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Varia
7.6.2009
Agrarfreihandel killt Schweizer Pommes frites

Heute ist die Frigemo in Cressier der grösste Schweizer Kartoffelverarbeiter. Falls der Agrarfreihandel mit der EU kommt, kann sie mit der ausländischen Konkurrenz nicht mehr mithalten.



Pommes frites-Produktion bei Frigemo in Cressier NE


Die Befürworter eines Agrarfreihandels mit der EU argumentieren oft damit, dass man es der einheimischen Lebensmittelindustrie ermöglichen müsse, dank tieferen Rohstoffpreisen und grösseren Absatzmärkten wettbewerbsfähiger zu werden. Deshalb gibt es auch eine ganze Reihe von Verarbeitern, die sich für den Agrarfreihandel aussprechen. Emmi zum Beispiel, Cremo, Hiestand, Hug, Bell, Traitafina und andere.

Bei der Fenaco-Tochter Frigemo im neuenburgischen Cressier sieht man das ganz anders. Die Firma verarbeitet Kartoffeln zu Frites, Rösti, Stocki und anderen Spezialitäten. Die Einsparungen, die man mit offenen Grenzen bei den Rohstoffen machen könne, würden die Verluste im Verkauf bei weitem nicht kompensieren, erklärte Urs Feuz, Leiter der Fenaco-Division Nahrungsmittel an der Fenaco-Bilanzpressekonferenz in Cressier.

Bei den Frigemo-Produkten machten die Verarbeitungskosten im Schnitt 60 Prozent, die Rohstoffkosten im Schnitt 40 Prozent aus, erklärte Feuz. Wenn nun dank Agrarfreihandel die Rohstoffkosten um die Hälfte sinken würden, dann sänken die gesamten Kosten nur um 20 Prozent. Der Preis ab Werk hingegen falle bei vollständigem Zollabbau um rund die Hälfte, sagte Feuz weiter. Die heutigen Preisdifferenzen sprechen eine deutliche Sprache. Ein Kilogramm McCain-Frites, von der Frigemo in Lizenz hergestellt, kostet im Coop 8.70 Franken. Im deutschen Detailhandel kostet ein Kilogramm McCain-Frites nur gerade 2.70 Franken.

Auch bei Verarbeitung Kosten senken

Die Frigemo werde deshalb nicht wettbewerbsfähig produzieren können, solange nicht auch bei der Verarbeitung Kosten gesenkt werden könnten. Löhne, Mieten und andere Kosten blieben aber bei einem Agrarfreihandel unangetastet. Dazu komme, dass im umliegenden Ausland bei den Verarbeitern Überkapazitäten bestünden. Ohne Verarbeiter brauche es auch den einheimischen Kartoffelanbau nicht mehr, fuhr Feuz fort. "Produzenten und Verarbeiter sind wie siamesische Zwillinge." Wenn ein Teil aus der Wertschöpfungskette rausfalle, dann verschwinde die ganze Kette.

Im Gegensatz zu anderen Produkten wie Käse oder Schokolade sei bei Kartoffel- oder Gemüseprodukten auch "Swissness" kein Verkaufsargument. Pommes frites seien eine Art Commodity, bei dem vor allem in der Gastronomie knallhart auf den Preis geschaut werde. Swissness gibt es aber auf den Tüten der Pommes frites-von McDonald's, die auch von der Frigemo geliefert werden. Neu wirbt McDonald's mit dem Suisse Garantie-Herkunftszeichen.


Fenaco-Chef Willy Gehriger glaubt, dass dies im geschützten Schweizer Markt für McDonald's Sinn macht. Sobald aber die Grenzen geöffnet würden, würde McCain wohl eine ihrer Fabriken im umliegenden Ausland besser auslasten und so Kosten sparen, meint Gehriger. Die Schweiz sei das einzige Land, wo McCain in Lizenz produzieren lasse, auch dies eine Konzession an den geschützten Schweizer Markt.

Hilfe von der Politik

Für die Fenaco-Spitze ist deshalb klar, dass Firmenzusammenschlüsse und staatliche Begleitmassnahmen, wie sie vom Bundesrat vorgeschlagen – und vom Nationalrat in dieser Woche abgelehnt wurden – nicht genügen können. "Es ist ein politischer Entscheid, ob Ackerkulturen wie Kartoffeln oder auch Gemüse und damit auch die nachgelagerte Verarbeitungsindustrie erhalten werden sollen oder nicht", sagte Feuz. Falls ja, brauche es ein sektorielles Agrarfreihandelsabkommen, bei dem diese Bereiche ausgeklammert würden und eine klare Stützung mit Leistungsauftrag durch den Staat.

Über Fenaco

Die Frigemo-Gruppe der Fenaco umfasst neben dem Verarbeitungsbetrieb in Cressier zwei Gemüseverarbeitungsbetriebe in Melligen und Zollikofen, zwei Eierabpackbetriebe der Eico in Bern und Märstetten sowie eine Reihe von regionalen Handelsfirmen. Die Frigemo liefert jährlich knapp 300 Millionen Schaleneier (27 Prozent Marktanteil), 25'000 Tonnen Kartoffelprodukte (50 Prozent Marktanteil) sowie 15'000 Tonnen Tiefkühlgemüse (22 Prozent Marktanteil).

Die Fenaco hat 2008 den Umsatz um 18,7 Prozent auf 5,79 Mrd. Franken gesteigert. Das Betriebsergebnis vor Zinsen, Abschreibungen und Steuern (EBITDA) verbesserte sich um 9 Prozent auf 239,7 Millionen Franken.

Der Gewinn belief sich auf 62,2 (Vorjahr: 64,0) Mio. Franken, wie Direktionspräsident Willy Gehriger am 26. Mai vor den Medien in Cressier erklärte. Angesichts des harten Wettbewerbs und gemessen an der einschneidenden Entwicklung des wirtschaftlichen Umfelds stelle die Jahresrechnung einen ansprechenden Leistungsausweis dar. Wie Gehriger weiter ausführte, ist der starke Umsatzzuwachs auf die höheren Preise für Benzin und Öle, auf die Integration neuer Gesellschaften (darunter Steffen-Ris, Agroline und Kellenberger Frisch Service) sowie Fortschritte bei Landi und Volg zurückzuführen.

Rund 29 Prozent des Gesamtumsatzes wurde mit dem Verkauf von landwirtschaftlichen Produktionsmitteln, Getreide, Ölsamen und Futtermitteln sowie im Tierhandel und der Agrartechnik erzielt. Knapp 27 Prozent fielen im Segment Nahrungsmittel bei der Übernahme, Verarbeitung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten an. Im Segment Detailhandel erzielte Fenaco rund 24 Prozent des Gruppenumsatzes und nahezu 20 Prozent stammen vom Verkauf von Energieträgern der Marke Agrola. (Text: LID / Roland Wyss-Aerni)

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