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Varia
1.10.2009
Qual der Wahl: Bio? Regional? Saisonal?

Am 17. September 2009 fand am Inselspital Bern die nationale Fachtagung der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung SGE zum Thema „Lebensmitteleinkauf: Die Qual der Wahl. Bio? Regional? Saisonal?“ statt. Die Tagung wurde in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Agroscope und dem Bundesamt für Umwelt BAFU durchgeführt und war mit über 300 Teilnehmern ausgebucht.


„Frische, unverarbeitete Lebensmittel haben nicht a priori mehr Vitamine und Mineralstoffe als schonend verarbeitete Lebensmittel.“ Roland Charrière, stellvertretender Direktor und Leiter des Direktionsbereichs Verbraucherschutz des Bundesamtes für Gesundheit BAG

Mit falschen Vorstellungen und Irrtümern betreffend der Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln räumte Roland Charrière gleich zu Beginn der Tagung auf: „Frische, unverarbeitete Lebensmittel haben nicht a priori mehr Vitamine und Mineralsstoffe als schonend verarbeitete. Deshalb sind naturnah produzierte Lebensmittel weder gesünder noch sicherer als konventionell produzierte Produkte.“ Es gebe jedoch viele andere wichtige Gründe wie beispielsweise die Belastung der Umwelt durch die Nahrungsmittelproduktion, um regionale, saisonale oder naturnah produzierte Produkte zu kaufen. Eine ausgewogene Ernährung mit viel Früchten und Gemüse und wenig Fett zusammen mit genügend körperlicher Aktivität biete die beste Voraussetzung für eine gute Gesundheit.

Roland Charrière
„Grundsätzlich sind alle Lebensmittel gleich gesund, ob biologisch oder konventionell hergestellt, aber: Bio-Lebensmittel werden schonend und mit weniger Zusatzstoffen hergestellt, enthalten weniger Rückstände und teilweise etwas mehr Nährstoffe.“ Christine Müller, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesamt für Landwirtschaft BLW

Auch zwischen Bio-Lebensmitteln und nicht biologisch hergestellten Lebensmitteln gibt es laut einer aktuellen Studie keinen gesundheitswirksamen Unterschied im Nährstoffgehalt, erklärte Christine Müller. Christine Müller betonte, dass auch konventionell hergestellte Lebensmittel in der Schweiz nach hohen Standards und ökologisch nachhaltig produziert würden. Es liege im persönlichen Ermessen, welche Lebensmittel man wähle, und welche Produktionsweise man damit unterstütze. Grundsätzlich seien alle Lebensmittel gleich gesund oder ungesund, da die Gesundheitswirkung hauptsächlich vom Kalorien-, Fett- und Zuckergehalt der konsumierten Lebensmittel abhänge, und nicht von der Herstellungsweise.

„Ein hoher Früchte- und Gemüsekonsum wird empfohlen, weil sie viele Mikronährstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe enthalten, die mit verschiedenen Gesundheitsbenefits einhergehen.“ Anna Bozzi Nising, Leiterin der Gruppe Lebensmittel an der Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW

„Sowohl die Sorte als auch die Anbauweise, die Umweltbedingungen sowie zahlreiche weitere Vor- und Nacherntefaktoren wie beispielsweise die Lagerung und Zubereitung können beträchtliche Auswirkungen auf die Konzentration und das Profil von Mikronährstoffen und sekundären Pflanzenstoffen haben“, erklärte Anna Bozzi Nising. Somit erhielten nicht nur Lebensmittelhersteller, sondern auch der Handel und die Konsumenten einen Einfluss auf das Nährwertprofil von Früchten und Gemüse.


„In 30 Jahren müssen weltweit doppelt so viel tierische Lebensmittel produziert werden wie heute, um die Nachfrage zu erfüllen.“ Caspar Wenk, Departement für Agrar- und Lebensmittelwissenschaften der ETH Zürich

Obwohl die Leistung der Tiere im Bezug auf die Fleisch-, Milch- und Eierquantität enorm gestiegen sei, bleibe die steigende Nachfrage eine Herausforderung. Auch die Qualität tierischer Produkte kann beeinflusst werden. „Neben der Züchtung und Fütterung haben auch die Haltung der Tiere und ihre Umwelt einen Einfluss auf die Lebensmittelzusammensetzung“, so Wenk. Abgesehen vom emotionalen und ethischen Wert seinen diese Effekte jedoch weniger ausgeprägt. Züchtung und Fütterung beeinflussen nicht nur den Fettgehalt eines Lebensmittels, sondern auch die Fettqualität und den Gehalt verschiedener Mikronährstoffe, beispielsweise den Gehalt der Spurenelemente Selen und Zink.

„Konsumenten haben durch ihre Wahl einen wesentlichen Einfluss auf die Umweltbelastung der Lebensmittelproduktion.“ Niels Jungbluth, ESU-services GmbH

„Mit dem Flugzeug transportierte Produkte belasten die Umwelt generell wesentlich stärker“, sagt Jungbluth, der sich seit Jahren mit der Ökobilanzierung von Nahrungsmitteln befasst. „Da das öffentliche Interesse für das Thema hoch ist, ist die Lebensmittelauswahl ein guter Ansatzpunkt für Verhaltensänderungen“, so Jungbluth. Problematisch sei jedoch, dass die Zeit für den Entscheid vor dem Regal im Laden oft knapp sei, und dass teilweise gegenläufige Empfehlungen mit den eigenen Wünschen in Einklang gebracht werden müssten. „Es ist aber auch wichtig zu wissen, dass die Auswirkungen der Lebensmittelauswahl im Vergleich zu Bereichen wie Mobilität und Wohnen gering sind“, sagte Jungbluth. Laut Jungbluth verursacht die Bereitstellung und Zubereitung von Nahrungsmitteln knapp ein Fünftel der Umweltbelastungen, die durch Konsumentenhandlungen entstehen.


„Lieber eine Hors-sol-Tomate oder eine Tomate aus der Dose als gar kein Gemüse.“ Hans-Peter Bachmann, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld- Posieux ALP und SGE-Vorstandsmitglied

Hans-Peter Bachmann betonte zum Abschluss der Tagung, dass eine ausgewogene Ernährung nach der Lebensmittelpyramide das entscheidende Kriterium für die Gesundheit sei. Jedoch sei wichtig zu wissen, dass Konsumenten durch ihr Verhalten das Angebot im Handel massgeblich beeinflussen können „Deshalb brauchen wir unbedingt mündige Konsumenten, die mithelfen, die Umweltbelastungen aus dem Nahrungsmitteleinkauf zu verringern.“


Die goldenen Regeln für umweltbewusste Esser:
  • vegetarische Ernährung oder eine Ernährung gemäss der Lebensmittelpyramide
  • Reduktion des Fleisch- und Milchkonsums
  • keine mit dem Flugzeug transportierte Produkte
  • keine Gewächshausprodukte
  • saisongerechte Produkte bevorzugen
  • energiesparende Haushaltsführung (im Bezug auf das Kochen und Kühlen)
  • Verzicht aufs Auto, Abfallvermeidung
Quelle: Referat von Niels Jungbluth, ESU-services GmbH


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Die SGE ist die nationale Fachorganisation für Ernährung. Sie klärt sowohl die Bevölkerung als auch Fachleute mit wissenschaftlich abgesicherten Informationen zu Ernährungsfragen auf. Die SGE zählt über 7000 Mitglieder und Abonnenten, wobei die meisten Fachleute aus dem Ernährungs-, Gesundheits- und Bildungsbereich sowie ernährungsinteressierte Konsumenten sind.

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