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4.7.2011

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Bockshornklee-Samen als EHEC-Ursache

Samen von Bockshornklee aus Äpypten sind gemss EFSA und BfR mit hoher Wahrscheinlichkeit für den E.coli EHEC O104:H4 Ausbruch verantwortlich


Die Rückverfolgung von Samenlieferungen in Deutschland und anderen EU-Staaten durch die deutschen Behörden und die Task Force der EFSA haben ergeben, dass bestimmte Chargen von Bockshornkleesamen mit den EHEC-Ausbrüchen in Deutschland und Frankreich in Verbindung stehen, was durch die Risikobewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) vom 29. Juni 2011 bestätigt wird. Nach Angaben der EFSA wurden diese Chargen aus Ägypten importiert.

Deshalb hat das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine vorläufige Risikobewertung zur Bedeutung dieser Sprossen und Sprossensamen im Zusammenhang mit dem Ausbruchsgeschehen von EHEC O104:H4 in Deutschland vorgenommen. Das BfR kommt zu dem Schluss, dass zur Sprossenherstellung verwendete Bockshornkleesamen mit grosser Wahrscheinlichkeit Ursache des Ausbruchs waren.

Zum Schutz der Bevölkerung vor Infektionen mit dem gefährlichen Ausbruchserreger EHEC O104:H4 haben das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und das Robert Koch-Institut (RKI) am 10. Juni 2011 empfohlen, über die üblichen Hygienemassnahmen hinaus, vorsorglich bis auf weiteres Sprossen nicht roh zu verzehren. Einen Tag später hat das BfR diese Empfehlung auch auf selbstgezogene rohe Sprossen und Keimlinge ausgeweitet.

Die Behörden von Bund und Ländern haben in den vergangenen Wochen intensiv daran gearbeitet, den möglichen Eintragspfad für die Kontamination von Sprossen mit EHEC O104:H4 zu ermitteln. Durch Auswertung von 41 Ausbruchsclustern von Erkrankungshäufungen sowie verfügbaren Daten zu Lieferlisten und Vertriebswegen von Lebensmitteln war es möglich, die damit zusammenhängenden Erkrankungen auf Sprossen aus einem niedersächsischen Gartenbaubetrieb zurückzuführen.

Frühe Hinweise der zuständigen niedersächsischen Behörden, dass Samen zur Sprossenherstellung zu einer Kontamination der Sprossen ursächlich beigetragen haben könnten, liessen sich bisher durch labordiagnostische Untersuchungen nicht erhärten. In mehr als 700 untersuchten Proben von Sprossen und Samen zu deren Herstellung liess sich EHEC O104:H4 nicht nachweisen.

Die Ergebnisse der epidemiologischen Untersuchungen der deutschen Task Force EHEC lassen dennoch den Schluss zu, dass der Ausbruchserreger über die zur Sprossenproduktion genutzten Samen in den niedersächsischen Gartenbaubetrieb gelangt ist. Kürzlich in Frankreich aufgetretene Krankheitsfälle durch EHEC O104:H4, die nicht unmittelbar mit dem Gartenbaubetrieb in Niedersachsen in Verbindung stehen, stützen diese Schlussfolgerung.

Am 24. Juni 2011 berichtete Frankreich über eine Häufung von EHEC/HUS-Fällen in der Nähe von Bordeaux mit Erkrankungsbeginn zwischen dem 15. und 21. Juni 2011. Mit Stand vom 28. Juni 2011 sind bei diesem Ausbruch 15 Personen im Alter von 31 bis 64 Jahren an EHEC/HUS erkrankt (EFSA/ECDC-Risikobewertung vom 29. Juni 2011). Bei mindestens 3 Fällen gelang der labordiagnostische Nachweis von EHEC O104:H4. Nach den bisher durchgeführten Untersuchungen sind der französische und der deutsche Ausbruchsstamm mit hoher Wahrscheinlichkeit identisch.

Die in Frankreich erkrankten Personen sollen Sprossen verzehrt haben, die in Frankreich aus einer Samenmischung durch eigene Anzucht produziert wurden. Allein Bockshornklee-Sprossen waren sowohl in der in Frankreich verzehrten Sprossenmischung, als auch in Sprossenmischungen des niedersächsischen Gartenbaubetriebs enthalten, welche in Deutschland mit EHEC O104:H4-Erkrankungen in Verbindung gebracht werden konnten. Auch in einem niedersächsischen Haushalt sind mehrere Personen nach dem Verzehr von selbstgezogenen Sprossen aus einer Samenmischung erkrankt, in der unter anderem Bockshornkleesamen enthalten war.

Anlässlich der staatenübergreifenden Bedeutung der EHEC-Ausbrüche in Deutschland und Frankreich wurde bei der EFSA eine Task Force unter Beteiligung von BfR und BVL etabliert, welche die weiteren Ermittlungen zur Ausbruchsaufklärung auf EU-Ebene koordinieren soll.

Die Herkunft der Samen zur Sprossenherstellung in Frankreich konnte ermittelt werden und wurde den Mitgliedsstaaten in mehreren Warnmeldungen im Europäischen Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) mitgeteilt. Die Rückverfolgung der in Frankreich verwendeten Bockshornklee-Samencharge hat ergeben, dass eine bestimmte im Jahr 2009 hergestellte Samencharge über denselben in Deutschland ansässigen Zwischenhändler auch an den niedersächsischen Gartenbaubetrieb geliefert wurde.

Nach Angaben der EFSA vom 29. Juni 2011 wurde diese Charge aus Ägypten bezogen. Allerdings war diese Charge Bockshornklee-Samen zum Zeitpunkt der Begehung des Betriebs durch die zuständigen Behörden bereits verbraucht und konnte deshalb nicht beprobt werden. Im Frühjahr 2011 wurde in dem niedersächsischen Gartenbaubetrieb sowohl die im Jahr 2009 als auch eine im Jahr 2010 produzierte Bockshornklee-Samencharge für die Sprossenproduktion eingesetzt, die über denselben Zwischenhändler angeliefert wurde. Nach Angaben der EFSA stammte die Charge aus dem Jahr 2010 ebenfalls aus Ägypten. In dieser Charge konnte EHEC O104:H4 bisher nicht detektiert werden.

Auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse der Risikobewertung der EFSA und des ECDC wird deutlich, dass Bockshornkleesamen der genannten Herkunft, die sortenrein oder in Mischungen zur Sprossenherstellung verwendet werden, eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen. Dies gilt auch für solche Bockshornkleesamen, die in Kleinstpackungen an den Endverbraucher abgegeben und zur Sprossenherstellung im eigenen Haushalt verwendet werden.

Obwohl die vorliegenden Erkenntnisse eine Eingrenzung der weiteren Ermittlungen zulassen, kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass auch andere Samenarten und -chargen durch unhygienische Produktionsbedingungen im Herkunftsland mit dem Ausbruchstamm kontaminiert wurden. Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass durch Behandlungsverfahren bei Zwischenhändlern (z.B. bei Reinigungs-, Misch-, Abfüllprozessen) Kreuzkontaminationen weiterer Samenarten und -chargen stattgefunden haben könnten. Um Verbraucherinnen und Verbraucher so gut wie möglich vor einer Infektion mit EHEC O104:H4 zu schützen, empfiehlt das BfR folgende Massnahmen: Empfehlungen für die zuständigen Behörden:

��Den zuständigen Überwachungsbehörden wird empfohlen, die Lieferwege der im Fokus der Ermittlung stehenden Bockshornklee-Samenchargen vollständig aufzudecken und diese Chargen vom Markt zu nehmen. Bei Zwischenhändlern dieser Chargen sollte ausserdem geprüft werden, ob in diesen Betrieben eine Kreuzkontamination weiterer Samenarten und -chargen durch Bockshornkleesamen ausgeschlossen werden kann.

Die zuständigen Überwachungsbehörden sollten die Lebensmittelunternehmer auf die oben genannten Chargen von Bockshornkleesamen hinweisen, die nach den Erkenntnissen aus der in Deutschland und auf EU-Ebene durchgeführten Rück- und Vorwärtsverfolgung mit dem Ausbruchsstamm EHEC O104:H4 kontaminiert sein könnten. Diese Informationen sollen die Lebensmittelunternehmer in die Lage versetzen, gegebenenfalls Massnahmen der Risikominimierung hinsichtlich ihrer eigenen Lagerbestände zu treffen.

��Im Rahmen der risikoorientierten Probenentnahme sollten Samen von Bockshornklee verstärkt kontrolliert werden.

Empfehlungen für Gastronomie und Verpflegungseinrichtungen:

��Das BfR empfiehlt Lebensmittelunternehmern in Restaurations- und Verpflegungseinrichtungen (z.B. Hotels, Restaurants, Kantinen), die Abgabe von Sprossen zum Rohverzehr an Endverbraucher vor dem Hintergrund der vorgelegten Bewertung sorgfältig abzuwägen.

Empfehlungen für Verbraucherinnen und Verbraucher:

��Da Kleinstpackungen mit Bockshornkleesamen, auch in Mischungen, für die Sprossenherstellung im Privathaushalt mit dem gefährlichen EHEC-Erreger kontaminiert sein können, wird von der Anzucht und dem Verzehr der Sprossen abgeraten.

��Verbraucherinnen und Verbrauchern wird weiterhin empfohlen, auf den Verzehr von rohen Sprossen zu verzichten.

��Grundsätzlich rät das BfR, die allgemeinen Regeln der Küchenhygiene auch im Umgang mit Sprossen unbedingt einzuhalten. (Stellungnahme Nr. 022/2011 des BfR vom 30. Juni 2011) (gb)


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