wechselnde und aktuelle Themen, oft mit internationalen Koryphäen. Tagungen bieten vor allem Vorträge und nur am Rand die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Bei Seminaren dagegen, meistens in kleinen Gruppen, wird die Interaktion gefördert, und in Workshops kann der Teilnehmer selbst Hand anlegen und üben.

Kurse und Fachtagungen beinhalten teilweise branchenspezifische Themen aber oft auch branchenübergreifende, so etwa Hygiene oder Verpackungswesen. Branchenübergreifend sind meistens Kurse zu Soft-Themen wie Management, Verkaufsförderung oder Personalführung.

Da das Wissen heute schneller veraltet als früher, ist die Weiterbildung kein Luxus sondern eine nötige Investition, die früher oder später für den Wert einer Fachperson auf dem Arbeitsmarkt oder die Entwicklungsfähigkeit einer Firma ausschlaggebend sein kann. An Kursen kann man ausserdem Trends kennenlernen, Erfahrungen austauschen und Networkung betreiben. Dieser Nebennutzen kann sogar zum Hauptnutzen werden.

International bekannt: Luzerner Bäckereischule Richemont (Bild oben)

Die Weiterbildungsförderung obliegt den Branchen- und Berufsverbänden, dies sowohl in der Form von Seminaren wie auch von Fachtagungen. Die aktivste ist die international renommierte Bäckereifachschule Richemont in Luzern, welche dem Schweizer Bäcker- und Konditorenmeister-Verband SBKV gehört. Sie bildet jährlich 6000 Berufsleute weiter, welche im Durchschnitt vier Tage buchen. Gemäss Richemontdirektor Walter Boesch ist die Nachfrage trotz abnehmender Zahl von gewerblichen Bäckereien stabil und wird mit steigenden Zahlen ausländischer Teilnehmer kompensiert (derzeit 22%).

Richemont besitzt eine Filiale in Pully VD und bietet Kurse in Deutsch, Französisch, Englisch und Italienisch an sowie mithilfe einer Dolmetscherin sogar in Japanisch. Die Kurspreise sind dank Subventionen von Bund und Kantonen und Mitgliederbeiträgen kostendeckend und liegen für Verbandsmitglieder einen Drittel tiefer als für Nichtmitglieder. Der Bund plant zwar, diese Subventionen für berufsorientierte Weiterbildung ab nächstem Jahr zu streichen, aber Boesch will sich dagegen wehren.

Trend in der Fleischbranche: wirtschaftliche Themen

Auch der Schweizer Fleischfachverband SFF betreibt ein Ausbildungszentrum für die Schweizer Fleischwirtschaft (ABZ). Dieses spricht Mitarbeiter, Patrons und Meistersfrauen der Fleichbranche an mit Themen von der Technologie über Arbeitssicherheit, Hygiene und Deklaration bis zum Partyservice. Jährlich finden rund 3250 Weiterbildungstage statt (Anzahl der Kurstage mit der Anzahl Teilnehmer multipliziert), dies in Deutsch, Französisch und Italienisch.

Der Trend zu Kursbesuchen stagniert gemäss ABZ-Direktor Peter Schlatter in den Metzgereien, denn «die Kapazitäten in den Betrieben wurden so stark reduziert, dass nur sporadisch Zeit für Weiterbildung besteht». Nennenswerte Nachfrage besteht nur bei wichtigen Themen wie Wirtschaftlichkeit und Neuerungen. Bild: ABZ-Fachlehrer Felix Kesselring erklärt, wie man beim Räuchern Flecken auf den Wursthüllen vermeidet.


Obwohl das ABZ sein Ausbildungsprogramm in Deutschland publiziert, finden nur wenige deutsche Teilnehmer den Weg nach Spiez. Im Durchschnitt kostet ein ABZ-Kurstag 260 Franken inkl Mittagessen und Kursunterlagen. «Die Kurse sind zum grossen Teil nicht kostendeckend», so Schlatter, «sonst wären sie zu teuer. Wir führen einen Kurs oft mit kleinen Klassen durch, so dass der Deckungsgrad nicht erreicht wird. Selten melden sich mehr als 18 Teilnehmer an. Würden wir nur Kurse mit dieser Mindestzahl durchführen, müssten wir drei Viertel davon absagen».

Einflussfaktor der Geschäftsstruktur

Dass Metzger im Gegensatz zu Bäckern und Confiseuren weniger weiterbildungsorientiert sind, mag mehrere Gründe haben: Schlatter vermutet, «dass die Zurückhaltung darin liegt, dass viele Rohstoff-Lieferanten das Metzgereipersonal direkt in den Betrieben weiterbilden. Auf Grund der sehr betriebsspezifischen Technologie von Fleischerzeugnissen ist eine Schulung vor Ort sinnvoll».

Ein weiterer Grund könnte in der Geschäftsstruktur liegen: Bäckereien müssen fast alle Rohstoffe intensiv verarbeiten, während Metzgereien ihren Umsatz zur Hälfte mit minimal bearbeitetem Frischfleisch machen (Schätzung der Metzger-Treuhandstelle). Ihre betriebsspezifischen Spezialitäten sind aber ebenfalls stark verarbeitete Fleisch- und Wurstwaren oder heute in zunehmendem Mass Convenienceprodukte. Moderne und vor allem städtische Metzgereien diversifizieren sich in Richtung Kochkunst und betreiben oft ein erfolgreiches Catering. Bei diesen Themen, die im Wettbewerb eine wesentliche Rolle spielen, lohnt sich ein Kurs besonders.

Käsereibranche: direkter Draht zur Forschung

In der Käserei-Branche wird die Weiterbildung bei Themen der Herstellung durch die Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP intensiv gefördert und auch rege genutzt. ALP erarbeitet Schulungsunterlagen (in alp.admin.ch als „Alp forum“ publiziert), welche sie den milchwirtschaftlichen Beratungsfirmen (den heute privatisierten ehemaligen milchwirtschaftlichen Inspektions- und Beratungsdiensten MIBD) gratis zur Verfügung stellt im Sinne eines systematischen Wissenstransfers von der Forschung in die Praxis.

Im Gegenzug bieten diese Firmen (labeco.ch, bamos.ch, casei.ch, sricl-arqham.ch) ihren Käsereikunden kostenlose Weiterbildungskurse im Rahmen eines Beratungsvertrags an (so genannte Diskussionsgruppen). Die Themen reichen von der Milchqualität über die Technologie bis zur Lebensmittelsicherheit. Gemäss ALP nutzen drei Viertel der gewerblichen Käsereien diese Dienstleistung. In der Fleischbranche besteht zwar auch eine solche «Qualitäts-Kontroll- und Beratungsstelle QK», wird aber nur von einem Drittel der Metzgereien genutzt.


Die Käseschule der Schweizer Milchproduzenten SMP unterrichtet vor allem den Umgang mit Käse von der Lagerung übers Fondue bis zu Mariagen mit Wein und Brot. Gemäss Kursleiter Erich Flückiger sind es über 400 Teilnehmer pro Jahr an praktischen Kursen, weitere 400 an der Hotelfachschule Luzern und rund 30 an Verkaufskursen. Der Trend sei steigend, vor allem bei den Praxiskursen. Die Teilnehmer stammen vor allem von Detailhandel und Gastronomie, aber auch Käser und immer mehr Metzger besuchen Verkaufskurse. Die Käseschule ist fast vollständig durch die SMP finanziert mit dem Zweck der Absatzförderung, daher liegt die Gebühr für einen Kurstag bei nur 100 Franken.

Mode- und Evergreen-Themen bei Profiköchen

Der Schweizer Kochverband bildet jährlich rund 500 Berufsleute in Tageskursen und Lehrgängen weiter und veranstaltet ausserdem Fachtagungen (so etwa am 12.9.07 das Forum der Köche). Nebst Köchen nehmen Konditoren teil aber eher selten Metzger, obwohl diese oft Lunchgerichte als Take-away anbieten. Die Kursnachfrage ist gemäss Kochverband-Geschäftsleiter Norbert Schmidiger stabil, aber bei den Themen gibt es Modeerscheinungen wie etwa vor einigen Jahren die Vollwertküche.

Derzeit aktuell sind Sensorikkurse an der Hochschule Wädenswil HSW, und dauerhaft nachgefragt werden Diätetik und Dessert-Produktion. Kochverband-Mitglieder erhalten 25 bis 35% Rabatt, und Nichtmitglieder bezahlen einen kostendeckenden Beitrag. «Der Aufwand für Kochkurse ist gross», so Schmidiger. «Wir benötigen eine teure Infrastruktur und ein breites kostspieliges Lebensmittel-Sortiment».



Bromatik-Workshop vom Kochverband: lebensmittelchemische-Experimente für Köche


Rund zwanzig Seminare und Fachtagungen pro Jahr bietet auch der Schweizer Verband der Spital-, Heim- und Gemeinschaftsgastronomie SVG an ebenso wie betriebsinterne Schulungen. Gemäss SVG-Geschäftsleiterin Dorothee Stich «nehmen an den öffentlichen Angeboten jährlich 500 Personen teil mit steigender Tendenz bei Praxiskursen. Der Anteil von Nicht-Mitgliedern lag 2006 bei gut 15%, und für 2007 zeichnet sich eine klare Steigerung ab, vor allem dank vermehrter Teilnehmahme aus Spitälern und Heimen».

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