Food aktuell
Varia
16.9.2008
St. Gallen: offizielle Stadt der Genüsse 2008

Von der Klosterstadt St. Gallen kommen die schweizweit beliebten Bratwürste, Bürli und Biberli. Stadt und Kanton haben noch mehr zu bieten, etwa die besten Käser der Schweiz und Delikatessen, die man in andern Regionen kaum kennt. Am 20. September findet in St. Gallen ein «Genusstag» statt.


Nach dem 20. September werden auch Westschweizer die Toggenburger Spezialität «Schlorzifladen» kennen, zumindest dem (verschönerungsbedürftigen) Namen nach. Denn dieses Jahr ist St. Gallen offizielle Stadt der Genüsse und veranstaltet anlässlich der Schweizer Genusswoche einen Genusstag. Woran denken Herr und Frau Schweizer bei Genüssen in und aus St. Gallen? In weiten Teilen der Schweiz beliebt sind St. Galler Bratwurst, St. Galler Brot, Bürli und Biberli (Bild: von der Confiserie Roggwiller).

Der leicht spitzige Ostschweizer Dialekt dagegen gilt nicht überall als wohlklingend. Gemäss einer einleuchtenden Theorie empfindet man Dialekte von Tourismusregionen generell als angenehmer als jene von Wirtschaftsregionen (daher kommt der Berner Oberländer Akzent ungeschoren davon). Bei der Schönheit von Land und Leuten kann St. Gallen dieses Jahr jede Kritik wegstecken, vor allem was die Leute angeht. Immerhin stammen sowohl die offiziell schönste Schweizerin wie auch der offiziell schönste Schweizer aus dem Ostschweizer Kanton: die amtierende Miss Schweiz, Amanda Ammann und der amtierende Mister Schweiz, Stefan Weiler. Sicher haben beide in ihrem bisherigen Leben viele St. Galler Bratwürste verzehrt. Womit zwar nicht bewiesen sein soll, dass dieses Produkt schön macht, aber geschadet hat es ihnen offenbar nicht.



Miss Schweiz Amanda Ammann mit einem Toggenburger Bauernkorb, den sie an den Swiss Cheese Awards Mitte September erhielt für ihren Auftritt an der Käsegala in Unterwasser (vermutlich erhielt sie mehr als nur ein Naturalienhonorar)


Die Stadt St. Gallen ist zwar keine Tourismus-Destination, sondern eher bekannt für ihre Klosterkirche, ein Unesco-Weltkulturerbe, und die Landwirtschaftsmesse Olma und die gleichnamige Bratwurst. Aber sie besitzt eine Wirtschaftshochschule und argumentiert mit wirtschaftlichen Standortvorteilen.

Wenn man die Lebensmittelbranche des ganzen Kantons betrachtet, entsteht eine beeindruckende Liste von (inter)nationalen Playern wie die Grossmetzgerei Ernst Sutter (Fenaco-Tochter), der Tiefkühlprodukte- und Glace-Hersteller Frisco-Findus (Nestlé-Tochter), zwei der grössten Schweizer Schlachthöfe (St.Gallen und Bazenheid) sowie Cash+Carry Angehrn in Gossau, Romer's Hausbäckerei in Benken, die Schokoladefabrik Maestrani in Flawil, und nicht zuletzt der weltweit erfolgreiche Food-Technologiekonzern Bühler in Uzwil.

Vorbildliches Regionalprodukte-Marketing

Eine wirtschaftliche Leistung in der Lebensmittelbranche sei nicht unerwähnt: St. Gallen besitzt zusammen mit andern Ostschweizer Kantonen das grösste und aktivste Regionalmarken-Programm «Culinarium Ostschweiz», das mehr als nur eine Werbeplattform ist: Die rund 250 Produzenten, 30 Gastronomen sowie 50 Händler und Detaillisten sind zertifiziert und werden regelmässig kontrolliert. Bild: Culinarium-Fleischkäse der Ochsenmetzg in Gossau.


Auch die besten Käser wirken im Kanton St. Gallen, genau genommen im Toggenburg, wie die Trophäen an den Swiss Cheese Awards zeigen. Was den St. Gallern jedoch fehlt ist (nebst einem Fünfsternehotel), eine national beliebte Gourmet-Käsesorte. Bekanntheit erlangte zwar der Klosterkäse, der hauptsächlich von «Rutz Käse» in Wittenbach hergestellt wird. Aber Gourmets verleihen diesem Halbhartkäse aus pasteurisierter Kuhmilch nicht den prominentesten Platz auf der Käseplatte, sondern eher den prämierten Toggenburger Rohmilch-Käsesorten.

Der Kanton St. Gallen hat noch weitere Delikatessen und Raritäten zu bieten, so etwa den Rheintaler Ribelmais, das bisher einzige AOC-Produkt der Ostschweiz. Der Ribelmais (Bild) ist das St. Galler Trendprodukt par excellence. Früher Hauptnahrung der Rheintaler, geriet er in Vergessenheit oder wurde als «Hühnerfutter» belächelt. Doch die heutigen Konsumenten haben solche Vorurteile nicht mehr.


Vor einigen Jahren gründete sich der «Verein Rheintaler Ribelmais», der die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und regionaler Gastronomie fördern will. Dazu gab er das «Ribel-Buch» heraus mit Rezepten bis zur Geschichte des Ribels (von Rheintalern «Türgge» genannt). Die Marke «Rheintaler Ribelmais» ist nicht nur ein Marketing-Gag: «Diese Maissorte schmeckt nussiger», betont Autor und Gourmetkoch Hanspeter Trachsel. «Sie gleicht dem mexikanischen Tortillamais.» Sie ist ausserdem von beiger Farbe sowie härter und benötigt eine längere Kochzeit.

Sehr spezielle Käsesorten

Auch der Verein Sauerkäse-Bloderkäse hat für die gleichnamigen Käsesorten den AOC-Schutz beantragt. Beide werden ohne Lab hergestellt. Bloderkäse (auch dieser Name ist verschönerungsbedürftig) ist ein Frischkäse, schmeckt neutral und eher säuerlich. Sauerkäse (Bild) wird gereift und entwickelt eine Ammoniaknote (auch bekannt als Salmiakgeist). Böse Zungen behaupten, man müsse St. Galler sein, um diese Spezialitäten zu mögen. Aber originell sind sie alleweil.


Und nicht zuletzt leistet St. Gallen im Biosegment Herausragendes. Man denke ans Spitzenrestaurant Jägerhof mit der Bioköchin Vreni Giger (17 GaultMillau-Punkte), sowie an den Biosupermarkt Yardo im Zentrum von St. Gallen und an den Bioproduktehersteller Morga in Ebnat-Kappel, Hauptlieferant der Schweizer Reformläden. Gleichzeitig mit dem Jägerhof muss man Turi Maags Restaurant «Neue Blumenau» in Lömmenschwil erwähnen, das ebenfalls mit 17 GaultMillau -Punkten dekoriert ist. Maag gilt als Pilz- und Kräuter-Magier und lädt seine Gäste zum Pilzsammeln ein. Beide Spitzenköche schwören auf regionale Zutaten.



Wilfried Bechinger, Metzgermeister in St. Gallen, gewann für seine St. Galler Wurstwaren Goldmedaillen von Carnasuisse.


St. Galler Genusstag am 20. September 2008

(Medienmitteilung St.Galler Genusstag): Dass die Stadt St. Gallen mehr zu bieten hat als die bekannten Bratwürste, zeigt die nationale Auszeichnung «Stadt der Genüsse 2008». Im Rahmen des St. Galler Genusstags am 20. September wird sie in Anwesenheit von Bundesrat Hans-Rudolf Merz, Nationalratspräsident André Bugnon, Regierungspräsidentin Heidi Hanselmann und Stadtpräsident Thomas Scheitlin zur «Stadt der Genüsse 2008» erkoren.

Von 9 bis 17 Uhr findet der Genussmarkt statt: In der Marktgasse laden Genussinseln und Marktstände ein, Produkte aus der Region kennen zu lernen und zu degustieren. Rund 30 Aussteller zeigen ihr Können und präsentieren ihre Erzeugnisse, die degustiert und gekauft werden können. Der Schwerpunkt liegt auf handwerklichen Spezialitäten des Kantons St. Gallen. Im Info-Pavillon mitten im Genussmarkt sind Sie zur Erfrischung mit Mixdrinks eingeladen, die von Fachpersonen von Gastro St. Gallen kreiert werden. Bild: Pfundsteine, eine traditionelle Spezialität der St.Galler Confiserie Pfund.


Im Info-Pavillon wird das soeben im Weber Verlag erschienene Kochbuch «St. Gallen for Gourmets» mit Rezepten aus regionalen Produkten präsentiert, von den porträtierten Gastronomen signiert und verkauft (am Stand des Trägervereins Culinarium und Gastro St. Gallen). Beim Waaghaus findet von 11.30 bis 12 Uhr ein Rekordversuch statt: Die Veranstalter fit4job und der Bäcker-Konditoren Meisterverband des Kantons St. Gallen stellen auf einer über 650 Meter langen Bahn 10 000 Lebkuchen zu einem Domino auf. Dieses wird von Bundesrat Hans-Rudolf Merz angestossen. Anschliessend findet eine grosse Versteigerung von Biber-Spezialitäten statt. (Infos: www.stgaller-genusstag.ch und www.gout.ch)

Weiterlesen: Ursprungsschutz für St. Galler (Kalbs)Bratwurst

Copyright http://www.foodaktuell.ch