Food aktuell
Varia
18.8.2009
Chancen und Risiken mit RFID-Funkchips

Die derzeit wohl weitreichendste Innovation in der Startphase ist die Smart-Ettikette mit RFID (Radio Frequency Identification), die den Strichcode ersetzen kann. In der Foodlogistik wird die Technologie bereits angewendet, und im Detailhandel für die Waren-Echtheitsgarantie und Distributionssicherung genutzt.


Die Inventur durch manuelles Zählen kann mit RFID
automatisiert werden.


Innovative intelligente Verpackungen haben das Zeug zur Revolution. Ein Beispiel, «Radio Frequency Identification» RFID, wird in der Praxis bereits angewendet und bietet als Vorteil für den Handel einen effizienteren Warenfluss: Das Sparpotenzial ist enorm, weil die Abfertigung der Waren am Supermarkt-Checkout ohne Vereinzelung und optischem Scannen erfolgt sondern innert Sekunden per Funk in einem Lesetunnel. Ausserdem kann der Kunde mit einer Karte oder vielleicht dereinst mit einem elektronisch erfassten Fingerabdruck bezahlen. Wolfgang Durrer, Geschäftsführer des Schweizerischen Verpackungsinstituts SVI hält «derzeit RFID für hochpreisige Produkte sinnvoll aber später auch für tiefpreisige Konsumartikel».

Den Hauptnutzen für Handel und Hersteller sieht er in der Datenauswertbarkeit, der Logistik, dem Diebstahlschutz und der effizienten Rückrufmöglichkeit. Als Risiken nennt er mögliche Kinderkrankheiten durch technische Störfaktoren sowie Akzeptanzprobleme bei den Konsumenten: «Diese neuartige Technik ist gewöhnungsbedürftig, und die Branche benötigt einen Ehrenkodex, um Missbräuche zu verhindern – Stichwort: gläserner Konsument».

In der Tat: Konsumentenschützer nennen den RFID Schnüffelchip, weil sie Missbrauch befürchten. Allerdings: Eine Herausforderung für den Datenschutz besteht schon heute, wenn der Kunde die Cumuluskarte (Migros) oder Supercard (Coop) verwendet. Die Migros erhielt als erste das zertifizierte Datenschutzlabel Good Priv@cy, das verspricht, dass die Daten geschützt sind.

Logistische Anwendungen

In der Foodlogistik wird RFID in der Schweiz bereits angewendet, so zum Beispiel bei Bell: Der Konzern setzt RFID zur Überwachung und Steuerung der innerbetreiblichen Behälterbeförderung ein, denn der Strichcode allein reicht dazu nicht aus. «Wir bringen an jedem Gebinde, die das Fleisch von der Zerlegerei über Förderanlagen transportieren zwei Transponder an», sagte ein Bell-Techniker in der Onlinefachzeitung «RFID im Blick». «Dies vereinfacht die Ablage der Kisten auf der Förderanlage». Zusätzlich erhält jeder Behälter eine einmalige, sichtbare Kennnummer».


RFID wird ferner genutzt im Verkauf für die Waren-Echtheitsgarantie und Distributionssicherung, allerdings noch kaum in der Lebensmittelbranche. Ein Schweizer Anbieter ist Pago. In Deutschland wird RFID bei der Metro-Gruppe angewendet für Paletten und Handelseinheiten. Gemäss Dimitrios Kotsis, Leiter Verkauf bei Pago prüft die Migros diese Technik für Konsumentenverpackungen bei Nonfood und eventuell später auch für Foodprodukte.

«Aber bis RFID in der Lebensmittelbranche in grösserem Umfang auf Einzelprodukten eingesetzt wird, kann es noch einige Jahre dauern – falls dies überhaupt jemals realisiert wird», sagt Kotsis. Ausserdem sind die Transponderchip-Kosten für tiefpreisige Lebensmittel noch zu hoch, obwohl sie stetig sinken.



RFID-Ettikette von Pago

Pago bietet RFID-taugliche Ettikettierautomaten an (z.T. lassen sich bestehende aufrüsten) und besitzt bereits Erfahrungen aus realisierten Projekten. «Flüssigkeiten und metallisierte Verpackungen beinflussen das Schreib-/Leseverfahren der RFID-Technik ungünstig», so Kotsis. «Mit anwendungsspezifischen Lösungen wie Etiketten mit dem RFID-Transponder als abstehende Fahne lassen sich solche Schwierigkeiten umgehen. In jedem Anwendungsfall sind die Möglichkeiten einzeln zu prüfen». Vorteile von RFID im Vergleich zum Strichcode bestehen, wenn z.B. mehrere Objekte gleichzeitig erfasst werden sollen, keine Sichtverbindung zum Objekt besteht, Daten entlang der Prozesskette laufend erfasst oder mutiert werden sollen die Echtheitsgarantie gefordert ist.

RFID-Chips messen beim Transport die Produkt-Temperatur

Ein Teil der Lebensmittel verdirbt bevor es das Kühlregal im Supermarkt erreicht. Das will ein Shelf-Life-Modell der Universität Bremen verhindern. Eine geeignete Technologie für die Umsetzung liefert die Firma Ambient Systems B. V. mit einer RFID-Lösung der dritten Generation. Im Rahmen dieser Kooperation programmierte ein Forschungsteam RFID-Tags für den Praxistest. Als sogenannte Shelf-Life-SmartPoints massen sie während Transport und Lagerung die Temperatur und berechneten damit Qualität und Resthaltbarkeit der Ware.

Ambient SmartPoints verfügen über Sensoren und Schnittstellen, die mit «easy-to-install-allwireless-networks» kommunizieren. Die SmartPoints werden an Paletten und Kisten mit verderblichen Nahrungsmitteln platziert. Während Transport und Lagerung messen sie laufend Temperatur und andere Werte, berechnen die Restlaufzeit und übertragen die Information drahtlos ans Netzwerk von Ambient. Fällt die Qualität unter einen kritischen Grenzwert lösen sie automatisch Alarm aus. (Quelle: Ambient Systems)

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