Food aktuell
Varia
13.1.2009
Emmentaler Käse bleibt ein Sorgenkind

Auch im nächsten Jahr dürfen die Emmentaler-Käser nicht voll produzieren. Der Grund für die schlechte Marktsituation liegt im uneinheitlichen Auftritt im Ausland, sagen Branchenkenner.

Die schlechte Marktsituation beim Emmentaler-Käse verheisst nichts Gutes. Anfangs 2009 dürfen die Käser lediglich 85 Prozent der Referenzmenge produzieren, die überschüssige Milch fliesst in den Industriemilchkanal. Die Referenzmenge hat jede Emmentaler-Käserei von der Sortenorganisation Emmentaler Switzerland (ES) zugeteilt erhalten, damit die Käseproduktion gesteuert werden kann. Wie lange die Produktion eingeschränkt werden muss, weiss noch niemand. Laut ES-Präsident Jürg Simon kommt es auf die Marktentwicklung im neuen Jahr ab.

Fakt ist: Bereits seit zwei Jahren, in denen die Produktionsmenge beim Emmentaler AOC gesteuert wird, können die Käser im Schnitt nur 85 Prozent ihrer Referenzmenge produzieren. Dies ärgert Werner Roth, Emmentaler-Käser im luzernischen Neudorf. "Wenn die Käser längerfristig nur 85 Prozent ihrer Produktionskapazität auslasten können, gehe ich davon aus, dass wir die Marktanteile endgültig verloren haben. Die Käsereien könnten ihre Kosten nicht an die kleineren Fabrikationsvolumen anpassen. Die Situation drücke auf die Käsepreise und schliesslich auch auf den Milchpreis. "Die Auswirkung wird sein, dass einige Käsereien aufgeben müssen und einige Milchproduzenten aus der silofreien Milchproduktion aussteigen", sagt Roth.

Wertschöpfungskette nicht im Griff

Auch Othmar Dubach, Chef Käse AG bei Emmi, sieht auf dem Emmentalerkäse-Markt auf Grund der gegenwärtigen Exportmengen ein zu grosses Produktionspotenzial. Im Klartext heisst dies: Auch Dubach findet, dass es noch zu viele Käsereien hat. "Die Exporte waren in letzter Zeit relativ schwach", sagt er. Die schlechte Marktsituation führt er auf ein schlechtes Marketing zurück.

"Die Sortenorganisation hat die Wertschöpfungskette nicht im Griff", sagt Dubach. Dies sei kein Vorwurf an die ES, viel eher sei die unbefriedigende Marktsituation systembedingt. "Der Einfluss der Sortenorganisation ist beschränkt. Es gibt zu viele Händler, die Emmentaler AOC verkaufen und sich – verständlicherweise – mit eigenen Verpackungen unterscheiden wollen." Dies führe dazu, dass Emmentaler AOC niemals einheitlich am Markt auftrete. "Anders ist dies beim Markenhersteller, der die ganze Wertschöpfungskette von der Produktion bis zum Endverkaufspreis steuern kann."

Greyerzer auf der Überholspur

Im Sommer 2008 produzierten die Schweizer Käser zum ersten Mal mehr Gruyère AOC als Emmentaler AOC. Für die Berichtsperiode Juli, August und September 2008 weist Gruyère AOC eine Produktion von 2'316 Tonnen, 2'163 t und 2'136 t aus, Emmentaler AOC liegt mit 1'733 t, 2'152 t und 2'093 t in jedem Monat unter der Gruyère-Produktion. Auch im Oktober ist mit 2'233 t mehr Gruyère produziert worden als Emmentaler (2'155 t). Ebenfalls hat sich der Gruyère-Export günstig entwickelt. In den ersten zehn Monaten dieses Jahres sind 9'365 t Gruyère AOC exportiert worden, dies ist ein Plus von 8,5 Prozent gegenüber der Vergleichsperiode im Vorjahr. Beim Emmentaler AOC hingegen ist der Export in der gleichen Zeitperiode um 7,7 Prozent auf 17'872 t zurückgegangen.


Anton Schmutz, Direktor des gewerblichen Käsereiverbandes Fromarte, zeigt sich erfreut über die gute Marktsituation beim Gruyère AOC. Er schreibt die ungleiche Produktionsentwicklung auf die ungleiche Marktsituation zu. "Im Gegensatz zum Emmentaler AOC ist es einfacher, Gruyère auf dem Markt zu positionieren. Gruyère AOC hat im Ladenregal nicht gegen eine Vielzahl von Imitaten zu kämpfen“, sagt Schmutz. Obschon heute noch rund doppelt so viel Emmentaler wie Gruyère exportiert wird, ist es laut Schmutz denkbar, dass Gruyère den Emmentaler längerfristig vom ersten Platz der Exportrangliste verdrängen könnte.

Emmi als Alleinvermarkter?

Um einen einheitlichen Marktauftritt bis an den Endverkaufspunkt durchzusetzen, wäre es laut Dubach am besten, Emmentaler AOC aus einer Hand zu vermarkten – "am liebsten natürlich durch Emmi". So würden die Käsereien besser wirtschaften und die Emmentaler-Käsereimilchbauern längerfristig von einem besseren Milchpreis profitieren. Dass sein Vorschlag nicht durchsetzbar ist, weiss Dubach. Denn Emmi hätte als Alleinherrscher über die Vermarktung von Emmentaler AOC eine Monopolstellung.

Richard Gander, Geschäftsführer der Zuger Käsehandelsfirma Lustenberger & Dürst und neben Emmi einer der grössten Emmentaler-Käsehändler, sieht im Gegensatz zu Emmi-Käsehändler Dubach einen etwas moderateren Lösungsansatz vor, um den Emmentalerkonsum im Ausland anzukurbeln. "Um den Marktauftritt an der Verkaufsfront zu vereinheitlichen, muss Emmentaler AOC ausnahmslos in der Schweiz abgepackt werden", schrieb er kürzlich in der Fachzeitschrift Alimenta.


Derzeit wird Emmentaler sowohl im In- als auch im Ausland verpackt. Andere Händler hätten laut Gander die Strategie der einheitlichen Verpackung bereits umgesetzt. "Insbesondere die AOC-Käsehändler in Italien und Frankreich kontrollieren die Wertschöpfungskette bis hin zum Verkaufsprodukt, und zwar erfolgreich." In diesen Fällen sei die Abpackung auf das eigene Gebiet beschränkt.

Anders sieht dies Ernst Oettli von der Käsehandelsfirma Gourmino AG im thurgauischen Illighausen. "Eine Beschränkung der Verpackung auf das Ursprungsgebiet würde die Absatzmöglichkeiten von Emmentaler AOC zusätzlich einschränken", sagte der Käsehändler gegenüber Alimenta. Verpacker im Ausland würden wohl nicht erfreut reagieren, wenn sie in Zukunft den Emmentaler AOC nur noch standardisiert aus der Schweiz beziehen könnten; würden sie doch bis anhin das gesamte Schweizer Käsesortiment unter ihrer Eigenmarke verpacken und verkaufen. (Text: LID / Helene Soltermann)

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