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26.4.2008
Wander investiert in Ovomaltine-Produktion

Drinks, Biscuits, Schokoriegel und Glace mit Ovomaltine als Geschmacksgeber werden von Partnern wie Emmi, Wernli und bio-familia produziert. Bild: Neuheit von Wander: Biscuits mit Ovomaltine

Für 25 Mio. Franken erneuerte und automatisierte Ovomaltine-Hersteller Wander AG ihre Anlagen im Produktionszentrum in Neuenegg BE. Es war kein Geheimnis, dass ein grosser Sanierungsbedarf bestand. Gerüchte über eine vollständige Schliessung des Werks, das in der Grenzregion Bern/Freiburg ein wichtiger Arbeitgeber ist, machten die Runde.

Associated Britisch Food (ABF), seit 2003 Eigentümer der Schweizer Traditionsfirma Wander, ermittelte für Neuenegg im Vergleich mit Werken in Thailand und China eine um 20 Prozent tiefere Produktivität. Während die Werke in Asien von Grund auf für rationelle Prozessabläufe neu gebaut worden konnten, wuchsen die Produktions- und Logistikprozesse im Schweizer Mutterhaus organisch während Jahrzehnten. Räumlich und logistisch waren sie derart verschachtelt, dass sich eine Rationalisierung nur durch Totalumbau erzielen liess.

Die Bedeutung des verhältnismässig kleinen Werks Neuenegg innerhalb des weltweit 85000 Mitarbeiter umfassenden ABF-Konzerns zeigt sich nicht nur durch das hohe Investitionsvolumen, sondern auch durch die Präsenz von Chief Executive George Weston, einem Nachkommen der Gründerfamilie bei der Übergabe der neuen Produktionsstätte. Ohne Zahlen zu nennen, bezeichnete Weston die Ovomaltine als ein „Juwel“ bezüglich Umsatzentwicklung, Ertrag und Potenzial. Nach langen, schwierigen Jahren sind Führungsteam und Mitarbeiter in Neuenegg hochmotiviert, um die Erfolgsgeschichte des Schweizer Qualitätsprodukts weiterzuführen.


Ohne Produktionsunterbruch entstand in zwei Jahren eine zeitgemässe Fabrik. „Wir sind eine Pulverfabrik“, machte Theo Schmid, Leiter Werk Neuenegg, Wander AG klar, als er der Presse kürzlich die modernisierten Produktionsanlagen präsentierte. Die Rohstoffe werden in Bigbags oder Tanks angeliefert, von selbststeuernden Staplern in das Rohstofflager ins oberste Geschoss gebracht und dann nach Bedarf zum Abfüllen den Silos zugeführt.

Gemäss Rezeptur und benötigten Mengen werden die einzelnen Produkte aus den Komponenten eine Etage tiefer automatisch zusammengemischt und als sirupartige Masse unter Vakuum zu Granulat getrocknet und zu Pulver gemahlen. Im Erdgeschoss des Fabrikgebäudes befinden sich die Abpackstrassen für die rund 700 Endprodukte.

Ein grosser Teil der Prozesse ist automatisiert und wird von einer zentralen Station aus überwacht. Der gesamte Ablauf ist auf Bildschirmen visualisiert. Nur der Geruch von Ovomaltine weist im Kommandoraum darauf hin, dass man sich in einer Fabrik befindet. Alle Rezepturen, Produktionsabläufe und Verpackungsarten sind vorprogrammiert.

Wander AG perfektionierte das Vakuumtrocknungsverfahren, bei dem eine produktschonende Höchsttemperatur nicht überschritten wird, damit der Vitamingehalt vor allem von Malz erhalten bleibt. Die Vakuumtrocknung wie auch die Malzextraktion, Kernkompetenzen von Wander, werden auch für Aufträge von Dritten eingesetzt. Zurzeit beträgt der Auslastungsgrad um die 80 bis 90 Prozent. Die Kapazität der Anlagen liegt bei etwa 20000 Tonnen pro Jahr.

In Neuenegg wird „Just in Time“ produziert. Die lokalen Lagerbestände reichen je nach Produkt für 3 bis 5 Tage. Für die Erhaltung des Standorts waren daher die kurzen und sicheren Transportwege ebenso entscheidend wie das geringe Risiko von Streiks. Bild: Vakuumbandtrockner.


Wichtigste Rohstoffe der Ovomaltine sind Malz (aus Frankreich), Magermilchkonzentrat und Kakaopulver. Verarbeitet werden bei Wander jährlich 19,6 Mio. Liter Milch (von Cremo AG). Dazu kommen 24 Mio. Eier. 13 Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente werden zugesetzt aber kein Zucker.

Bei einzelnen Rohstoffen verdoppelten sich die Beschaffungspreise innerhalb der letzten zwölf Monate. Ein Teil der Endprodukte wurde preislich angepasst, doch die Mehrkosten bei Erzeugnissen mit hohem Milch- und Kakaoanteil können nur beschränkt auf den Detailhandelspreis überwälzt werden.

Ovomaltine seit über 100 Jahren

Der Berner Apotheker Albert Wander entwickelte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen Malzextrakt als Stärkungsmittel, dem er Milch, Eier und Kakao beimischte. In ihrer heutigen Form wurde die Ovomaltine 1904 als Kraftnahrungsgetränk auf den Markt eingeführt. Bereits 1913 wurde in Kings Langley, eine halbe Stunde nördlich von London die erste Ovomaltine-Produktion ausserhalb der Schweiz aufgebaut. Die Wander AG wählte bewusst einen Standort in ländlicher Umgebung, wo die Zulieferung von Rohstoffen sichergestellt war.

Mit demselben Konzept wurde 1927 das Werk in Neuenegg erstellt. Für die weitere Expansion in der Zwischenkriegszeit verbeserte man im Mutterhaus kontinuierlich die Verfahrenstechnik und die Qualität des Produktes. 1967 übernahm Sandoz, die später in Novartis aufging, die Wander AG als ein buntes Konglomerat von weltweit verteilten Produktionsstätten mit Schwerpunkten im ehemaligen Commonwealth. Bereits 2002 wurde die europäische Produktion in Neuenegg zusammengeführt. 2003 folgte als neuer Eigentümer der Lebensmittelkonzern Associated British Foods (ABF).

Wander und ABF heute



Neben 9000 Tonnen traditioneller Ovomaltine in Pulverform verlassen das Werk Neuenegg jährlich weitere 9000 Tonnen Produkte wie Caotina, Isostar, Dawa und Contour in 700 Verpackungsvarianten. Zwei Drittel davon werden in den EU-Raum exportiert. Der wichtigste Zielmarkt nach der Schweiz ist Grossbritannien.


Die Wander AG beschäftigt in der Schweiz insgesamt 280 Personen. In Neuenegg arbeitet man dreischichtig und 360 Tage im Jahr. Das Werk in Neuengg produziert für den europäischen Markt Ovomaltine (etwa 50 Prozent), DAWA, Caotina, Jemalt und als Linzenprodukt Isostar. Die Wander AG vertreibt von Neuenegg aus andere Produkte des ABF-Konzerns, wie Twinings-Tee.

Associated Britisch Food (ABF) ist der sechstgrösste Nahrungsmittelkonzern in Europa und weltweit der zweitgrösste Zuckerproduzent. ABF ist weltweit führend bei Zusatzstoffen für Backwaren. Bekannte globale Marken im Detailhandel sind Twinings, Allinson Patak’s, Blue Dragon. Ovomaltine wird in englischsprachigen Ländern seit 1913 unter dem Namen Ovaltine vertrieben. (Text: Dr. David Meili)

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