Titel wie "Neuer Krebserreger in Pommes entdeckt" kursierten in allen grossen Zeitungen. Es ist laut Risikoexperten eine lange bekannte Substanz und hat keine neue Bedeutung.
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Den Analysemethode-Entwicklern ist viel zu verdanken, aber der blosse Nachweis einer unerwünschten Substanz ist nur der erste Schritt zu einer Risikobewertung. Wenn Analytiker ihre Erfolge selbst interpretieren, kann leicht eine Überinterpretation entstehen.
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Tatsache ist, dass Lebensmittelchemiker der Technischen Universität München erstmals eine Methode gefunden haben, um die Substanz Glycidamid (GA) in Lebensmitteln nachzuweisen. Das Team um Dr. Michael Granvogl spürte den krebserregenden Stoff direkt in verschiedenen Sorten Kartoffelchips und Pommes frites auf. Soweit, so gut. Die Frage ist nur, welche Schlüsse man aus dieser analytischen Neuerung zieht.
Gehen wir zurück ins Jahr 2002. Eine Nachricht aus Schweden beunruhigt Wissenschaftler, Behörden und Öffentlichkeit. In hocherhitzten Kartoffel- und Getreideprodukten wurde Acrylamid entdeckt. Eine Substanz, die bisher nur in der Kunststoffindustrie bekannt war und die wahrscheinlich krebserregend ist. Eine Welle der Unsicherheit begann und die gesamte Wissenschaft beschäftigte sich mit kaum etwas anderem als der Erforschung von Acrylamid. Ergebnis waren Empfehlungen an Verbraucher: "Vergolden statt verkohlen" und Richtlinien an die Lebensmittelindustrie.
Seitdem ist auch bekannt, dass der eigentlich gefährliche Stoff nicht so sehr das Acrylamid, sondern sein Abbauprodukt Glycinamid ist. Acrylamid wird im Körper nämlich zu GA abgebaut und das zu 95 Prozent. Die restliche Menge wird über den Urin ausgeschieden. In den Lebensmitteln wurde nun etwa ein Hundertstel der Menge an GA gefunden, das allein schon bei Aufnahme von Acrylamid im Körper entsteht. Eine verschwindend geringe Menge also.
Sturm im Wasserglas
Laut Experten des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) in Berlin ändert diese neue analytische Entdeckung nichts an der früheren Einschätzung, sondern bestätigt nur die Bewertung von 2002. Es geht immer noch um die Vermeidung einer zu hohen Acrylamid-Aufnahme durch Verringerung der Back- und Brattemperaturen bei der Zubereitung von Kartoffel- und Getreideprodukten.
Die Münchner Analytiker stellten ebenso fest, dass Kartoffelstücke in gesättigten Ölen, wie z. B. Palmöl, weniger GA enthielten. Beim zunehmend beliebteren und, wegen der ungesättigten Fettsäuren, ernährungsphysiologisch wertvolleren Sonnenblumenöl fand sich dagegen eine höhere GA-Konzentration. Granvogl legt daher nahe, "dass man zum Braten und Fritieren lieber Fette mit gesättigten Fettsäuren verwenden sollte." Diese Schlussfolgerung wird aber mit Sicherheit kontrovers diskutiert werden. Hebt die geringe Menge an gefundenem Glycidamid tatsächlich die gesunde Wirkung des hochwertigeren Öls auf? Eine Nutzen-Wirkung-Analyse wird folgen müssen.
Einstweilen gelten aber nach wie vor die Tipps vom aid infodienst:
- Scharfes Anbraten von Kartoffel- und Getreideprodukten und eine zu starke Bräunung vermeiden.
- Möglichst mit Margarine braten, um eine Überhitzung zu vermeiden.
- Bratkartoffeln besser aus gekochten Kartoffeln zubereiten. Rohe Kartoffeln eine Stunde wässern.
- Die Temperatur beim Backen mit Umluft sollte 180 Grad Celsius, beim Backen ohne Umluft 200 Grad Celsius nicht überschreiten.
- Backpapier verwenden
- Pommes, Blechkartoffeln, Plätzchen, Brot, Pizza und Kuchen nicht zu stark bräunen.
- Dicke Pommes bevorzugen und gleichmässig auf dem Backblech verteilen.
- In der Friteuse sollten 175 Grad Celsius nicht überschritten werden. Pommes in kleinen Portionen so lange frittieren, bis sie goldbraun sind. (Quelle: aid)
Weiterlesen: Wieder ein «Gift» in fritierten Kartoffelprodukten
(gb)
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