Food aktuell
Varia
6.8.2008
Pouletproduktion wieder auf Hochtouren

Noch vor zwei Jahren hatten die Geflügelproduzenten mit den Nachwehen der Vogelgrippe zu kämpfen. Derzeit kann die Nachfrage nach Geflügel kaum gedeckt werden.


Vor zwei Jahren standen die Ställe der Schweizer Geflügelproduzenten teilweise noch leer. Jetzt wird wieder auf Hochtouren produziert, denn Herr und Frau Schweizer grillen wieder mehr Pouletflügeli und braten mehr Pouletbrüstchen. "In der ganzen Schweiz sind die Pouletmastställe voll ausgelastet", sagt Hans-Ulrich Wüthrich, Sekretär der Schweizer Geflügelproduzenten. "Der Markt läuft tatsächlich besser als erwartet", sagt auch Ruedi Zweifel, Direktor des Kompetenzzentrums der schweizerischen Geflügelwirtschaft Aviforum in Zollikofen BE.

Die Suche hat begonnen

Die Nachwehen der Vogelgrippe sind also verdaut. Und weil Geflügel wieder gefragt ist, wollen laut Zweifel die Verarbeiter die Produktion ausdehnen. Tatsächlich: beim Coop-Schlachtbetrieb Bell AG, für den derzeit rund 300 Geflügelhalter Mastpoulets produzieren, ist man auf der Suche nach neuen Produzenten, wie Christoph Schatzmann, Leiter Tierproduktion bei Bell, bestätigt. Derzeit sind fünf Baugesuche eingereicht worden. "Ein Bell-Geflügelproduzent will seine Masthalle erweitern, vier neue Ställe à 825 Quadratmeter sind geplant", sagt Schatzmann.

Beim zweiten grossen Geflügelverarbeiter, dem Migros-Schlachtbetrieb Micarna SA, will man der wachsenden Nachfrage anders Herr werden. Im Sommer 2006 hat die Micarna die Trutenproduktion eingestellt. "13 Trutenställe wurden danach zu Pouletställen umfunktioniert", sagt Micarna-Marketingleiter Patrick Wilhem. Auch habe man dank einer Umstellung auf eine leistungsfähigere Rasse die Produktivität erhöhen können.

Dennoch ist auch die Micarna offen, neue Geflügelproduzenten unter Vertrag zu nehmen. Wichtigstes Kriterium ist dabei laut Wilhem der regionale Aspekt. Das heisst: Je näher am Schlachtbetrieb in Courtepin FR, desto besser sind die Aussichten, von der Micarna SA unter Vertrag genommen zu werden. Auch beim Geflügelverarbeiter Kneuss im aargauischen Mägenwil, für den derzeit 70 Landwirte Güggeli mästen, ist man auf der Suche nach neuen Produzenten. "Vor allem in der Region Aargau", wie Geschäftsführer Daniel Kneuss sagt. Derzeit seien zwei bis drei neue Projekte am Laufen.



Kneuss Ernst Geflügel AG ist spezialisiert auf die kleinen Güggeli


Weit weniger wichtig ist die Nähe für die thurgauische Geflügelverarbeiterin Frifag Märwil AG, welche derzeit 90 Geflügel- und Trutenproduzenten unter Vertrag hat. "Wir suchen neue Produzenten, und zwar nicht nur in der Ostschweiz, sondern in der ganzen Schweiz", sagt Stefan Würth, Leiter Tierproduktion bei der Frifag.

In die Geflügelproduktion einzusteigen ist jedoch gar nicht so einfach. "Von der Einreichung des Baugesuches für die Masthalle bis zur Einstallung der Kücken dauert es bis zu zwei Jahre", sagt Schatzmann von Bell. Auch muss ein Bauer den anfallenden Mist der Mastpoulets entweder auf seinem Land selber verwerten können oder Hofdünger-Abnahmeverträge mit anderen Landwirten abschliessen, um überhaupt Poulets mästen zu können. Betriebe mit viel Land haben jedoch laut Ruedi Zweifel, Direktor des Kompetenzzentrums der schweizerischen Geflügelwirtschaft Aviforum in vielen Fällen kaum Zeit und Interesse, Geflügel zu mästen.

Eher seien es kleinflächige Betriebe, die in der Geflügelproduktion ein zusätzliches Arbeitseinkommen suchten, bei denen würde jedoch häufig das Land oder die Möglichkeit für Abnahmeverträge fehlen.

Jedem Tier seinen Platz

Nicht nur die Ökologie setzt der Geflügelproduktion Grenzen, den Tieren zuliebe darf ein Pouletmäster seine Masthallen auch nicht ohne Weiteres ausbauen. Hält ein Schweizer Geflügelproduzent seine Mastpoulets länger als 43 Tage auf seinem Betrieb, dürfen es nicht mehr als 18'000 Tiere pro Stall sein. Werden die Mastpoulets geschlachtet, bevor sie 28 Tage alt sind, dürfen es maximal 27'000 Tiere pro Stall sein. Zudem hat ein jedes Tier Anrecht auf einen gewissen Platz im Stall, die so genannte Besatzdichte ist auf 30 Kilogramm pro Quadratmeter beschränkt. Will heissen: Im Stall dürfen auf einem Quadratmeter nicht mehr als 15 Tiere à zwei Kilogramm gehalten werden.


Dass derzeit der Geflügelimport dermassen angestiegen ist, beunruhigt Zweifel nicht. "Unser Hauptziel ist es, dass der Geflügelkonsum in der Schweiz wächst", sagt er. Die Schweizer Produzenten können die steigende Nachfrage nicht von heute auf morgen decken. Doch dass das Fleisch gekauft wird, wenn es dann auf dem Markt ist, glaubt auch Schatzmann von Bell. "Die Konsumenten bevorzugen im Laden inländisches Geflügelfleisch", sagt er. Dies ist sich auch Coop bewusst und rührt dementsprechend heftig die Werbetrommel. (Text LID, Helene Soltermann)

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