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| 21.7.2007 - Rubrik: Backwaren & Confiserie
| Druckansicht | Brotgetreide-Ernte landet im Futtertrog
Das nasse Wetter im Frühsommer
verdirbt den Getreidebauern
ihre Ernte. Die Mühlen übernehmen die Ware zu
tieferen Preisen und sprechen noch nicht von einem Versorgungsengpass für Brotmehl.
Seit einer Woche laufen die Mähdrescher (Bild)
auf Hochtouren. Die Bauern wollen ihr Getreide
ernten, solange das gute Wetter anhält.
Doch die diesjährigen nassen Wetterbedingungen
lassen zu wünschen übrig.
Der sogenannte Auswuchs ist es, der den
Bauern Sorgen macht: Ist das Wetter zu
nass, keimt das Korn an den Ähren, bevor
es geerntet werden kann.
Für Brotmehl gelten hohe Qualitätsstandards.
Schlechteres Getreide wandert in
den Futtertrog der Schweine, Hühner und
Kühe.
Erreicht das Getreide nicht die Qualität,
um Brot herstellen zu können, wird es
zu Futterweizen deklassiert. Die Abgrenzung
zwischen Brot- und Futtergetreide
wird durch die so genannten Fallzahl definiert.
Mit der Fallzahl wird der Auswuchsgrad
festgestellt, was Rückschlüsse auf den
Stärkegehalt zulässt. Der Name rührt daher,
weil mit der Fallzahl die Zeit gemessen
wird, die ein Stab benötigt, um durch einen
Stärkekleister aus Mehl und Wasser zu fallen.
Zuviel Stärke im Mehl führt zu einer
Verkleisterung des Teiges. Vereinfacht gesagt:
Je geringer die Fallzahl, desto schlechter
die Mehlqualität.
Weil zu Erntebeginn viel Getreide vom Auswuchs
betroffen war, hat die Branchenorganisation
Swiss Granum die Fallzahl-Limite
nach unten geschraubt. So sollen die
Bauern trotz schlechterer Qualität mehr
Ware als Brotgetreide abgeben und dementsprechend
einen höheren Preis lösen
können. Durchschnittlich erhält ein Bauer
pro 100 Kilogramm Brotgetreide 50 bis 55
Franken, pro 100 Kilogramm Futterweizen
40 Franken.
Trotzdem backfähiges Brotmehl?
Auf eine Senkung der Fallzahl haben allen
voran die Getreideproduzenten gepocht.
Für die Qualität sei das kein Problem, sagen
sie. „Auch mit einer geringeren Fallzahl
ist die Getreidequalität noch hochwertig.
Damit können die Bäcker noch gutes
Brot backen”, sagt Olivier Sonderegger,
Geschäftsführer des Getreideproduzentenverbands.
Zudem sei die Fallzahl nur eines
von vielen Kriterien zur Bestimmung der
Getreidequalität.
Dass die Produzenten dies so sehen, ist
nicht verwunderlich – schliesslich wollen
sie ihr Getreide zu einem möglichst guten
Preis verkaufen. Aber auch die Mühlen
konnten bei der Entscheidung von Swiss
Granum mitreden und werden darum das
Brotgetreide mit der geringeren Fallzahl
abnehmen. Sie schätzen die ausserordentliche
Reduktion der Fallzahl-Limite in diesem Jahr nicht als
schlimm ein.
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Die Fallzahl und viele weitere Mehlqualitäts-Kennzahlen werden auch im Mehllabor der Fachschule Richemont (Bild) gemessen.
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„Für die Mehlqualität ist nicht
nur die Fallzahl ausschlaggebend”, bestätigt Martin Rychener von Swissmill. Swissmill
ist die führende Getreidemühle in der
Schweiz und gehört zu Coop. Neben der
Fallzahl bestimmen laut Rychener viele
weitere Faktoren die Mehl- respektive die
Brotqualität, wie beispielsweise der Proteingehalt,
der wiederum von der Sorte und
der Anbaumethode abhängt.
Bis zur Hälfte der Ernte vom
Auswuchs betroffen
Zwar ist der zweite grosse Hauptabnehmer,
die Migros, nicht in der Branchenorganisation
Swiss Granum vertreten. Dennoch wird
auch bei der Migros Getreide aus der heurigen
Ernte ins Brot gelangen. Die Produzentenorganisation
IP-Suisse – die hauptsächlich
die Migros beliefert – unterstützt
nämlich den Entscheid von Swiss Granum.
Dies würde IP-Suisse wohl nicht tun, könnte
sie das Getreide der Migros nicht liefern.
Obschon die Fallzahllimite beim Brotgetreide
gesenkt worden ist, kann also noch
qualitativ hochstehendes Brot gebacken
werden.
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Dauerregen kann zu Auswuchs führen (Bild). Dabei keimen die Ähren, bevor derWeizen geerntet werden kann. Das beeinflusst die Mehlqualität.
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Für viele Bauern ist das jedoch
kein Trost: Zwar ist noch nicht die ganze
Getreideernte eingefahren, die Qualitätseinbussen
können noch nicht beziffert werden.
Bis jetzt sieht es aber nicht gut aus:
Gemäss Swiss Granum ist die Getreideernte
in den frühreifen und tiefer gelegenen
Gebieten der West- und Nordostschweiz
und dem Mittelland stark vom
Auswuchs betroffen. Es gebe Gebiete, in
denen bis zur Hälfte des Weizens von Brotzu
Futtergetreide deklassiert werden musste,
trotz der Senkung der Fallzahllimite.
Das
heisst für den einzelnen Bauern rund ein
Viertel weniger Geld für seine Ernte. Statt
55 erhält er lediglich 40 Franken pro 100
Kilogramm Getreide. Während sich bei vielen Bauern die Ernte
also aufs Portemonnaie auswirkt, kann
man die Situation bei den Müllern noch nicht
abschätzen. Ein Versorgungsengpass für
die Brotherstellung ist noch nicht absehbar.
„Die Importkontingente für Getreide sind
noch nicht ausgeschöpft”, sagt Werner
Spycher vom Bundesamt für Landwirtschaft.
Jedoch sei die Ertragssituation im
Ausland ähnlich, die Getreide-Hauptlieferanten
Deutschland und Frankreich könnten
aufgrund des schlechten Wetters auch
nicht Weizen im Überfluss anbieten.
Steigt der Brotpreis?
„Da im Ausland qualitativ hochwertigen
Weizen rar ist, treibt dies den Preis des importierten
Getreides in die Höhe. Und dies
kann Auswirkungen auf die Brotpreise haben”,
sagt Fritz Rothen, Geschäftsführer
von IP-Suisse. Dies werde wohl oder übel
der Konsument im Portemonnaie zu spüren
bekommen, meint er.
Swissmill-Leiter Josef
Achermann relativiert: Derzeit könnten die
Mühlen noch gar kein Getreide der heurigen
Ernte kaufen. „Prognosen über die
Brotpreise sind also noch gar nicht machbar.”
Zudem mache der Mehlanteil im Brot
lediglich 10 bis 30 Prozent aus.
Die Hälfte landet im Trog
Im letzten Jahr produzierten die
Schweizer Ackerbauern 1 Millionen Tonnen
Getreide. Gut die Hälfte davon wird
zu Brot verarbeitet, die andere Hälfte
wird den Schweinen, Hühnern und dem
Vieh verfüttert. Zusätzlich zur Inlandproduktion
wurden rund 500‘000 Tonnen
Getreide aus dem Ausland importiert.
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Text: Helene Soltermann, LID. Bilder: LID, SBI, foodaktuell
Weiterlesen: Mehlqualität der Weizenernte 2006
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