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8.9.2011

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Gerichtsurteil bei Honig von Gentech-Pflanzen

Honig mit Pollen von Gentech-Pflanzen wird bewilligungsprlichtig. Viele Importhonige und andere Lebensmittel könnten dadurch aus dem europäischen Detailhandel verschwinden.



Imker können nun Schadensersatzforderungen stellen, da sie ihre Honigernte vernichten müssen, wenn diese Pollen von nicht als Lebensmittel zugelassenen GVO-Pflanzen enthält.


Deutsche Imker, Gentechnik-Kritiker und Verbraucher freuen sich: Honig, der auch nur Pollenspuren von genetisch veränderten Pflanzen enthält, darf nur noch mit vorheriger Zulassung in den Handel. So hat es der Europäische Gerichtshof (EuGH) jetzt entschieden. Damit bestätigt er für Honig die Forderung nach einer „Null-Toleranz“-Regelung für jegliche Spuren genetisch veränderten Materials. Das Urteil hat weitreichende Folgen für den Markt und die Verbraucher.

Honig mit Pollen, die von genetisch veränderten Pflanzen stammen, darf nicht mehr verkauft werden. Ausnahme: Der Honig hat eine spezielle Zulassung und ist entsprechend gekennzeichnet. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) klar gestellt. Bislang wurden Pollen genetisch veränderter Pflanzen im Honig hingenommen. Denn sie galten als zufällig und unvermeidbar, weil die Bienen Nektar von gentechnisch veränderten Pflanzen sammeln und dabei Pollen dieser Pflanzen mitnehmen.

Doch 2005 hatte ein Imker aus Augsburg auf Schadenersatz geklagt. Der Anlass: In seiner Honigernte waren Pollen von genetisch verändertem Mais der Sorte MON 810. Den Mais hatte der Freistaat Bayern auf einem Versuchsfeld in der Nachbarschaft angebaut. Der Imker, der seinen Honig aus eigenen Stücken vernichtete, hat nun durch das EuGH-Urteil die Aussicht auf Schadenersatz.

Pollen sind jetzt eine „Zutat“

Das Urteil des EuGH markiert eine Kehrtwende von der bisherigen Rechtsauffassung. Bislang musste „gentechnisch verändert“ nur auf Lebensmitteln stehen, wenn der Anteil an gentechnisch veränderten Organismen (GVO) im Produkt 0,9 Prozent oder mehr beträgt. Dieser Schwellenwert traf für Honig praktisch nie zu. Denn Honig enthält insgesamt nur 0,1 bis 0,5 Prozent an Pollen. Davon wiederum kann nur ein minimaler Anteil überhaupt gentechnisch verändert sein und ist somit nur sehr schwer aufzuspüren.

Neu ist: Seit dem Urteil gelten solche Pollen als „aus GVO hergestellt“ und als „Zutat“ im Honig. Damit muss der Honig in einem solchen Fall immer ein Zulassungsverfahren durchlaufen – vollkommen unabhängig von der Menge an GVO-Pollen im Produkt. Es genügt nicht, dass lediglich die Pflanzen, von denen die Pollen kommen, zugelassen sind. Damit beschreitet der EuGH Neuland, denn diese Zutat wird weder absichtlich in den Honig gegeben noch wirkt sie sich qualitativ aus. (Stiftung Warentest)

Pollen von Gentechpflanzen ohne Lebensmittelzulassung

(Mellifera) - Mit diesem Urteil vom 6. September 2011 stellt sich der Europäische Gerichtshof klar auf die Seite der Verbraucher - und der Imker. Denn letztere können Schadensersatzforderungen stellen, da sie nun gezwungen sind ihre gesamte Honigernte zu vernichten, wenn sie Pollen von nicht als Lebensmittel zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen enthält. Anspruch auf Schutz vor Gentechnik oder Schadensersatz hatten sie bislang nicht.

Das aktuelle Urteil bedeutet einen Sieg von David gegen Goliath. Und in der Konsequenz könnte es bedeuten, dass in Kürze viele Importhonige und andere Lebensmittel aus den Regalen europäischer Lebensmittelmärkte verschwinden.

Honig gilt im Bewusstsein der Bevölkerung traditionell zu Recht als ein sehr gesundes, natürliches Lebensmittel. Doch seit erste Versuchsfelder mit gentechnisch veränderten Pflanzen wie Mais angebaut wurden, ist er in Gefahr. Denn die Bienen unterscheiden nicht, wo sie Nektar und Pollen sammeln und sie tun dies in einem Flugradius von mehr als 3 km. Dies führte dazu, dass Imker Karl Heinz Bablok aus Augsburg im Herbst 2009 seine gesamte Honigernte in der Müllverbrennung vernichten musste, weil der Freistaat Bayern ein Feld in der Nähe seines Bienenhauses mit dem Genmais MON 810 des Gentechnik-Riesen Monsanto bepflanzt hatte.

MON 810 hat in der EU keine Lebensmittelzulassung als Bestandteil von Honig. Über die Umweltverträglichkeit des Mais streiten sich das Bundesamt Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und der Konzern Monsanto. Hätte Bablok seinen Honig verkauft oder verschenkt, hätte er sich strafbar gemacht. Dies wurde zwar von mehreren deutschen Gerichten so gesehen, doch Schutz vor der Verunreinigung mit gentechnisch veränderten Organismen wurde ihm nicht bislang nicht gewährt.

Mit Unterstützung des Bündnisses zum Schutz der Bienen vor Agrogentechnik konnte er nun vor dem Europäischen Gerichtshof einen Sieg im Interesse aller Verbraucher in Europa erringen. Das Bündnis wurde von Thomas Radetzki, Vorstand des ökologisch orientierten Imkerverbands Mellifera e. V. aus dem schwäbischen Rosenfeld, initiiert. Ihm gehören neben Mellifera der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund, der Deutsche Imkerbund, der Demeter-Bund, Bioland, der Bund Ökologischer Lebensmittelwirtschaft und die Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller an.

Derzeit ist das Inverkehrbringen des Gentechnik-Maises MON 810 in Deutschland zwar verboten. Der Konzern Monsanto bemüht sich jedoch um eine Wiederzulassung. Diesen Bemühungen dürfte mit dem heutigen EuGH-Urteil ein Riegel vorgeschoben worden sein. Auch Kleine können sich erfolgreich zur Wehr setzen, wenn sie zusammenarbeiten wie die Bienen im Stock. (Mellifera) (gb)


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