Food aktuell
Varia
6.11.2005
Die Maispalette erweitern


Aus Mais lässt sich kulinarisch mehr herausholen als Polenta oder Süssmais-Salat. Rheintaler Ribelmais als Beispiel erlebt heute eine Renaissance, auch in der Gastronomie. Mitgeholfen hat dabei sein AOC-Eintrag. Nun gibt es den Ribelmais auch als Convenienceprodukt im Portionenbeutel als «Fertigribel» - eine Neuheit für Delikatessengeschäfte.

Ribelmais war einst Hauptnahrung der Rheintaler, geriet aber in Vergessenheit oder wurde als «Hühnerfutter» belächelt. Doch die heutigen Kunden haben kaum solche Vorurteile. Vor einigen Jahren gründete sich der «Verein Rheintaler Ribelmais», der die geschützte Ursprungsbezeichnung durchsetzte. AOC- und Marken-Schutzrechte sind eine zunehmende Strategie der Produzenten. Beispiele: «UrDinkel», «Ebly» oder «Amandine»-Kartoffeln.

Der Verein will aber mehr erreichen, nämlich die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und regionaler Gastronomie fördern. Dazu gab er das «Ribel-Buch» heraus mit illustrierten Informationen von der Geschichte über den Ribel (von Rheintalern «Türgge» genannt) bis zu Rezepten.

Hanspeter Trachsel, Mitautor, Küchenchef und Inhaber des Hotels Schiff im St.Gallischen Buriet-Thal verkauft Ribelmais-Gerichte ebenso gut wie Pastagerichte. «Gewiss hat der AOC-Eintrag beim Erfolg mitgeholfen und die Bekanntheit gesteigert», meint der Gourmetkoch. «Aber die neuen Rezepte sind besser: Die Beilagen werden feuchter und weicher».


Aufklärung nötig

Im Gegensatz zur Polenta bereitet man den Ribelmais mit wenig Flüssigkeit zu und bratet ihn mit viel Fettstoff bis er ribelt (goldbraune Krümel bilden sich). Eines der neuen Rezepte sind Ribelspitzen: dreieckig geformt mit Reibkäse. «Traditioneller Ribel gleicht dem Risotto, ist aber nicht gebunden», erklärt Trachsel.

Die Marke «Rheintaler Ribelmais» ist nicht nur ein Marketing-Gag: «Diese Maissorte ist härter, benötigt längere Kochzeit und schmeckt nussiger», so Trachsel. «Sie gleicht dem mexikanischen Tortillamais». Aber ausserhalb der Ostschweiz muss ein Gastronom oder Delikatessenhändler Aufklärung betreiben, wenn er Ribelmais anbietet.

Einen Innovationsschub ausgelöst

Der AOC-Eintrag beflügelte die gesamte Wertschöpfungskette: Der Ribelmais-Anbau stieg stark an, und über dreissig Innovationen tauchten auf dem Markt auf. Beispiele: Türggebrot, Ribelbier (Brauerei Sonnenbräu, Rebstein), und Ribelnudeln (Biopasta Bonetti, Bad Ragaz).

Als zertifizierte Zutat der Region spielt der Ribelmais eine wichtige Rolle bei Gastronomen, die sich am Regionalprogramm «Culinarium Ostschweiz» beteiligen und regionale Produkte verwenden. Aber es gibt nur wenige Mühlen, die Ribelmais vermahlen wie Meyerhans Hotz AG in Rheineck oder Stricker AG in Grabs.

Früher war Ribel die Kost der Armen. Die richtige Zubereitung blieb oft ein Hausfrauengeheimnis. Die einen mischten den Teig mit Griess, andere mit Mehl oder verwendeten Milch statt Milchwasser. Im letzten Weltkrieg fand Ribel wieder Einzug in die Rheintaler Küchen, aber Fette waren rationiert: Eine Anekdote erzählt, dass man den Ribel nicht bei Durchzug rühren durfte, da er mangels Butter aus der Pfanne flog.

Fertigribel aus der Mikrowelle?


Den AOC-Ribel gibt es nun auch als Convenience-Produkt im Portionenbeutel (mit Milch, Butter, Salz. Fettgehalt circa vier Prozent). Walter Eschenmoser, Bäcker im Rheintaler Dorf Balgach (Beck Eschenmoser), entwickelte diesen Fertigribel und vertreibt ihn über die Rorschacher Molkerei Fuchs. Man kann ihn in der Mikrowelle wärmen aber schmackhafter, farblich attraktiver und «ribeliger» wird er mit Butter in der Pfanne gebraten. (erstes Bild)

Sein Geschmack ist weit von Polenta entfernt und erinnert nur schwach an Mais. Weisser Mais, zu welchem Ribelmais gehört, schmeckt generell weniger «maisig» und wird daher auch für edle Tortillachips verwendet. Der Ribel besitzt dafür eine elegante Röstgetreide- und Butternote. Rheintaler essen ihn mit Apfelmus oder Kompott und Milchkaffee.

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