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| 2.6.2007 - Rubrik: Backwaren & Confiserie
| Druckansicht | Geliermittel und -technologie
foodaktuell gibt einen Überblick über die üblichen Geliermethoden, Geliermittel und ihre Funktionsweise.
In gewerblichen Konditoreien verwendet man gemäss Angaben der Fachschule Richemont Blatt- oder Pulvergelatine, Agar-Agar in Pulverform, gebrauchsfertige oder konzentrierte Pektingelées, Pektinpulver für Konfitüren und kalt streichbare Geliermittellösungen, wenn der Glanz im Vordergrund steht: Diese Kaltgele sind oft thixotrop und daher weniger formstabil.
Sie basieren gemäss der Zusatzstoff-Firma Smart Trading entweder auf zwei Phasen, die kurz vor der Gelierung gemischt werden (hochverestertes Pektin und als zeitverzögerter «Starter» Säure und Calcium). Oder für einphasige verwendet man Compounds aus niederverestertem Pektin mit Johannisbrotkernmehl (JBKM).
Bei der industriellen Herstellung von Konditoreiwaren werden üblicherweise pektinbasierte Fruchtglasur-Konzentrate von 70 Brix auf 40 Brix verdünnt und durch Sprühen bei 85 Grad appliziert. Für das Gelieren von Cremetorten verwendet die Industrie oft Flüssig-Halbfabrikate basierend auf Carragenan oder Alginat und für das Mundgefühl zwei bis drei Prozent Stärke.
Gewerbliche Konditoren dagegen bevorzugen oft heiss oder kalt lösliche Pulvermischungen. Kaltcremen bestehen gemäss Smart Trading meistens aus Alginaten oder Carragenanen. Alginate gelieren calciuminduziert. Damit die Gelierung zeitverzögert eintritt, komplexiert bzw «beschwert» man das Calcium mit Phosphaten, so dass es verlangsamt abgegeben wird.
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Mit Alginat gelierter Erdbeersaft: in der molekularen Küche als Dekorperlen verwendet.
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Verdicken statt Gelieren
Oft ist keine Gelierung nötig, sondern eine hohe Viskosität reicht aus, etwa bei Cremeschnittenfüllungen. Dazu verwendet man Alginate und Stärken. Zum Verdicken eignen sich zwar Zutaten (ohne E-Nummern), aber sie wirken nur in wesentlich höherer Dosierung als Zusatzstoffe und belasten dadurch das Rezept mit meistens unerwünschten Kalorien. Beispiele: Fette, Rahm, Eigelb, Stärke und Dextrine. Verdickungsmittel dagegen erzeugen ein cremiges Mundgefühl ohne eine Energiewert-Steigerung.
Stärke besitzt ferner unangenehme sensorische Begleiterscheinungen wie Kleistrigkeit und Sandigkeit bei hoher Dosierung. Aber geringe Stärkemengen ergeben ein cremiges Mundgefühl, und Eigelb liefert ausserdem einen typischen Geschmack, der eine Vanillecreme veredeln kann.
Meistens verwendet man zum Verdicken modifizierte Stärke (vorverkleisterte, teil-abgebaute) mit günstigerem Dosis-Wirkungsverhältnis und besserer Löslichkeit bei tieferen Temperaturen. Trotzdem ist sie gemäss dem Zusatzstoff-Spezialisten Hanspeter Dietrich von der Firma Eurofins kein sinnvoller Ersatz für Geliermittel ausser in einer Clean Label-Rezeptur. Auch Eiweiss hat verdickende Wirkung, ist aber ein Grenzfall: in genügend hoher Dosierung geliert es.
Rheologische Begriffe: Geliertypologie
Von Gelierung spricht man, wenn ein Produkt zwar wasserreich aber dennoch schnittfest ist.
Rheologen bezeichnen dies als hohe Fliessgrenze im Gegensatz zu einer hohen Viskosität. Viskose Produkte fliessen unter Scherstress ohne zu brechen, thixotrope dagegen fliessen unter Stress und bilden im Ruhezustand wieder eine Fliessgrenze. Bei Gelen unterscheidet man zwischen elastischer und plastischer Konsistenz, je nachdem, ob sich die Form nach dem Stress zurückbildet oder nicht (auch Zwischenformen kommen vor). Gummibärchen beispielsweise sind elastisch, und Marzipan oder Quark bei fünf Grad sind plastisch.
Sowohl Verdickungs- wie auch Geliermittel immobilisieren bzw binden das Wasser durch Wasserstoffbrücken, aber nur Geliermittel bilden gleichzeitig ein dreidimensionales molekulares Netzwerk aus. Stofflich bestehen sie aus Proteinen oder Polysacchariden (Hydrokolloiden). Sehr dickflüssige Produkte wie Zuckerfondant können kurzzeitig eine Fliessgrenze vortäuschen (pseudo-plastisch), und einige zu niedrig dosierte Geliermittel erhöhen die Viskosität, bevor sie eine Fliessgrenze ausbilden.
Gelier- und Verdickungsmittel im Überblick
Gelatine: keine E-Nummer, Kollagenprotein aus Schwarte, transparentes Gel, thermoreversibel, wird durch Säure und Proteasen (zB in Ananas) abgebaut
E 400 bis 405: Alginate: kalt löslich, verdickend, gelierend mit Calcium und Säure, pseudoplastisch oder elastisches Gel, teuer, im Gaumen kalt wirkend. Aus Braunalgen
E 406: Agar-Agar: schnell gelierend aber mit variierender Gelierkraft, löslich durch Kochen, geschmacksneutral, empfindlich gegen Säuren und Fett, temperaturstabiles Gel, unverdaulich, aus Rotalgen. Teuer.
E 407: Carragenan: warm löslich, gelierend, pH-empfindlich. Aus Rotalgen
E 410: Johannisbrotkernmehl (, JBKM, Carob, Locust Bean Gum): vollständig löslich bei 80 Grad, verdickend, verdauungsfördernd. Aus Hülsenfruchtkernen
E 412: Guar: kalt löslich, verdickend, pH-empfindlich. Aus Hülsenfrucht.
E 414: Gummi Arabicum: Verdickungsmittel aus dem Harz des afrikanischen Akazienbaums. Verhindert die Zuckerkristallisation.
E 415: Xanthan: kalt löslich, verdickend, säurestabil
E 440: Pektine: aus Obst, transparentesGel, nicht thermoreversibel (behalten die Struktur beim Erwärmen), verestert mit Carboxylgruppen, am stabilsten bei pH 3 bis 4. Hochveresterte Pektine (Veresterungsgrad 50-75%): warm löslich, weich elastisch gelierend mit Säure und Zucker. Nicht thermoreversibel, säurestabil.Niederveresterte Pektine (Veresterungsgrad 7-50%): gelierend mit wenig Säure aber Calium-induziert. Thermoreversibel, säurestabil.
E 461 bis 466: Cellulosederivate: chemisch veränderte Cellulose. Methylcellulose verdickt in der Wärme – eine einzigartige Eigenschaft.
E 1404 bis 1451 oder ohne E-Nummer: Modifizierte Stärken: je nach Typ kalt oder warm löslich, verdickend, aus Getreide oder Knollen.
Quellen: Danisco, Smart Trading, Eurofins Scientific AG
Weiterlesen: Trends beim Gelieren
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