Food aktuell
Varia
8.6.2008
Brotbranche plant Salzreduktion

Bäckereien suchen nach sinnvollen Wegen, um den Salzgehalt in Backwaren zu reduzieren. Das geht vom getrennten Zuführen des Salzes bei Fertigmehlmischungen bis zum teilweisen Ersatz von Natriumchlorid durch andere Salzarten.



Der angestrebte Salzgehalt in Brotrezepten ist 17 bis 20 Gramm Salz pro Mehl


Ein zu hoher Salzkonsum erhöht den Blutdruck und damit das Risiko für Herzkrankheiten. Rund 70–80% des Salzkonsums gehen auf verarbeitete Lebensmittel zurück. Backwaren tragen im Durchschnitt 20% zum aktuellen bzw. einen Drittel zum anvisierten täglichen Salzkonsum bei, erläuterte Andreas Dossenbach, Laborleiter der Bäckereifachschule Richemont in Luzern die Ausgangslage.

Lebensmittel mit über 10 g Salz pro Kilo gelten als stark salzhaltig. Das BAG wünscht sich, dass die betroffenen Branchen (neben Bäckereien z.B. auch Käsereien und die Nahrungsmittelindustrie) selbst Reduktionsziele vorschlagen und plant selber eine Aufklärungskampagne zur Salzreduktion. Die Salzstrategie des BAG sowie branchenspezifische und medizinische Hintergründe finden sich auf www.bag.admin.ch unter > Themen > Lebensmittel und Ernährung > Ernährung > Ernährung von A bis Z > Salz.

An einer Tagung an der Fachschule Richemont diskutierten Fachleute des Bäckermeisterverbandes SBKV, Coop, Müllerei, Halbfabrikateanbietern, Richemont und Hochschule Wädenswil ZHAW, wie auf die Situation zu reagieren sei.

Schmackhafte Backwaren und damit eine Förderung des Brotkonsums seien das Ziel. Beim Salz nichts unternehmen oder auf eine behördliche Verordnung zu warten erachtet aber niemand als sinnvoll; so bleibt als dritter und klügster Weg, dass sich die Branche selbst auf Massnahmen einigt, damit ihr diese nicht von aussen aufgezwungen werden. SBKV-Direktor Beat Kläy sagte: «Wir wehren uns nicht grundsätzlich gegen eine Senkung des Salzgehalts im Brot, aber es darf nicht auf Kosten des Geschmacks gehen.»

Salzzugabe autonom steuern

Walter Boesch (Direktor Richemont) bemerkte, dass der Salzgehalt je nach Getreideart, Mehlklasse, Triebführung und Verarbeitungsmethode nicht dieselbe Salzreduktion verträgt: «Ein Prozentsatz als Empfehlung über alles hinweg sehe ich als falsch an.» Christoph Stalder (Leiter Entwicklung der Coop-Bäckereien) erklärte die recht unterschiedlichen Salzanteile der einzelnen Brotsorten und die Massnahmen von Coop, um den Salzgehalt im Mehl auf 18 g/kg zu senken. Um dies selbst steuern zu können, bezieht Coop z.B. nur noch Vormischungen ohne Salz.

Andreas Dossenbach legte dar, was andere europäische Staaten bezüglich Salzreduktion im Brot bereits realisierten oder planen. Während es in Belgien schon seit 1985 einen königlichen Erlass gibt, der maximal 2% Salz im Brot erlaubt, hat Frankreich den Salzgehalt über einige Jahre je um 5% auf heute 21 g/kg Mehl reduziert und Schweden startete eben einen Fünfjahresplan zur stufenweisen Reduktion. Grossbritannien senkt gar auf 10 g/kg und fügt dafür Salzreplacer zu, die in Blindtests geschmacklich oft gut ankommen.

Michael Kleinert (Hochschule ZHAW Wädenswil) erläuterte die wissenschaftlichen Studien seines Instituts zum Thema. Er betonte, dass der Schwerpunkt auf die am meisten konsumierten Brotsorten gelegt werden muss, und regte die Gründung einer «IG Salzreduktion» mit Einbezug aller wichtigen Partner an.

Richemont bot Halbweissbrote mit verschiedenem Salzgehalt zur Degustation an, Vertreter von Margo Toastbrote mit verschieden abgestuftem teilweisem Ersatz von Salz durch Salzreplacer aus Milch- oder Essigsäure, Ascorbinsäure und ähnlichem. Die Blindtests bei den anwesenden Fachleuten ergaben, dass wohl mehrere Wege zum Ziel führen können.

Teilersetzung von Kochsalz - Teillösung

In der Diskussion zeigte sich, dass der Ersatz von Natriumchlorid durch Kaliumchlorid oder der Einsatz von langer Triebführung, Sauerteig bzw. Replacern nicht fürs ganze Brotsortiment geeignet ist. Geplant wird nun eine schrittweise, über einige Jahre dauernde Salzreduktion der Rezepturen auf 17–20 g/kg Mehl.



Entsprechende Studien und die Erfahrung in Skandinavien zeigen, dass die Bevölkerung auch weniger gesalzene Brote akzeptiert und kein Umsatzrückgang zu befürchten ist. Als wichtig erachteten die Tagungsteilnehmer aber, dass alle Branchenteilnehmer mitmachen und nicht einzelne ausscheren, weil sie meinen, so Marktanteile zu gewinnen. Zur Koordination soll darum unter Federführung von SBKV, Richemont oder der ZHAW Wädenswil eine IG Salzreduktion ins Leben gerufen werden. Die grossen Anbieter werden ein Konzept einfacher umsetzen können.

Richemont wird über die Anpassung der Rezepturen in Kursen und Fachbüchern, der SBKV durch Information der Mitglieder dazu beitragen, dass sich die gewerblichen Bäckereien beteiligen und ihre Rezepturen nicht mehr in Litern, sondern in Gewichtsanteilen rechnen. Backmittel- und Halbfarikatehersteller können ihre Rezepturen anpassen und dies entsprechend kommunizieren. Daniel Jakob wird gegenüber BAG und Medien auf die Bestrebungen hinweisen und so für Goodwill sorgen.
(Text: Panissimo. Bilder: foodaktuell.ch)

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