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| 12.7.2009 - Rubrik: Fleisch & Delikatessen
| Druckansicht | Andeerer Bauern: erfolgreiche Fleischverarbeiter
Die Kirche bleibt im Dorf und auch die Wurst entsteht noch im Dorf – dank den Bauern. Aber das wichtigste Glied in der ganzen Kette ist zweifellos der Metzger. Mit ihm steht und fällt der ganze Betrieb. Seit acht Jahren betreiben die Schamser Bauern in Andeer GR gemeinsam die "Metzga Viamala". Dank dem Betrieb können sie ihren Tieren lange Schlachttransporte ersparen, Arbeitsplätze schaffen und die Wertschöpfung erhöhen. Sogar die Konsumenten profitieren.
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Diener vieler Herren: Metzger Carlo Klein ist von 65 Bauern angestellt und schlachtet auch noch im Lohnauftrag für die Dorfmetzgerei.
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Gross ist sie nicht, die Metzgerei "Metzga Viamala" in Andeer GR. Dafür ist sie voller Leben. Da wird Fleisch geschnitten, geschnetzelt, vakuumiert und verpackt. Und viel gelacht. Tatsächlich haben die Anwesenden Grund fröhlich zu sein: Die Genossenschaftsmetzgerei ist mit 650 Schlachtungen pro Jahr gut ausgelastet und die Direktvermarktung floriert. Das ist keineswegs selbstverständlich, wie Gian Michael, der Präsident der Schlacht- und Verarbeitungsgenossenschaft Schams, erzählt: "Früher hingen wir vom Goodwill der Metzger der Region ab. Sie schlachteten unsere Tiere nur, wenn sie Zeit dazu hatten. Und wir konnten wenig Einfluss darauf nehmen, wie das Fleisch zugeschnitten wurde."
Der Tierverkauf in die zentralen Schlachthöfe wurde wegen der schlechten Preise immer weniger attraktiv. Zudem wollten viele Bauern ihren Tieren den Transportstress ersparen und das Fleisch nicht nur den Metzgern überlassen. Als in Andeer ein Schlachthäuschen frei wurde, witterten sie ihre Chance. Doch erst einmal fehlte das Geld. Unglücklicherweise hatte der Kanton zeitgleich mit der Planung eines Schlachthofes in Cazis begonnen und betrachtete das Projekt im Schams als Konkurrenz. Michael: "Wir wollten die gesamte Fleischverarbeitung selbst an die Hand nehmen, deshalb brachte uns der Schlachthof in Cazis nichts."
Volle drei Jahre Überzeugungsarbeit waren nötig, bis der Kanton das Projekt, das eine dreiviertel Million Franken kostete, wenigstens mit 20'000 Franken unterstützte. Erst dieser Schritt öffnete Tür und Tor für andere Geldgeber: "Wir erhielten Unterstützung von der Berghilfe, der Patenschaft für Berggemeinden, einer privaten Stiftung, der Bank, den Schamser Gemeinden und brachten Genossenschaftskapital ein. So konnten wir schliesslich das Schlachthaus und den dazugehörigen Stall im Baurecht erwerben, alles umbauen und erweitern." Noch heute spürt man, wie erleichtert Michael war, als er das Geld endlich beisammen hatte.
Die Randregion lebt
Viamala, "schlechte Strasse", heisst die Strecke, welche die Kluft zwischen Thusis und Andeer durchquert. Die Strasse ist zwar nicht mehr so schlecht wie früher, doch die Kluft ist geblieben: Während man vor der Viamala den Einfluss des Zentrums Chur, der Ems-Chemie, die Hektik des Transitverkehrs spürt, herrscht nach der Viamala – abgesehen von der Autobahn – so etwas wie Ruhe und Gelassenheit.
Hier, im Schams, einer der naturbelassensten und geschichtsträchtigsten Regionen Graubündens, siedelten schon vor tausend Jahren die ersten freien Bauern. Auch heute sind die Bauern hier keine Exoten, sondern nach wie vor tragende Stützen der Gesellschaft. Während im Tal die Milchwirtschaft dominiert, gibt es am Berg immer mehr Mutterkuhhaltung. Von dieser extensiven Haltungsform kann eine Bauernfamilie nur leben, wenn sie entweder viel Fläche und viele Tiere hat oder aber möglichst viele Schritte der Wertschöpfungskette selbst in die Hand nimmt.
Weil die Fläche begrenzt, der Arbeitswille jedoch ungebrochen ist, betreiben viele Bauern Direktvermarktung. Ungefähr zweimal im Jahr beliefern sie ihre Kunden, die über die halbe Schweiz verstreut sind, mit Frischfleisch. "Natürlich muss der Service stimmen. Wenn das Wetter schön ist und man heuen könnte, aber eine Bestellung vorliegt, dann hat der Kunde Vorrang", sagt Michael, denn er weiss: Die Sonne kommt wieder – ein versetzter Kunde jedoch nicht.
Kunden profitieren
Die Auslieferung der Bestellung ist für mich ein "Kundentreffen", erklärt Willy Dolf lachend, der soeben mit seiner Frau Martina und Tochter Ursina diverse Plätzli, Voressen und Gschnetzeltes vom eigenen Bio-Weidebeef vakuumiert. Ihm geht es bei der Direktvermarktung nicht nur darum, sein Fleisch an den Mann oder die Frau zu bringen, sondern auch zu zeigen, wer und was dahinter steckt. Mit Erfolg. Dolf: "Ich habe sogar Kunden, die geben mir den Schlüssel, damit ich das Fleisch direkt in den Tiefkühler legen kann."
Der Direktbezug zahlt sich auch für die Kunden aus: Das Mischpaket mit zehn Kilo Fleisch kostet sie weniger, als wenn sie dieselben Fleischstücke in derselben Qualität im Laden kaufen würden. Meistens stammt das Fleisch aus Bioproduktion (auch die Metzgerei ist bio-zertifiziert), oft ist es Weide-Beef von speziell dafür ausgewählten Fleischrassen. Und immer sind es artgerecht gehaltene Tiere, die von ihren Besitzern höchstpersönlich auf dem letzten Gang begleitet werden.
Gemeinsam schlachten, getrennt vermarkten
Die Genossenschaft zählt heute 65 Mitglieder, die Zusammenarbeit unter den Bauern ist unkompliziert. Das liegt vermutlich daran, dass sie zwar das Schlachthaus gemeinsam betreiben und die Metzger miteinander angestellt haben, dass sich aber trotzdem jeder einzelne Tierbesitzer selbst um die Vermarktung seines Fleisches kümmert. Meistens legen sie – wie Familie Dolf – selbst mit Hand an, wenn es ums Verpacken geht. So bleibt die Eigenverantwortung und Eigenständigkeit gewahrt.
Wenn es einmal Unstimmigkeiten gibt, dann am ehesten beim Thema Schlachtausbeute. Meistens setzt sich jedoch die Einsicht durch, dass es besser ist, eine hohe Qualität anzubieten statt die Schlachtausbeute dadurch zu verbessern, dass man mehr Fett und Sehnen dranlässt. "Wer hier Abstriche macht, der schneidet sich ins eigene Fleisch", ist Michael überzeugt.
Das wichtigste Glied in der ganzen Kette ist zweifellos der Metzger. "Mit ihm steht und fällt der ganze Betrieb", sagt Michael. Er muss nicht nur das Handwerk beherrschen und in der Lage sein, mit allen Bauern auch auf der menschlichen Ebene auszukommen, sondern sich auch sehr flexibel zeigen. Traditionell fallen nämlich die meisten Schlachtungen im Frühjahr und Herbst an. Im Sommer sind die Tiere auf der Alp und im Winter wird grundsätzlich weniger geschlachtet.
"Da gibt es schon Zeiten, wo ich zu mehr als hundertfünfzig Prozent ausgelastet bin", gibt Metzger Carlo Klein zu. Doch er schätzt es, dass er dafür ein ander Mal mehr Zeit für die Familie und seine Hobbies hat. Klein ist bereits der dritte Metzger, den die Genossenschaft in den letzten acht Jahren angestellt hat. Das zeigt, dass es nicht einfach ist, den rechten Mann zu finden. Unterstützung erhält Klein von zwei weiteren Metzgern, die zu 100 und 50 Prozent mithelfen und von einer Arbeitskraft, die zu 30 Prozent für Büroarbeiten und Verpackung angestellt ist.
Zukunftsvisionen
Die Genossenschaft hat kürzlich einen Konfiskat-Raum für die Schlachtabfälle angebaut und eine neue Aussentreppe installiert. "Natürlich haben wir auch noch Visionen. Aber bis wir die umsetzen, muss einiges stimmen." Erst auf intensives Nachfragen gibt Michael preis, wovon die Bauern träumen: Von einem Laden im Dorf, in dem alle Produkte der Region erhältlich sein sollten. Nicht nur der prämierte, weitherum bekannte Bio-Käse aus der Sennerei, sondern auch das Fleisch, die Würste und die regionalen Spezialitäten.
Das Potenzial wäre vorhanden. Andeer (Bild) liegt an der San Bernardino-Route, viele Leute machen hier Halt. Und der sanfte Tourismus am Schamser Berg blüht jedes Jahr mehr auf. "Qualität, wie wir sie bieten, ist sehr gefragt", sagt Michael mit berechtigtem Stolz; das bestätigen ihm auch seine vielen Kunden. Vorerst ist der Schamser Laden in Bauernhand eine Vision. Aber das war die Schlachtviehgenossenschaft vor mehr als zehn Jahren auch.
Die Schweizer Bauern waren nie reine Einzelkämpfer. Schon im vorletzten Jahrhundert entstanden die ersten Genossenschaften. Mit der Liberalisierung der Märkte kommen aber stets neue Herausforderungen auf die Bauern zu. Möglichkeiten zur Kostensenkung, zur besseren Vermarktung und zur Erschliessung neuer Betriebszweige sind gefragt. Bäuerinnen und Bauern spannen immer häufiger zusammen: Beim Einkauf, bei der Produktion, bei Verarbeitung und Verkauf oder auch beim Nebenerwerb. (Quelle: LID / Eveline Dudda)
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