Food aktuell
Varia
20.8.2008
Der perfekte Kaffee

Warum schmeckt eine Tasse Kaffee manchmal verbrannt, wässerig oder sauer? Genau wie edler Wein sollte Kaffee stets den perfekten Genuss bieten.


Herr und Frau Schweizer lieben ihren Kaffee crème, der rund einen Drittel der bestellten Kaffeegetränke ausmacht und zuoberst auf der Kaffee-Hitparade steht. Um Rang 2 und 3 streiten sich Espresso, Cappuccino und die helvetische «Schale». Milchspezialitäten liegen im Trend. Die Rezeptunterschiede von der einen zur andern Getränkeart sind grösser als man denkt und die Ansprüche an die Qualität des edlen Gebrühs hoch.

Kaffeebarista-Schüler lernen beispielsweise die vier M-Regeln: Mischung, Mühle, Maschine und Mensch. Mit Mischung sind Bohnen unterschiedlicher Provenienzen gemeint. Durch den spezialisierten Anbau und neue Aufbereitungsverfahren werden in bestimmten Kaffeeregionen Spezialitäten-Kaffees erzeugt, die zwar meistens etwas mehr kosten aber auch eine konstante Spitzenqualität bieten.

Zum M der Mischung gehört auch das Rösten - erst dann entsteht das typische Kaffeearoma, und die Bohne gibt ihr Geheimnis preis. Die Kunst des Röstmeisters besteht darin, die breitgefächerten Provenienzen harmonisch zu verbinden und Mischungen zu gestalten, welche mit Nuancenreichtum von zarten und üppigen Düften die Sinne verführen. Röstdauer und -temperatur liegen im Ermessen von erfahrenen Röstmeistern (Bild), die es verstehen, den wertvollen Bohnen ihre einzigartigen Aromen zu entlocken.


Beim Rösten entstehen rund Tausend neue Stoffe in einer Vielzahl von Umwandlungen - beispielsweise Caramelisierung und Bräunung, um zwei bekannte zu nennen. Das Röstkaffeearoma ist eines der besterforschten und komplexesten der Welt. Es gibt nicht einen einzelnen Aromastoff, der deutlich nach Kaffee schmeckt wie etwa das Vanillin bei Vanille, sondern die Fülle und Harmonie ist nötig wie beim Wein.

Die Kunst des Mahlens und Brühens

Das Mahlprozess - das zweite M - ist nicht zu unterschätzen. Sowohl die Mahlfeinheit wie die Mahlmethode beeinflussen den Geschmack und die Cremabildung. Das dritte M - die Maschine, d.h. die Extraktioneinheit – existiert in vielen Varianten mit grossen Unterschieden, so beispielsweise Filtermaschinen, Halb- und Vollautomaten. Letztere können heute auf Knopfdruck perfekte Getränke brühen. Sie verringern im Vergleich zum Halbautomaten den menschlichen Faktor, allerdings auch den Showeffekt der manuellen Zubereitung: Der Vollautomat garantiert eine konstante Kaffeequalität - unabhängig von der Bedienung.

Filtermaschinen sind viel einfacher konstruiert und lassen das Wasser ohne Druck durch mittelgrob gemahlenen Kaffee laufen. Dabei gelangen weniger Bitterstoffe aber mehr Säuren ins Getränk. Halb- und Vollautomaten dagegen pressen das heisse Wasser mit Druck durch sehr fein gemahlenen Kaffee. So lösen sich mehr Trübstoffe sowie aromareiche Kaffeeöle. Die unter Druck eingeschlossene Luft lässt den Extrakt aufschäumen, wenn er durchs Sieb in die Tasse läuft. Dieser Kaffee ist daher gehaltvoll und seine Crema bleibt während Minuten stehen.


Eine geschmeidige und gleichmässige Crema, die an der Tasse haftet, ist für Experten das Indiz für eine gelungene Extraktion. Allerdings: Kaffee-Guru Francesco Illy kritisierte einmal, in der Schweiz sei Espresso oft «unterextrahiert». Er schmecke wässerig-fad, unharmonisch und vor allem fehle ihm die Bitternote.

Kaffee-Barista – ein Trendberuf

Seit einigen Jahren bemüht sich die Swiss Speciality Coffee Association Europe SCAE um Besserung, ja sogar um Perfektionierung und bildet professionelle Baristi aus, die nicht nur tadellose Getränke servieren sondern auch Milchschaum-Zeichnungen beherrschen (Latte Art) und Showtalent zeigen. Barista ist ein trendiger Beruf, für den in der Schweiz zwar noch keine offizielle Ausbildung besteht aber durchaus Kurse, Praktika und Jobchancen. Baristi aus Berufung liefern sich sogar nationale und internationale Wettkämpfe. Am Tag des Kaffees am 26.9.2008 kann man einige beobachten und zu Tipps und Tricks befragen. (Text: Guido Böhler, foodaktuell.ch, und Chahan Yeretzian, Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaft ZHAW)



Baristameister Giovanni Meola spricht mit den Kaffeemaschinen, und man munkelt, dass sie ihn sogar verstehen.



Swiss-SCAE (Speciality Coffee Association of Europe) über sich selbst

Mit Speciality Coffee bezeichnet man nach bestem Können zubereitete Kaffeegetränke, die von den Konsumenten für die ausgezeichnete Qualität und den ausgeprägten Charakter geschätzt werden. Die Rohkaffees werden in genau bezeichneten Gebieten angebaut. Die Röstkaffees entsprechen in Bezug auf Standards bei Rohstoffen, Verarbeitung, Lagerung, Röstung, und der Zubereitung den höchsten Qualitätsanforderungen. Diese Grundsätze stellen den Rahmen für einen europäischen Zusammenschluss dar, der unter dem Namen SCAE ein gemeinsames Dach hat (1200 Mitglieder).

In der Swiss SCAE (80 Mitglieder) begegnen sich professionelle und private Kaffee Enthusiasten: Gastronomen, Röster, Ausrüster, Hersteller von Kaffeemaschinen, Importeure, private Gourmets und Vertreter von anderen Kaffee-Vereinigungen. Gemeinsam betreibt man Schulung und Wissensvermittlung.

Die SCAE bildet in Kursen Kaffee-Baristi aus und führt Prüfungen mit international gütigem Diplom der SCAE Europa durch. Sie organisiert öffentliche Seminare und Workshops (Sensorik, Rösten, Mahlen etc.). Die SCAE organisierte ebenfalls den ersten Schweizer Tag des Kaffees am 26. September 2008.

Besondere Aufmerksamkeit bei Presse und Publikum geniessen die jährlich veranstalteten Schweizer Meisterschaften für Kaffee Baristi, Latte-Art, Coffee in good Spirits (Kaffeegetränke mit Alkohol) und Cup Tasting. Die Gewinner nehmen jeweils an den Weltmeisterschaften teil welche 2009 in Atlanta (USA) und Köln stattfinden. 2006 fanden die Weltmeisterschaften mit 9’000 Besuchern in Bern statt. (Webseite: www.swissscae.ch)

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