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| 28.1.2006 - Rubrik: Backwaren & Confiserie
| Druckansicht | Schokolade in Qualitätstests
Image, Qualität, Beliebtheit und Preis können bei Schokolade (oder Wein) zwar Hand in Hand gehen, müssen aber nicht. Die Tester von Kassensturz, Saldo & Co suchen gerne krasse Widersprüche zwischen Qualität und Preis - zu Recht, aber nur den Preis kann man objektiv messen. Bei der Qualität spielen die Kriterien eine Rolle, und man darf Qualität nicht mit Beliebtheit verwechseln. Und besonders gut muss man aufpassen, wenn man aus Resultaten von Stichproben Schlüsse zieht. Denn diese können nicht nur (zu) klein sein sondern auch willkürlich und unrepräsentativ.
Die französische Edelcouverture «Valrhona» gilt als «Rolls Royce», kostet allerdings dreissig bis siebzig Prozent mehr als der Durchschnitt, was teilweise durch aufwändiges Marketing begründet ist. Sie steht in der Verkaufs-Rangliste von Patiswiss mit Abstand an vorderster Stelle bei den hochprozentigen Couverturen (mit über sechzig Prozent Kakao).
Seit Jahren werden auch belgische Couverturen der Marke Callebaut importiert. Diese bieten ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und kosten zehn bis zwanzig Prozent weniger als Schweizer Couverture. Callebaut erreicht bei Pistor den fünften Rang von acht Couverturemarken und wird für Füllungen verwendet. Seit zehn Jahren bleiben die Verkaufszahlen laut Pistor stabil.
Premium und Economy
Eigenfertigungsprodukte der Confiserien gehören zum Premium- und Luxussegment. Aber im Standardsegment von Supermärkten sind sowohl Preise wie Qualitätsklassen meistens anders positioniert. Dies gilt auch für Tafeln:
Der «Kassensturz» verglich im Dezember 2003 Milchschokolade-Tafeln und berichtete, dass die Jury den Schweizer Produkten ausser Lindt keine guten Noten gab. Frey und Cailler waren nur «befriedigend», Lola (Coop) und M-Budget waren «überzuckert». «Die Jury war erstaunt, dass kein Schweizer Produkt gute Noten erzielte», kommentierten die «Kassenstürzer».
Aber diese Resultate darf man nicht verallgemeinern, denn sie kauften ihre Proben nur im Supermarkt ein. Und die Jury konnte nur jene Proben kommentieren, die ihr vorgelegt wurden. Darunter waren keine von Schweizer Confiserien, welche seit einigen Jahren oft Tafeln aus Edelcouverture herstellen.
Dass auch tiefe Noten vorkommen, beweist nur eine Marketingstrategie: Die mittelmässig taxierten Produkte gehören zur «Economy»-Klasse. Der Markt verlangt ja nicht nur hochpreisige Premiumprodukte. Ein Vergleich: Auch in der Hotellerie besitzt die Schweiz einen guten Ruf, trotzdem erwartet niemand, hier ausschliesslich Fünfsterne-Häuser vorzufinden.
Auch eine Economy-Schokolade kann Qualität und ein faires Preis-Leistungsverhältnis bieten. Man darf nicht Qualität und Klasse verwechseln. «Klasse» ist das Erwartungsniveau und «Qualität» dessen Erfüllungsgrad. Eine Nicht-Erfüllung sprich schlechte Qualität wäre etwa ein sandiger Schmelz (unzureichendes Feinwalzen). Oder rauchiger Kakaogeschmack (unsorgfältiger Kakao-Auswahl), was zuweilen auch bei drittklassiger Schweizer Schokolade vorkommt.
Die in Deutschland hergestellte und dort sehr erfolgreiche Milka erreichte nur ein «mässig».
Aber auch dieses Resultat ist zu relativieren, denn der deutsche Geschmack und demzufolge auch die Rezepte unterscheiden sich von schweizerischen: Milka ist eine ziemlich dunkle Milchschokolade aus schwach geröstetem Kakao. Schweizer dagegen lieben helle Milchschokolade aus stark geröstetem Kakao.
Aber dunkle milchfreie Schokoladen mit hochprozentigen Kakaoanteilen finden immer mehr Liebhaber (ausserdem sind sie gesünder dank den Kakao-Gerbstoffen und des tieferen Zuckergehaltes). Das Konsummagazin Saldo testete letztes Jahr dunkle Schokoadetafeln.
Als Siegerin ging eine der günstigsten hervor: Excellence Noir Extra Fin von Lindt (Fr. 2.40/100 g).
«Intensiv und charaktervoll», lobte Jury-Mitglied Werner Rüegsegger, früher Ausbildungschef des SKCV. Auch auf Rang zwei folgte eine günstige Schokolade: Noir Cacao extrême von Cailler (Fr. 2.40/100 g). Gleich gut gefielt den Experten «Grand Cru Arriba» von Sprüngli, aber weil diese mit Fr. 5.50 doppelt so teuer war, landete sie auf Rang 3.
Die mit Abstand teuerste Schokolade, «Puro Cacao Cult» der italienischen Confiserie Domori (in der Schweiz durch MGM GROUP CORPORATION vertrieben), fiel bei den Fachleuten durch: «Sehr bitter und unharmonisch» oder «Kochschokolade minderer Qualität» lauteten die Kommentare. Allerdings: In Italien wäre sie wohl besser benotet worden, weil die dortigen Vorlieben anders gelagert sind. Der unsaubere und unharmonische Geschmack, bei Wein «burschikos» genannt, gefällt den Italienern, wogegen Deutschschweizer einen dezenteren, eleganten Geschmack vorziehen.
Trotz aller Hochachtung für die Lindt-Bestnote muss man auch dieses Resultat relativieren, da die Stichprobe nicht umfassend war. Vor allem fehlte der Qualitätsleader Valrhona, welcher auch Tafeln verkauft.
Aufgrund von kleinen Stichproben darf man nur in sehr begrenztem Mass verallgemeinernde Schlüsse ziehen. Dies auch wenn die Proben zufällig gewählt sind. Und wenn sie willkürlich gewählt sind, ist eine Verallgemeinerung ohnehin unzulässig. Aber das Lob von Saldo betraf zu Recht auch das Preis-Leistungs-Verhältnis (Excellence war nicht nur die beste sondern auch eine günstige Tafel). Valrhona dagegen liegt im Luxus-Preissegement.
Preisschere bei Tafelschokolade
Schokolade wird im Durchschnitt allmählich billiger – vermutlich die Folge von zunehmenden Preisaktionen. Die Preisschere geht aber auf und reicht heute von -.50 für Dennerschoggi bis über zwei Franken für Lindt-Excellence – beides 100g-Tafeln, aber qualitativ in andern Dimensionen.
Importierte Schokoladen werden oft günstiger angeboten als einheimische. So kostet Milka aus Deutschland in Pick+Pay und EPA rund 1.30 statt mindestens 1.60 wie Schweizer Tafeln. Doch dem Billig-Trend zu folgen ist langfristig kontraproduktiv für einen Hersteller. Und «vom Image allein kann man nicht leben», meint man bei Lindt: «Auch Qualität und Innovationen sind wichtig».
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