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| 5.5.2007 - Rubrik: Backwaren & Confiserie
| Druckansicht | Industrie- kontra Handwerk-Glace
Die Industrie besitzt effizientere Verfahrenstechniken zur Glaceherstellung als das Handwerk, aber dieses trumpft mit edlen Rezepten und mehr Frische. Bei Premium-Glace verwendet die Industrie zwar auch edle Zutaten, kommt aber wegen der Haltbarkeits-Anforderung meistens nicht um Zusatzstoffe oder funktionelle Zutaten herum.
Preislich ist industriell hergestellte Glace kaum zu schlagen, anders bei der Qualität: laut einer Studie der Konditorei-Fachschule Richemont wird handgemachte Glace mehrheitlich bevorzugt. Wie unterscheiden sich handwerkliche von industriellen Produkten? Am besten sichtbar im Rezept: Gewerbliche Hersteller verwenden meistens Rezepte mit grösseren Anteilen von edlen und frischen Zutaten wie Früchten, Eigelb und Frischrahm. Diese schmecken voller und natürlicher als synthetische Aromen.
Die in Industrieprodukten üblichen Halbfabrikate sind dagegen bereits thermisch belastet und der Aromaverlust wird mit zugesetzten Aromen mehr oder weniger ausgeglichen. Einen Mittelweg wählen Mövenpick sowie Häagen-Dasz, welche Glace zwar industriell herstellen, dies aber nahe an gewerblichen Rezepten mit edlen Zutaten. Ihre Produkte sind auch preislich wesentlich höher positioniert.
Luft als Qualitätsfaktor
Weltweit verkauft man Glace nicht nach Gewicht sondern Volumen. Die Glace-Emulsion wird während des Freezens geschäumt – wie stark dies geschieht, ist ein weiterer Unterschied zwischen handwerklicher und industrieller Herstellweise. Bei handwerklicher liegt der Volumen-Aufschlag (Overrun) meistens unter 80%, d.h. das Volumens wird um 80% erhöht. Industrie-Glace reicht hingegen bis 100% bzw 500 g/L. Die LGV schreibt ein Minimum von 450 g/L vor. In der Tat ändert sich die Qualität, wenn man bei einem gegebenen Rezept den Overrun erhöht.
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Mövenpick-Lutscher:
Industriell (bei Frisco) hergestellt aber rezeptorisch auf dem Niveau von gewerblicher Premiumglace. Auch in form und Dekor mit handwerklicher Anmutung.
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Auch die Zutatenmix-Reifezeit hat Einfluss auf die Qualität: Zum Einen kristallisiert das Fett nur langsam, zum Andern benötigen die Stabilisatoren Zeit zum Quellen. Und bei längerem Reifen bleibt die Luft besser im Produkt und macht es schmelz-beständiger. Sowohl die Industrie wie das Gewerbe praktizieren Reifezeiten im grossen Spektrum von 3 bis 24 Std.
Megathema: Cremigkeit
Tiefkühl- bzw Lager-Glace ist nach dem Freezer zwar «soft», wird aber dann zum Lagern «gehärtet» sprich schockgefroren, um eine feine Kristallstruktur zu erzielen und das Produkt haltbar zu machen. Hart soll Glace gerade nicht werden sondern auch bei -18° cremig, portionierbar und löffelfähig bleiben. Darin liegt die grosse Herausforderung der industriellen Glaceherstellung. Die Cremigkeit hängt nicht nur vom Rezept ab sondern auch von physikalischen Eigenschaften: der Mikrostruktur der Eiskristalle, Fettkügelchen und Luftbläschen.
Wie man die Cremigkeit verbessert, war ein Thema an einer Rheologie-Tagung der ETH: Man muss besonders kleine Eiskristalle, Luftblasen und Fettkügelchen erzeugen. Vor einigen Jahren erfand Erich Windhab, Professor für Lebensmittel-Verfahrenstechnik an der ETH einen Glace-«Extruder», der das Produkt «mit weniger Fett cremiger macht als das traditionelle Verfahren mit «Freezen» und «Härten».
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Ein Wettbewerbsvorteil bei gewerblichen Produkten ist die sichtbare Handwerkskunst wie hier bei Mandarinen-Glace der Zürcher Confiserie Bauer in echten Mandarinenschalen.
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Die Lübecker Firma «Schröder» baut den Extruder, und Nestlé in Deutschland verwendet ihn als erste. Auch Tetra Pak bietet einen Freezer an, welcher nach diesem Prinzip arbeitet und den Mix statt auf auf –12°C statt wie üblich –6°C kühlt. Dadurch entsteht eine feinere Kristallstruktur bzw ein cremigeres Produkt. Cremig ist Glace auch, wenn man sie frisch herstellt und weniger tief gefroren konsumiert, sprich bei -12°C. Ferner wird sie auch mit höherem Fettgehalt cremiger, allerdings steigen dabei die Rezeptkosten sowie die «Kilokalorien».
Viele gewerbliche Glace-Hersteller verzichten auf künstliche Zusatzstoffe, aber Stabilisatoren sind für Lagerglace kaum verzichtbar. Sogar Bioglace, wie von Mister Cool AG hergestellt, enthält biologisch produziertes Johannisbrotkernmehl. Aber auch industrielle Hersteller wie Mövenpick und Häagen-Dasz vermeiden Zusatzstoffe, indem sie färbende Fruchtsäfte, Milcheiweiss sowie Eigelb zur Emulgierung und Stärke zur Stabilisierung einsetzen.
Dabei sind Kompromisse bei der Cremigkeit unvermeidlich. Mövenpick kompensiert dies mit höherem Aufschlag. Häagen-Dasz-Produkte hingegen sind fester, weil sie weniger Overrun haben, aber dadurch sind sie im Aroma intensiver. Andere Glacefabriken verwenden Einfach- und Zweifach-Fettsäuren-Glyceride, die wirksamer sind als Eigelb.
Unterschiedliche Hygiene-Erfahrungen
Ein nicht zu vernachlässigender Unterschied zwischen industrieller und klein-gewerblicher Herstellung ist die Hygienekonstanz: Glace ist hygienisch anspruchsvoll, und der Industrie gelingt ein konstanteres Hygieneniveau als einigen kleingewerblichen Herstellern.
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Der Pralinato-Lutscher von Frisco ist einer der Industrieglace-Bestseller. Er enthält einen Chocokern, der dank ausgeklügelter Fettkomposition auch bei minus 18 Grad nicht splitterhart wird.
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«Hygenic Design» ist aber den Glacemaschinen-Konstrukteuren bewusst: Die deutsche Firma Kälte-Rudi wirbt mit «voll verschweisstem Kessel» und «Ott-Freezer» mit «dichtungsfreier Bauweise». Auch moderne Softeismaschinen sind hygienisch sicher: Z.B. «Coldelite» arbeitet mit einer geschlossenen Bag-in-Box, die Flüssigmix enthält.
Weiterlesen: Industrie- oder Hausglace?
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