Ein Kompromisspaket wurde geschnürt: Das EU-Parlament hat die neue "Verordnung über die Information der Verbraucher über Lebensmittel" in zweiter Lesung verabschiedet.
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Ein Jahr nach der ersten Lesung zur neuen "Verordnung über die Information
der Verbraucher über Lebensmittel"
im EU-Parlament fand am 6. Juli die zweite Lesung und Schlussabstimmung statt. Die vorberatende
Kommission des EU-Parlamentes
hatte die in der "common position" der Kommission und des Ministerrates enthaltenen Vorschläge
noch im März in vielen Punkten abgelehnt und an den Beschlüssen aus der ersten Lesung festgehalten. In der Zwischenzeit ist es in einem sogenannten "Trialog" zwischen dem Parlament, dem Ministerrat und der Kommission gelungen, eine Einigung zu finden und damit ein Scheitern der Vorlage zu verhindern. Die Verordnung
über die Information der Verbraucher über Lebensmittel wird unter anderem folgende Neuerungen bringen:
Nährwertkennzeichnung
Die sogenannte Nährwertbox, in der auf der Verpackung in tabellarischer Form über den Nährwertgehalt des Lebensmittels informiert wird, ist weniger umfassend ausgefallen, als dies einzelne Mitglieder des Parlamentes
angestrebt hatten. Die Nährwertkennzeichnung
wird in Zukunft mindestens folgende 7 Angaben enthalten:
den Energiewert, die Mengen
an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiss und Salz. Die Angaben erfolgen pro 100 g oder 100 ml des jeweiligen Lebensmittels.
Verzichtet wurde auf die obligatorische
Angabe der "guideline daily ammounts" (GDAs), das heisst des Anteils an der empfohlenen Tagesdosis.
Diese kann wie bisher freiwillig
erfolgen. Weiter wurde auch darauf verzichtet, dass die Nährwertbox
auf der Vorderseite der Packung
angebracht werden muss. Sie kann – wie bisher meist gehandhabt – weiterhin auf der Rückseite aufgedruckt
sein.
Schriftgrösse
Die Schriftgrösse der Deklaration muss mindestens 1,2 Millimeter (gemessen
an der Höhe des kleinen "x"), bzw. 0,9 Millimeter bei Lebensmitteln
mit einer grössten bedruckbaren
Fläche von weniger als 80 cm2 betragen.
Herkunftsangabe
Die Herkunftsangabe (origin labelling)
wird neu nicht nur für Rindfleisch,
sondern auch für frisches Schweine-, Schaf- und Ziegenfleisch sowie für Geflügel obligatorisch erklärt.
Ob – wie einige Mitglieder des Parlaments gefordert hatten – effektiv
zwischen dem Herkunftsland der Geburt, der Aufzucht und der Schlachtung differenziert werden soll, muss die Kommission nun in den Ausführungsvorschriften entscheiden.
Weiter muss die Kommission
innert zwei Jahren einen Bericht über die Ausdehnung der Herkunftsdeklaration
auf weiterverarbeitetes Fleisch und Fleischzubereitungen, sowie innert drei Jahren auf weitere Produktebereiche, z.B. Milch, erstellen.
Imitate und rekonstituierte Produkte
Neu müssen sogenannte analoge Produkte klarer als solche deklariert
werden. Dies gilt einerseits für echte Imitate wie den sogenannten Analog-Käse, andererseits aber auch für rekonstituierte Produkte, welche aussehen wie ein Stück Fleisch oder Fisch, aber in Wirklichkeit aus mehreren
Fleisch- bzw. Fischstücken zusammengesetzt
wurden.
Allergendeklaration
Verschärft werden sodann die Informationspflichten
bezüglich allergener
Stoffe. Diese müssen in der Zutatenliste klar hervorgehoben werden und eine entsprechende
Information muss auch bei unverpackten
Lebensmitteln und sogar im Gastro-Bereich erfolgen.
Weitere Einzelpunkte
Weiter werden unter dem definitiven Text diverse Einzelpunkte geregelt. Neu müssen etwa angegeben werden:
• Das Datum des ersten Einfrierens
• Der Zusatz von Wasser zu Fleisch
und Fisch
• Fette unterschiedlicher tierischer
Herkunft
• Der Coffeingehalt
• Das spezifische pflanzliche Fett
(z.B. Palmöl)
Neu gelten Abbildungen auf Lebensmittelpackungen
nur als zulässig, wenn sie den Konsumenten nicht irreführen
(als Beispiel wird die Abbildung
einer Frucht auf einem Joghurt genannt, wenn dieses ausschliesslich Fruchtaroma enthält). Dem Schweizer Lebensmittelrechtler kommen hier Erinnerungen
an die endlosen Diskussionen
zu Vanilleschoten in der Vanille-Creme und Pistazien im Pistache-Eis.
Reaktion der Schweiz
Die Beschlüsse der EU haben klar höhere Anforderungen an die Kennzeichnung
von Lebensmitteln zur Folge. Bereits einen Tag nach den Beschlüssen liess das BAG verlauten, man wolle das Entstehen von Handelshemmnissen
verhindern und werde deshalb die einschlägigen Schweizer Vorschriften jenen der EU anpassen. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass relativ rasch auch die Schweizer Hersteller von Lebensmitteln
mit den neuen EU-Vorschriften konfrontiert sein werden, selbst wenn sie nicht im Export tätig sind.
Health-Claims
Die European Food Safety Authority (EFSA) hat die Prüfung der eingereichten
health-claims – bis auf die ausgeklammerten botanicals – abgeschlossen.
Dabei wurde nur jeder fünfte claim als wissenschaftlich begründet
akzeptiert. Die Kommission hat nun gewissen Gesuchstellern, deren claims von der EFSA abschlägig
beurteilt worden sind, eine Nachfrist
eingeräumt, um zusätzliche Beweismittel
einzureichen.
Die European Food Safety Authority (EFSA) hat die sechste und letzte Gutachtenreihe zur Prüfung
der eingereichten health-claims abgeschlossen. Insgesamt wurden 2'758 claims untersucht; zurückgestellt
wurden vorläufig 1'550 Angaben
über "botanicals". Von den beurteilten
claims wurden nur gerade 20 Prozent als wissenschaftlich begründet
eingestuft, der Rest wurde von der EFSA abgewiesen. Erfolgreiche claims betreffen insbesondere Vitamine
und Mineralstoffe, spezifische Nahrungsfasern, welche einen Einfluss
auf den Blutzuckerspiegel, das Cholesterin oder die Gewichtskontrolle
haben sowie lebende Joghurtkulturen.
Bestätigt wurden ferner die zellschützende Wirkung der Polyphenole
in Olivenöl, eine verbesserte Funktion der Blutgefässe durch Walnüsse,
eine Beeinflussung der Herzfunktion
durch Fettsäuren sowie die Wirkung einiger Zuckeraustauschstoffe
auf den Schutz vor Karies. Die meisten der eingereichten claims wurden von der EFSA allerdings abgewiesen.
Dies teils aufgrund fehlender
Nachweise der behaupteten Wirkungen, teilweise aber auch aufgrund
fehlender Spezifikation der spezifischen Stämme (Probiotika) oder Fasern (Nahrungsfasern).
Nachfrist für die Nachreichung von Beweismitteln
Immerhin hat die Kommission den Gesuchstellern, deren health-claims für Probiotika von der EFSA aufgrund
fehlender Nachweise bezüglich
der spezifischen Stämme negativ
beurteilt worden sind, nun eine Frist bis zum 30. September 2011 eingeräumt, um die geforderte Spezifikation
nachzureichen. Dieselbe Frist gilt auch für claims, für welche die EFSA entschieden hat, dass die gelieferten Unterlagen nicht ausreichen,
um den Nachweis von Ursache und Wirkung zu erbringen. Auch hier können die entsprechenden Firmen Beweismittel nachreichen.
Weiteres Vorgehen
Die EU-Kommission wird nun eine konsolidierte Gemeinschaftsliste erstellen,
aus welcher sämtliche zugelassenen
health-claims ersichtlich sind. Davon ausgenommen wären vorläufig noch die claims zu den botanicals, d.h. Aussagen über die positive gesundheitliche Wirkung
gewisser Pflanzen und daraus gewonnener
Extrakte. Damit verzögert sich die (um die botanicals abgespeckte)
Gemeinschaftsliste um fast zwei Jahre.
Gemäss den Vorgaben der VO Nr. 1924/2006 hätte sie spätestens
am 31. Januar 2010 vorliegen
sollen! Je nach Entwicklung der Arbeiten in der EU wird dies auch eine weitere Verlängerung der Übergangsfrist
für die entsprechenden Bestimmungen der LKV und gleichzeitig
auch jener in der Ausführungsverordnung
zum THG (VIPaV) mit sich bringen. Das BAG sieht vor, in Anhang 8 der LKV einen Verweis auf die entsprechende Liste der EU einzufügen und damit die in der EU künftig zugelassenen claims auch in der Schweiz zu gestatten. Alle nicht in die Liste aufgenommenen claims dürfen sechs Monate nach der Publikation
nicht mehr verwendet werden. (Text: fial)
(gb)
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