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22.4.2006 - Rubrik: Backwaren & Confiserie
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Sauerteig

Sauerteig ist ein urtümliches Mittel zur Teig-Lockerung und Brot-Aromatisierung aber heute im Trend auch (wieder) bei Weizenmehlbroten. Seine Herstellung ist aufwändig, verbessert aber den Brot-Geschmack und verlängert die Frischhaltung. Einfacher und sicherer ist die Verwendung von qualitätskonstanten Halbfabrikaten. Trotzdem ist die eigene Sauerteigzucht keine Hexerei und kann sich für Spezialitäten lohnen. «foodaktuell» vergleicht verschiedene Methoden.


Sauerteig entsteht aus Mehl und Wasser, worin sich spontan Mikroorganismen aus dem Mehl und der Umgebungsluft entwickeln: Sowohl wilde Hefen wie auch Milchsäurebakterien.

Beide sind an der Aromabildung beteiligt, Hefen sorgen für den Trieb, und Milchsäurebakterien stiften die Säuren sowie ein wenig Gärgase. Doch ihre Triebkraft ist schwächer und langsamer.

Säuren verbessern die Frischhaltung des Brotes, weil sie die Quellung der Proteine und Hydrokolloide verbessern und beim Backen Stärke abbauen. Sie verlängern ferner die Haltbarkeit, indem sie das Wachstum von Schimmelpilzen und fadenziehenden Bakterien hemmen.

Bei den Milchsäurebakterien unterscheidet man homofermentative und heterofermentative. Beide bilden Milchsäure, die heterofermentativen jedoch auch Essigsäure, Alkohol und Kohlendioxidgas. Das von heterofermentativen Milchsäurebakterien gebildete Gas trägt ebenso wie das von den Hefen gebildete zum Trieb bei. Sauerteige sind eine der wenigen Lebensmittel-Fermentationen mit heterofermentativen Milchsäurebakterien.

Wettbewerb der Mikroorganismen

An einem Forum zum Thema Sauerteig, veranstaltet von der Gesellschaft Deutscher Lebensmitteltechnologen GDL in D-Minden, erläuterte die deutsche Firma Ernst Böcker GmbH die Kulturen bei der Backwaren-Anwendung: Die Starterkulturen müssen wettbewerbsstark sein, um sich gegen die natürliche Mehlflora durchzusetzen. Denn das Mehl wird nicht wie ein Milchprodukt vorher pasteurisiert.

Zur Herstellung von solchen Startern werden die Milchsäurebakterien in künstlichen Nährmedien unter sterilen Bedingungen (Reinkulturen oder Reinzuchten) oder in echten Sauerteigen gezüchtet. Die Vorteile der letzteren Methode: stabile Mikroflora, gute Säuerungsaktivität, und relativ unempfindlich gegenüber Temperaturschwankungen.

Bei Reinzuchten hingegen stammen die Bakterien zwar urspünglich aus Sauerteigen, sind aber nicht mehr optimal an die darin herrschenden Bedingungen angepasst. Sie sind weniger durchsetzungsfähig und lassen sich leicht überwuchern. Daraus folgen lange Anpassungsphasen und ein begrenzter Temperaturspielraum.

Die Mikroorganismen der Convenience-Sauerteige von Böcker stammen aus Sauerteig-Zuchten. Diese Firma führt notabene ein eigenes Sauerteig-Forschungsinstitut. In der Schweiz spezialisierte sich Hochdorf Nutribake AG auf getrocknete Sauerteige und Sauerteig-Halbfabrikate, die sie gemeinsam mit der Fachschule Richemont in Luzern entwickelte. Weitere Spezialisten und Lieferanten sind: Puratos, Agrano sowie Pistor.

Angeboten werden Sauerteig-Halbfabrikate getrocknet, pastös, aktiv und inaktiv. Gemäss Herbert J. Buckenhüskes, Präsident der Gesellschaft deutscher Lebensmittel-Technologen GDL, bestehen keine systematschen Qualitätsunterschiede zwischen diesen Formen. Ausnahme: die inaktiven dienen nur der Geschmacksverbesserung. Doch dies ist heute der wichtigste Zweck der Sauerteig-Verwendung. Buckenhüskes hielt kürzlich an der ETH Zürich einen Vortrag über die Geschichte des Sauerteigs.

Prozessführung beeinflusst Geschmack

Bei der klassischen Sauerteig-Herstellung, der Drei-Stufen-Führung über 24 Stunden, lässt man wilde Hefen und Bakterien des Getreides und der Luft spontan gären. In der ersten Stufe schafft man günstige Bedingungen für die Hefen, in der zweiten für die Bakterien. Bäckerhefe sowie die meisten andern Hefestämme sind empfindlich auf die Säuren des Sauerteigs, vor allem auf die bakteriostatische Essigsäure. Milchsäure dagegen hemmt die Hefeentwicklung kaum, solange der pH-Wert nicht unter 5 fällt. Sie schützt die Hefe sogar vor Fremdkeimen. Aber bei einem einstufigen Prozess würden die Bakterien die Hefen verdrängen.

Die dritte Stufe dient der Einstellung des Verhältnisses von Essig- zu Milchsäure. Je höher die Temperatur und der Wassergehalt, desto mehr Milchsäure entsteht. Niedrige Temperaturen dagegen begünstigen die Vermehrung der Essigsäure-Bildner. Diese heterofermentativen Lactobazillen erzeugen rund 80% Milch- und 20% Essigsäure. Milchsäure ist zwar stärker, Essigsäure jedoch bei tieferer Konzentration wahrnehmbar und ergibt bei zu hohen Mengen einen stechenden Geruch.

Die Sauerteigführung ist aufwändig, aber man erzielt einen besonders charaktervollen Brotgeschmack. Die Milchsäure selbst liefert nur die säuerliche Note, aber aktive Bakterien bauen enzymatisch Protein ab und schaffen die Grundlage für Brotaromen: Die frei werdenden Aminosäuren können an der Bräunungsreaktion teilnehmen.

Normalerweise führt man einen dreistufigen Sauerteig kontinuierlich weiter: Man verwendet nur einen Teil direkt als Komponente im Brotteig und züchtet den Rest weiter für die nächste Produktion. Dazu stoppt man die Gärung entweder durch Kühlung oder Trocknung. Allerdings gibt es auch ein Schnellverfahren sprich Kurzsauer. Bei dieser reduzierten Führung züchtet man nur die Säurebildner und setzt Hefe in Form von reiner Pressehefe zu.

Die Hefe produziert gemäss Erfahrung der auf Sauerteig-Halbfabrikate spezialisierten Firma Puratos auch kleine Mengen von Essigsäure, unterstützt durch Milchsäurebakterien, die aus dem Getreide stammen. Oder durch Sauerteigreste in der Maschine: Diese Effekte strebt der Bäcker an, wenn er Weizenteige über 24 Std führt und damit ein besonders schmackhaftes Brot erzeugt.

Manuelle Herstellung

Gewerbliche Bäckereien stellen eigene Sauerteige meistens von Hand her. Dabei entstehen Schwankungen: Bei frisch fermentierten Sauerteigen kann leicht Über- oder Untersäuerung auftreten. Einige impfen die Starterkultur mit geraffelten Äpfeln, andere mit Traubenmost. Die Zürcher Bäckerei Vierlinden mischt Roggenmehl mit Wasser und Joghurt und frischt den Ansatz täglich mit Mehl und Wasser auf (erstes Bild: Fermenter bei «Vierlinden»).

Dieser «Sauerteig-Chef» sollte am Ende seiner einwöchigen Ruhezeit in fünf Stunden sein Volumen verdoppeln. Dann gilt er nach den Masstäben der Bäckerei-Fachschule Richemont als «ausgereift».

Die Gärungstätigkeit des «Chefs» kann man mit Mehlzugabe reduzieren. Dabei sinkt die Wasseraktivität, so dass er im Kühlraum haltbar wird. Um ihn wieder zu aktivieren, verdünnt man ihn mit der zehnfachen Mehl- und Wassermenge und lässt ihn zwanzig Stunden gären. Diesen «Hebel» mischt man in die dreifache Mehl- und Wassermenge und erhält den «grünen» Brotteig. Vor dem Backen sollte dieser nochmals ruhen, damit er aufgeht. Eine Sauerteigkultur kann man ferner auch künstlich trocknen oder tiefkühlen und nach dem auftauen weiterverwenden.

Sowohl bei der automatischen wie der manuellen Merthode arbeitet der Bäcker wie ein Biotechnologe, jedoch mit eigenen Kulturen, die sich von Betrieb zu Betrieb unterscheiden in Geschmack und Aktivität. Die Mikroflora, die vor allem von der Schale des Getreidekorns stammt, befindet sich zwar auch in der Luft, ist aber keine stabile oder standardisierte Kultur.

Weiterlesen: Sauerteig-Convenience
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