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| 11.7.2014 - Rubrik: Backwaren & Confiserie
| Druckansicht | Weizen-Züchtungsziele für die Industrie
Wer Weizen nicht verträgt, muss auf glutenfreie Produkte umsteigen. In der Getreidezüchtung findet diese Unverträglichkeit keine Beachtung – stattdessen fokussiert man auf industrielle Verarbeitungsqualität.
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Nebst der bekannten Zöliakie, einer Autoimmun-Krankheit bzw Weizenallergie gibt es auch eine "Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität" wie man seit Kurzen weiss.
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Nahezu jedes dritte Lebensmittel im Laden enthält in irgendeiner Form Weizen. Doch Weizen leidet unter einem Imageproblem. Die Zahl der Personen, die eine "Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität" haben, nimmt laufend zu. Diese Krankheit wurde 2012 erstmals beschrieben. Kurz darauf identifizierte eine internationale Forschergruppe um Prof. Detlef Schuppan die Eiweisse der Amylase Trypsin Inhibitoren (ATI) als Auslöser.
Schuppan warf der modernen Weizenzüchtung vor, dafür verantwortlich zu sein: "Wir wissen, dass wir mit den neuen Sorten einen hohen Ertrag haben, aber eben auch Nachteile erkaufen. Es ist durchaus denkbar, dass wir wieder zu alten Sorten zurückkommen, die geringere Erträge haben, dafür aber einen höheren Nährwert und weniger Substanzen wie ATI." Damit kam Schuppan gut an, denn alte Sorten geniessen einen hohen Sympathiewert und viele Konsumenten weichen inzwischen auf Dinkel aus.
Sauerteig als Problemlöser?
Der Biologe und Getreideforscher Peer Schilperoord kann sich mit dieser These allerdings nicht anfreunden: "Das würde ja bedeuten, dass die moderne Weizenzüchtung dazu führt, dass ein Teil der Bevölkerung nun auf Produkte mit Weizen verzichten müsse." Denn glutensensitiven Personen wird eine weizenfreie, genauer, eine glutenfreie Diät empfohlen.
Schilperoord hat kürzlich eine Literaturstudie zu diesem Thema durchgeführt und festgestellt, dass es mehr offene als geklärte Fragen dazu gibt. Schilperoord: "Neue, noch unveröffentlichte Daten zeigen, dass es weniger auf die Getreideart, als vielmehr auf die einzelne Sorte ankommt. Es gibt sowohl moderne als auch alte Sorten, die in vitro zu einer geringeren Unverträglichkeit führten."
Noch scheint es schwierig zu sein, den ATI-Gehalt zu bestimmen. Zudem sagt der Gehalt allein offenbar wenig über die Verträglichkeit aus. Sonst müsste es auch bei älteren Dinkelsorten negative Reaktionen geben, da Dinkel ja aus einer Kreuzung zwischen Emmer und Weizen entstanden ist. Offenbar sind nur gewisse Eiweiss-Bruchteile für die unerwünschte Reaktion verantwortlich. Deren Entstehung kann durch Gärung beeinflusst werden.
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Roggen und Sauerteig haben Tradition: Brotgestell in einer deutschen Bäckerei
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Schilperoord: "Man vermutet ja auch, dass die im Vergleich zu anderen Ländern nur halb so hohe Zahl Zöliakiepatienten in Deutschland mit der dortigen Sauerteigtradition zusammenhängt." Wenn man mit Sauerteigbakterien den ATI Gehalt senken will, müsste man allerdings die Schweizer Brotkultur über Bord werfen.
Fokus auf Verarbeitungsqualität
Schilperoord bezweifelt, dass dies nötig ist: "Ich frage mich eher, ob nicht die verarbeitungstechnischen Anforderungen, die an Weizensorten gestellt werden, zu einer Anreicherung mit ATI führen." ATI schützen Pflanzen einerseits gegen Fressfeinde, andererseits behindern sie beim Menschen den Stärke- und Eiweissabbau. Fest steht, dass der ATI-Gehalt umso höher ist, je höher der Eiweissgehalt. Hohe Eiweissgehalte sind bei der verarbeitenden Industrie gefragter denn je; oft wird dem Mehl sogar noch Gluten zugesetzt.
Das ist verständlich, denn die heutigen Brote müssen in erster Linie industrietauglich sein. Immer mehr Brot gelangt als tiefgekühlter Teig oder Teigling zu den Verkaufsstellen in denen nur noch aufgebacken wird. Auf Druck der Industrie wird ab diesem Jahr das Getreide in Abhängigkeit vom Eiweissgehalt bezahlt. Die Bauern werden also belohnt, wenn sie möglichst viel Eiweiss abliefern.
Gleichzeitig wird intensiv danach geforscht, wie man den Eiweissgehalt auch im Biogetreide steigern könnte. Dort ist er bislang etwas tiefer, weil Biogetreide nicht so viel Stickstoff gedüngt bekommt.
Dass die Ernährungswissenschaft bei der Getreidezüchtung völlig ausser Acht bleibt, findet Schilperoord fatal: "Es ist doch erstaunlich wie wenig man über die Ernährungsqualität vom Weizen weiss und wie viel über die Verarbeitungsqualität." So gesehen ist die Züchtung auf dem Holzweg – denn sie züchtet an den Bedürfnissen der Konsumenten vorbei.
Zöliakie und Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität
Die Symptome sind vielfältig: Die Schleimhäute brennen und schwellen an, die Haut rötet sich, es kommt zu Übelkeit, Erbrechen, Blähungen, Durchfall und einem vermehrten Auftreten von Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Kopfschmerzen. Wenn es sich beim Auslöser um Zöliakie, eine Autoimmun-Krankheit, oder um Weizenallergie handelt, kann man das im Blut nachweisen.
Lässt sich der Nachweis nicht erbringen, dann handelt es sich meistens um die sogenannte "Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität". Deren Symptome verschwinden sobald zwei bis vier Wochen lang auf den Konsum von Weizen verzichtet wird. Wie viele Menschen unter dieser Krankheit leiden ist nicht bekannt, Schätzungen gehen von mindestens zwei bis drei Prozent der Bevölkerung aus. (Text: LID)
Weiterlesen: Zöliakie auf dem Vormarsch
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