Der Bauernverband sieht Widersprüche in der letzte woche veröffentlichten Langfrist-Strategie des Bundes. Zudem werde die wirtschaftliche Situation der Landwirtschaft verharmlost.
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Das Diskussionspapier des Bundesamtes für Landwirtschaft BLW zur strategischen Ausrichtung der Agrarpolitik, veröffentlicht am 27.8.2010, dient als Diskussionsgrundlage für die strategische Ausrichtung der künftigen
Agrarpolitik. Es richtet sich an die politischen Entscheidungsträger und die Akteure der Landund
Ernährungswirtschaft. Das Diskussionspapier soll zu einer intensiven Auseinandersetzung mit
den zukünftigen Herausforderungen anregen und Anstösse geben für die politische Diskussion über
die Agrarpolitik nach 2013. Es ist bewusst auf einen langfristigen Zeithorizont ausgerichtet (2025),
damit die entscheidenden Entwicklungen frühzeitig antizipiert und geeignete Lösungsansätze entwickelt
werden können.
Handlungsbedarf
Agrarpolitischer Handlungsbedarf ergibt sich entweder, weil die Ziele bisher nicht erreicht wurden oder
weil die Entwicklung der Rahmenbedingungen die Zielerreichung beeinträchtigt. Bezüglich Versorgungssicherheit
gilt es wegen der volatiler werdenden Märkte ein besonderes Augenmerk auf die Produktionsstabilität
zu legen, um in solchen Situationen Versorgungsengpässe im Inland zu vermeiden.
Zudem ist zur langfristigen Erhaltung des Produktionspotenzials der Schutz der begrenzten und kaum
erneuerbaren Ressource Boden zu verbessern.
Bei den anderen natürlichen Lebensgrundlagen sind
sowohl bei der Biodiversität als auch in den Bereichen Wasser, Luft und Klima weitere Fortschritte
notwendig, um die Ziele zu erreichen. Eine Schlüsselrolle kommt dabei der Steigerung der Ressourceneffizienz
zu. Auch die Konsumentinnen und Konsumenten können hier durch ein verantwortungsbewusstes
Verhalten einen Beitrag leisten.
Weiter besteht Handlungsbedarf im Bereich der Kulturlandschaft
sowohl was die Offenhaltung (v.a. im Sömmerungsgebiet) als auch was die Erhaltung der
Vielfalt anbelangt. Im Hinblick auf weitere Marktöffnungen gilt es zudem die Wettbewerbsfähigkeit
weiter zu verbessern und zwar sowohl auf der Kostenseite als auch in Bezug auf die Inwertsetzung
der Qualität der Produkte. Im Kontext der Marktöffnung ist zudem die Sicherstellung der Sozialverträglichkeit
eine bedeutende Herausforderung.
Um nachhaltige Verbesserungen zu erreichen, darf die Agrarpolitik nicht auf die Landwirtschaft allein
fokussiert bleiben, sondern der Einbettung der Landwirtschaft in die Ernährungskette (vorgelagerte
Stufen, Verarbeitung, Handel und Konsumenten), die Umwelt (Biodiversität, Boden, Wasser, Luft,
Klima, Energie, Tierwohl), den ländlichen Raum (Landschaft, Wald, Tourismus, Raumplanung, Regionalentwicklung)
und das landwirtschaftliche Wissenssystem (Forschung, Bildung, Beratung) besser
Rechnung tragen.
Strategie – Optimierung und Erweiterung
Auf der Grundlage der Verbesserungspotenziale der bisherigen Politik und dem Handlungsbedarf, der
sich aus den neuen Herausforderungen ergibt, werden die heutigen Instrumente angepasst. Die
kommenden Herausforderungen sind jedoch nur mit einer Ausweitung des Geltungsbereichs der Agrarpolitik
zu meistern. Die Einbettung der Landwirtschaft in die Ernährungskette, die Umwelt, den ländlichen
Raum und das landwirtschaftliche Wissenssystem soll dadurch besser berücksichtigt werden
und die Landwirtschaft stärker als Glied im ganzen Umfeld wahrgenommen werden. Daraus ergibt
sich eine Doppelstrategie, die auf folgenden beiden Säulen beruht:
1. Konsequente Optimierung der bisherigen Agrarpolitik;
2. Erweiterung der heutigen Agrarpolitik in Richtung einer integralen Politik
für Landwirtschaft und Ernährung.
Diese Strategie ermöglicht es, der skizzierten Vision einer nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft
im Zeithorizont 2025 einen bedeutenden Schritt näher zu kommen. Sie wird durch die folgenden
vier Strategieschwerpunkte konkretisiert:
1. Sichere und
wettbewerbsfähige
Nahrungsmittelproduktion
und
-versorgung
gewährleisten
2. Ressourcen
effizient nutzen und
nachhaltigen
Konsum fördern
3. Vitalität und
Attraktivität des
ländlichen Raums
stärken
4. Innovation und
Unternehmertum in
der Land- und
Ernährungswirtschaft
fördern
Weiteres Vorgehen
Das vorliegende Diskussionspapier soll in einem ersten Schritt mit den interessierten Kreisen diskutiert
werden. Die Ergebnisse der Diskussion über die langfristige Strategie werden in die Vorbereitung
der nächsten agrarpolitischen Reformetappe für die Jahre 2014 bis 2017 (Agrarpolitik 2014-2017)
einfliessen. Im ersten Halbjahr 2011 ist die Vernehmlassung zur Agrarpolitik 2014-2017 geplant. Darin
wird aufgezeigt, welche Elemente der langfristigen Strategie bereits im Zeitraum 2014-2017 realisiert
werden sollen und wie die Umsetzung konkret erfolgen soll. (Text: Bundesamt für Landwirtschaft BLW - auszugsweise)
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Jacques Bourgeois, Direktordes SBV
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Nachhaltig heisst nicht nur ökologisch
Kommentar des Bauernverbandes SBV: Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat heute ein Diskussionspapier zur strategischen
Ausrichtung der künftigen Agrarpolitik präsentiert. Der Schweizerische Bauernverband (SBV)
kann den vorgeschlagenen vier strategischen Achsen grundsätzlich zustimmen, ebenso den
ins Auge gefassten Szenarien. Das Papier beinhaltet viele weitere gute Ansätze, wie beispielsweise
das Kulturland besser zu schützen, die Produktionskosten zu senken, Instrumente
einzuführen, um die landwirtschaftlichen Einkommen zu stabilisieren, einen nachhaltigen
Konsum zu fördern oder den unternehmerischen Freiraum für die Bauernfamilien zu erhöhen.
Im Gegensatz zum BLW ist der SBV aber mit der aktuellen Einkommenssituation nicht zufrieden.
Mit über 40 Prozent tieferen Löhnen wie in vergleichbaren Sektoren ist die wirtschaftliche
Lage der Landwirtschaft unzureichend und damit die Ziele in den Bereichen Wirtschaftlichkeit
und Soziales mit den bisherigen Reformen nicht erreicht. Die künftige Agrarpolitik
muss folglich so ausgerichtet sein, dass die landwirtschaftlichen Betriebe ein ihrer Arbeitsleistung
entsprechendes Einkommen erzielen könne.
Störend ist es aus Sicht des SBV weiter, wenn das BLW in seiner Bilanz den aktuellen
Grenzschutz als nicht vereinbar mit internationalen Abkommen bezeichnet. Dies ist nicht korrekt
und es ist unsinnig, hier als Winkelried vorzupreschen. Insbesondere weil sich andere
Staaten, aktuelles Beispiel Russland mit dem Exportverbot für Weizen, nicht einmal um die
aktuell geltenden Abkommen scheren. Zudem scheint ein Freihandelsabkommen Landwirtschaft
mit der EU für die Verfasser bereits gegeben zu sein. Mögliche Alternativen wie die
Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen über die Evolutivklausel sind gar nicht berücksichtigt.
Als Ziel ist im Papier weiter festgehalten, die Aufwendungen für die Landwirtschaft zu reduzieren,
während gleichzeitig die Anforderungen zum Beispiel im ökologischen Bereich oder
bei der Tierhaltung weiter erhöht werden sollen. Das ist nicht nur widersprüchlich, sondern
läuft auch der Tatsache entgegen, dass die Direktzahlungen eine Abgeltung für erbrachte
Leistung zugunsten der Allgemeinheit darstellen.
Der SBV vermisst in der vorgestellten Vision zudem das Ziel der Ernährungssouveränität
und fordert die Integration einer konsistenten Deklaration der Herkunft Schweiz in die Qualitätsstrategie.
Es braucht also noch einiges an Anpassungen am vorgestellten Diskussionspapier,
bis man von einer konsistenten langfristigen Strategie mit Perspektiven für die
Schweizer Bauernfamilien sprechen kann. (Mitteilung SBV)
(gb)
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