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10.10.2011

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BfR warnt vor mit Blei geschossenem Wild

Bleihaltige Munitionsreste in geschossenem Wild können ein Gesundheitsrisiko sein. Das BfR empfiehlt Kindern, Schwangeren und Frauen mit Kinderwunsch darauf zu verzichten




Bleifreie Munition ist längst verfügbar.


Wildschwein, Reh und Hirsch gehören neben Innereien von Nutztieren, Meeresfrüchten und Gewürzen zu den am höchsten mit Blei belasteten Lebensmitteln. Ursache dafür ist überwiegend die üblicherweise bei der Jagd verwendete Bleimunition. Das Schwermetall ist giftig und reichert sich im Organismus an. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat aufgrund von neuen Daten das zusätzliche Gesundheitsrisiko durch den Verzehr von mit Bleimunition geschossenem Wild neu bewertet. Das Ergebnis: Wildfleisch kann durch bleihaltige Munitionsreste stark belastet sein.

Da die Bleiaufnahme über andere Lebensmittel in Deutschland schon relativ hoch ist, reicht der regelmässige Verzehr von mit Bleimunition geschossenem Wildbret aus, die Gesundheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu g efährden. „Ein erhöhtes Risiko besteht bei Verbrauchergruppen, die wöchentlich Wild verzehren, insbesondere in Jägerhaushalten“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Besonders gefährdet sind Ungeborene und Kinder bis sieben Jahre, bei denen bereits eine geringe Bleiaufnahme zu Gesundheitsschäden führen kann.“

Deshalb sollten kleine Kinder, Schwangere und Frauen mit Kinderwunsch möglichst kein mit Bleimunition erlegtes Wild essen. Für die Mehrzahl der Verbraucherinnen und Verbraucher, die Wild nur gelegentlich und in geringen Mengen verzehren, wird das Risiko einer Gesundheitsgefährdung durch Blei in Wildbret als vernachlässigbar eingeschätzt. Die bei der Jagd zumeist verwendeten Bleischrote und bleihaltigen Jagdgeschosse hinterlassen im Wildbret Bleifragmente. Die Geschosse verformen oder zerlegen sich beim Aufprall, Bleipartikel und feinste Bleisplitter lösen sich und dringen tief in das Fleisch ein. Sie sind dort kaum zu erkennen.

Das BfR hat seine Risikobewertung zu Blei in mit Bleimunition geschossenem Wild auf der Grundlage neuer Daten zu Blei in Lebensmitteln und eines neuen Bewertungsansatzes der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vorgenommen. Sie trägt den neuen Daten und Forschungsergebnissen Rechnung, wonach die Bleiaufnahme über die Grundnahrungsmittel Getreide, Obst und Gemüse bereits hoch ist. Da für Blei bislang keine Wirkungsschwelle und somit keine Dosis ohne Wirkung angegeben werden kann, sollte die Bleiaufnahme so gering wie möglich sein.

Erhöhte Bleikonzentrationen im menschlichen Körper können die Blutbildung, innere Organe sowie das zentrale Nervensystem schädigen. Blei lagert sich ausserdem langfristig in den Knochen ab. Bei einer chronischen Bleiexposition reagieren bei Erwachsenen die Nieren am empfindlichsten, bei Kindern bis sieben Jahren das Nervensystem. Säuglinge und Kleinkinder sind besonders gefährdet. Eine erhöhte Bleibelastung kann bei ihnen zu irreversiblen Nervenschäden, zu Störungen der Hirnfunktionen und zur Beeinträchtigung der Intelligenz führen.

Das gleiche gilt für Föten. Eine besonders sensible Phase in der Entwicklung des Ungeborenen ist die Ausbildung des Nervensystems. Sie kann bereits durch die einmalige Aufnahme von Lebensmitteln mit hohen Bleigehalten beeinträchtigt werden. Deshalb sollten Frauen mit Kinderwunsch so wenig Blei wie möglich aufnehmen. Denn während der Schwangerschaft ist der F&ou ml;tus unter Umständen nicht nur der Menge an Blei ausgesetzt, die eine werdende Mutter insbesondere über Lebensmittel aufnimmt. Der in der Schwangerschaft erhöhte Knochenumsatz führt bei unzureichender Calciumzufuhr dazu, dass das gespeicherte Blei freigesetzt wird und so eine zusätzliche Belastung sowohl für den Fötus als auch für die Frau darstellt.

Durchschnittlich verzehren Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland ca. zwei Gramm Wildbret pro Tag (1-2 Wildmahlzeiten pro Jahr). Die zusätzliche Bleiaufnahme über Wildfleisch ist bei diesen Mengen gegenüber der Aufnahme über Getränke, Getreide, Obst und Gemüse toxikologisch unbedeutend. Anders ist die Situation bei Wildliebhabern wie zum Beispiel Jägern und ihren Familien. Studien aus der Schweiz zeigen, dass in diesen Haushalten bis zu 90 Portionen Wildfleisch im Jahr verzehrt werden.

Für Deutschland ist mit ähnlichem Verzehrsverhalten in Jägerhaushalten zu rechnen. Wird das Wildfleisch durch den Einsatz von bleihaltiger Munition gewonnen, erhöht sich die Bleiaufnahme in diesem Personenkreis erheblich. Hier ist deshalb mit einer Gefährdung der Gesundheit insbesondere bei Ungeborenen und Kindern unter sieben Jahren zu rechnen.

Eine hohe Bleikontamination von Wildfleisch durch die verwendete Munition sollte daher unbedingt vermieden werden. Das grosszügige Entfernen des Fleischs um den Schusskanal reicht als Massnahme nicht immer aus, um hohe Kontaminationen mit Blei zu vermeiden. Das BfR ist daher an der Forschung beteiligt, bei der ermittelt wird, welche Munition für die Gewinnung von Wildbret besonders geeignet ist. Langfristig ist anzustreben, für den menschlichen Verzehr bestimmtes Wildbret nur noch mit Munition zu gewinnen, die kein Blei in das Lebensmittel abgibt.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftliche Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen. (Text: BfR)

Kommentar vom Verein Wildtierschutz Schweiz

Dass Blei giftig ist, ist seit Langem bekannt. Auch über seinen zerstörerischen Einfluss auf Wildvögel wird seit rund 125 Jahren berichtet. Doch so richtig in den Fokus geriet die Bleidebatte erst vor knapp 30 Jahren. Damals litt in den USA die Population des Weisskopfseeadlers massiv unter Bleivergiftungen.

Greifvögel hatten sich beim Verzehr von angeschossenen Wildvögel und von bleihaltigem Aufbruch (Wildreste, die beim Ausweiden der Jagdbeute häufig vor Ort liegengelassen werden und Munitionsreste enthalten können) vergiftet. Nachdem man die Zusammenhänge erkannt hatte, wurde die Verwendung von Bleischrot zunächst in den Wasservogelgebieten verboten. 1991 erfolgte dann in den USA und 1997 auch in Kanada das vollständige verbot von Bleischrot.

Noch gefährlicher als Bleischrot, dass Greifvögel vor allem über zuvor angeschossene Wasservögel aufnehmen, sind für sie die Reste bleihaltiger Kugelmunition. Sie kann sowohl im Aufbruch als auch in angeschossenen und trotz nachsuche nicht gefundenen Rehe oder Wildschweinen enthalten sein. Aas fressende Arten wie der Seeadler sind davon betroffen. Im vergleich zum Schrot sind die relativen Oberflächen dieser winzigen Splitter deutlich grösser, ihr Vergiftungspotential ist somit entsprechend höher, da sich mehr Blei lösen kann.

Noch unverständlicher wird das festhalten an den Bleigeschossen angesichts der Tatsache , dass bereits seit mehreren Jahren alternativen positiv getestet und inzwischen auch angeboten werden. Beim Schrotschuss haben die Anbieter sich umgestellt und bieten entsprechende bleifreie Munition zu erschwinglichen Preisen an. Sie arbeiten mit Stahl, Wolfram und Wismut.

In Ländern wie Finnland, Dänemark oder den Niederlanden ist bleihaltige Munition schon seit Jahren verboten. Weshalb nimmt sich die Schweiz diese Länder nicht als Vorbild? Das Internationale Council for Game and Wildlife Conservation propagiert seit längerem den bleifreien Schrotschuss und macht darauf aufmerksam, dass sich auf lange Sicht die Verwendung von Blei durch die Entwicklung moderner Alternativmaterialien vollständig vermeiden liesse.

Auf die Verwendung bleifreier Büchsengeschossen zu verzichten, dafür gibt es zur Zeit dagegen keinen ausreichenden Grund. Fest steht, dass eine Umstellung auf bleifreie Muniton kommen muss. Und selbst wenn billigend in Kauf genommen werden sollte, dass Greifvögel weiterhin an Bleivergiftung sterben: Die Mehrzahl der Käufer von Wildbret wird nur noch bleifrei geschossenes Wild erwerben wollen.

Dieser Adler könnten noch leben, wenn sich der Gesetzgeber in der Schweiz endlich dazu durchringen könnte, bleihaltige Munition zu verbieten. Bleifreie Munition ist längst verfügbar. Raubvögel fressen gern Aas. Sie nehmen Bleischrote über angeschossene Vögel auf, Bleifragmente über Hirsche, Rehe oder Wildschweine, die von Jägern nur angeschossen und später nicht gefunden wurden oder deren Innereien (sog. Aufbruch) durch Jäger in die Natur entsorgt wurden. Die mit einem Bleikern versehenen Kugelgeschosse sollen beim Auftreffen auf den Tierkörper eigentlich nur "aufpilzen", zersplittern aber, wenn sie dabei auf Knochen treffen. (Text: Verein Wildtierschutz Schweiz, Postfach 63, Davos, http://jagdkritik.ch/)

Auszug aus dem Artikel vom saldo No 18 im 2002

So gesund, wie Feinschmecker glauben, ist nicht jedes Stück Wild. Die Geschosse der Jäger hinterlassen im Fleisch giftiges Blei. Das Metall ist schon in geringen Mengen besonders gefährlich, weil es sich im Körper anreichert. Es schädigt die inneren Organe sowie das zentrale Nervensystem und lagert sich in den Knochen ab.

Bereits 1997 stiessen die Kantonschemiker bei 30 Prozent der untersuchten Rehpfeffer auf einen Bleigehalt von mehr als 2 Milligramm pro Kilogramm. Das Resultat sensibilisierte Jäger und Metzger - bereits ein Jahr später beanstandeten die Kantonschemiker nur noch 10 Prozent der Rehpfeffer wegen zu hohem Bleigehalt.

Doch der positive Effekt hat nicht lange angedauert: Schon 2001 fanden die Kantonschemiker wieder ähnlich hohe Werte. Deshalb hat Kassensturz in diesem Jahr bei Metzgereien und Grossverteilern Wild eingekauft und auf Bleirückstände hin untersuchen lassen. Von 20 Proben erwiesen sich 12 als unbelastet. 2 Proben enthielten Spuren von Blei. Bei 3 Proben fand das Labor zwischen 1,3 und 1,5 Milligramm Blei pro Kilogramm Fleisch.

Kantonschemiker beanstanden Wildfleisch aber erst ab 2 Milligramm pro Kilogramm Bleigehalt. In der Kassensturz-Stichprobe überschritten 3 Proben diesen Wert. Am meisten Blei enthielt der Rehpfeffer von Coop in Zug. Er enthielt 6,21 Milligramm. «Wir sind uns des Problems vom Blei im Wild bewusst», sagt Karl Weisskopf, Pressesprecher von Coop. «Unser Hauptlieferant verfügt über einen Metalldetektor, mit dem die Ware kontrolliert wird. Beziehen wir aber bei erhöhter Nachfrage Fleisch über andere Lieferanten, ist die Kontrolle nicht lückenlos.»

Den zweitletzten Platz belegt die Migros Thusis mit einem Hasenpfeffer. Das Labor fand darin 5,86 Milligramm Blei. Monika Weibel vom Migros Genossenschaftsbund: «Obwohl das Fleisch mehrmals geprüft wird, ist es nicht möglich, beim Wildfleisch eine 100-prozentige Garantie für die Einhaltung des Richtwertes zu geben.»

Otmar Deflorin, Kantonschemiker von Graubünden, untersucht seit Jahren Wildfleisch auf seinen Bleigehalt. «Zur Herstellung von Pfeffer nehmen die Metzger das billigere Fleisch vom Vorderviertel. Und dort geht der Schuss des Jägers durch.» Zur guten Herstellungspraxis gehöre, dass man den Schusskanal grosszügig wegschneide. «Lieber ein Kilo weniger Fleisch und dafür kein Blei im Wildgericht.»

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) in Bern hat wegen des Bleis im Wildfleisch keine Bedenken. Mit einer Studie belegte es kürzlich, dass Menschen mit einem hohen Wildfleischkonsum keine erhöhten Bleiwerte im Blut aufweisen. Experten halten die Messung im Blut für verfehlt. Blei baut sich im Blut schnell ab und sammelt sich anschliessend im Körper an. Und: Das BAG führte die Studie mit Jägern durch, die das Wild selber erlegen und zubereiten - und sicher mit grosser Sorgfalt darauf achten, den verbleiten Einschusskanal sauber zu entfernen. (http://www.ktipp.ch/themen/beitrag/1016317/ Bleierne_Schwere_im_Magen) (gb)


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