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Varia
11.12.2008
Älplibar - Bergdorf-Pinte in Zürich feiert

Am Montag, 15. Dezember 2008 feiert die Zürcher Älplibar den ersten Geburtstag. Was ist das Besondere an dieser Bar?


Was in einem Bergdorf normal wäre ist in der Metropole Zürich ein exotisches Unikum: eine authentische Bergdorf-Pinte mit echter Swissness. Vor genau einem Jahr wurde das legendäre Kultlokal mit Schweizer Volksmusik in urchigem Ambiente in der Zürcher Altstadt wiedereröffnet nach einer Renovation. Martin Sebastian, ein Experte der Folkloreszene, hat den Betrieb übernommen und ein bodenständiges Projekt verwirklicht – nicht nur für Jodler und Schwingerkönige (und auch nicht für Touristenmassen. Notabene: Auf der Karte stehen Hofprodukte von Ex-Mister Schweiz Renzo Blumenthal

Der Journalist Alfred Bühler hat den Wirt in seiner Bar getroffen und ihm auf den Zahn gefühlt. Interview.

AB: Martin Sebastian, konnten Sie in der Aelplibar Ihre Ideen und Projekte innerhalb des ersten Jahres umsetzen?
MS: Zum Teil! Wir haben während des ganzen Jahres daran gearbeitet, weiter entwickelt. Noch ist aber nicht alles umgesetzt, was ich mir vorstelle.

AB: Das Konzept der Aelplibar ist originell und bodenständig. Stammt die Idee von Ihnen oder haben Sie alles irgendwo abgekupfert?
MS: Dieses Lokal als Aelplibar gibt es schon seit 1920. Auch habe ich das Grundkonzept nicht erfunden, denn so etwas gibt es ja schon ganz lange. Zum Beispiel ganz früher in den Alphütten: Das Alppersonal nahm am Feierabend die Instrumente in die Hand und verbrachte frohe Stunden mit Freunden, Ländlermusik und gemütlichem Beisammensein. Dies entspricht dem Konzept der Aelplibar. An vielen Abenden erreichen wir diese Atmosphäre auch. Es findet ein fröhliches Beisammensein von Menschen statt, die sich zum Teil noch nie gesehen haben und sich nach einem schönen Abend in der Aelplibar als Kollegen oder Freunde verabschieden. Damit es wirklich ein unvergesslicher Abend wird, müssen aber viele Faktoren übereinstimmen: Die Musik, die Musiker, die Gäste, das Personal, usw. Deshalb ist jeder Abend anders.

AB: Die Aelplibar ist eine folkloristische Oase in der Grossstadt Zürich. Eine Alphütte mitten im pulsierenden Stadtrummel. Wie sind die Reaktionen, wenn Gäste zum ersten Mal das Lokal betreten?
MS: Die meisten sind erstaunt, dass es so was überhaupt noch gibt. Sie fühlen sich sofort wohl, denn sie betreten sozusagen eine heimelige Stube.

AB: Schweizer Folklore ist überaus im Trend. Der Begriff Swissness wurde geprägt und auch die Medien sind auf diesen Zug aufgesprungen. Hat da ein gewiefter Folkloreexperte mit scharfem Kalkül einfach die Gunst der Stunde genutzt?
MS: Nein, es ist reiner Zufall, dass die Aelplibar gerade jetzt in dieser Art mit Volksmusik als Basis entstanden ist. Das Lokal wurde mir angeboten. Aus reinem Kalkül hätte ich es nicht machen dürfen. Es war eher Liebe auf den ersten Blick!

AB: Sie bezeichnen vielleicht deshalb das Projekt auf Ihrer Homepage als besonders mutig. Warum?
MS: Die Aelplibar ist ein kleines Lokal mit relativ wenig Sitzplätzen. Dazu ist es gar nicht so einfach, den Weg zur Aelplibar in der kleinen Ankengasse zu finden. Zudem war es für mich ein völlig neues Projekt, das zwar einen Zusammenhang mit meinen weiteren Tätigkeiten hat: Die Verbindungen zur Folkloreszene, zur authentischen Schweiz, sowie der Umgang und der Kontakt mit den Medien; all dies erleichtert vieles, dennoch wusste natürlich niemand, ob es funktioniert. Zudem besteht bei einem solchen Projekt immer auch ein finanzielles Risiko.

AB: Nach dem ersten Betriebsjahr sei die Frage erlaubt: Geht die Rechnung auf?
MS: Nein, nach einem Jahr noch nicht.



Martin Sebastian, Älplibar-Geschäftsleiter ist auch Journalist, Folkloreexperte und Alpenrosen-Chefredaktor. Im Bild schenkt er seine Hausspezialität aus, die Älplimilch. Mit Milch hat sie nur die weisse Farbe gemeinsam. Die Zutaten sind ein Geheimnis aber soviel sei verraten: nüchtern bleibt man dabei nicht.



AB: Mit welchen Argumenten locken Sie Gäste in die Aelplibar?
MS: Da muss ich erst mal betonen, dass wir keine Folkloreshow bieten, sondern die Gäste können den Abend (z. B mit den bereit stehenden Instrumenten) mitgestalten. Ausländer lernen einen wichtigen Teil der Schweiz kennen und für sie ist es eh ein Erlebnis. Die Gäste der Schweiz pflegen in der Aelplibar einen Teil unserer Kultur und dürfen zu unserer Folklore stehen. Wir Schweizer dürfen stolz sein auf unsere Kultur. Dieses neu gewonnene Selbstverständnis ist ein Bestandteil vom Erfolg der Schweizer Folklore insgesamt. Momentan beginnen die ersten Werbe- und Promotionsmassnahmen langsam zu greifen, andere sind nach am Anlaufen. Über weitere Pläne möchte ich zurzeit noch nichts verraten.

AB: Wird die Aelplibar als volkstümliches Lokal wahrgenommen und ist sie bereits ein selbstverständlicher Teil von Zürich geworden?
MS: Wir sind auf dem Weg dazu, denn es hat sich rasch herumgesprochen, dass die Aelplibar speziell ist. Ich möchte natürlich, dass sie noch mehr zu einem Kultlokal wird, wo man einfach hingehen muss. Daran arbeiten wir.

AB: Hier trifft man ein überraschend junges Publikum. Haben Sie gezielt die Jungen angesprochen?
MS: Ich habe gehofft, dass wir die Jungen ansprechen. Dass sie jedoch derart darauf abfahren, hätte ich nicht erwartet. Es gibt effektiv Abende, an denen das Publikum mehrheitlich zwischen 20 und 30 Jahre alt ist. Für sie ist eine solche Alphütte so exotisch wie eine Sambabar. Die Ambiente der Aelplibar können sie woanders kaum erleben. Sie kennen jedoch diese Kultur oft besser, als sie allgemein zugeben. Fast jeden Abend wird «Dr Schacher Seppli» gespielt und die Jungen singen mit, aber auch einfache Volkslieder vermögen sie zu begeistern.

AB: Gibt es unvergessliche Abende?
MS: Ich könnte nicht einzelne herausgreifen. Weil die Leute nahe beieinander sitzen, findet das Publikum rasch Kontakt unter sich. Es sitzt beispielsweise ein Bankdirektor neben einem Büezer. Hier ist man einfach Mensch. Jeder so, wie er ist. Und das ist immer wieder speziell.

AB: Haben Sie weitere Pfeile im Köcher?
MS: Tja, Ideen gibt es immer… Neu möchte ich in der Aelplibar u. a. einen Singabend einführen. Ein Singen im volkstümlichen Stil. Ich suche noch eine geeignete Person, die dafür die Leitung übernimmt. Das wäre eine wunderbare Erweiterung unseres kulturellen Angebotes.

Die Älplibar lädt zum ersten Geburtstag ein am Montag, 15. Dezember 2008.

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