Mehrerern Herstellern droht für einen Teil ihrer seit Jahren in der Schweiz hergestellten Produkte das Verbot, diese mit der Herkunft Schweiz auszuloben.
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Mit der Swissnessvorlage will der Bundesrat regeln, was als "Swiss made" gelten und mit dem Schweizer
Kreuz beworben werden darf. Er reagiert damit auf Missbräuche mit im Ausland hergestellten Produkten.
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Mit seinem Vorschlag, dass in der Schweiz hergestellte Lebensmittel
grundsätzlich nur dann mit dem Schweizer Kreuz versehen werden dürfen, wenn sie zu 80 Prozent aus einheimischen Rohstoffen bestehen, übersieht er, dass der gute Ruf, den Schweizer Produkte in der Welt geniessen,
nicht von der Menge und Herkunft der eingesetzten Rohstoffe
abhängt, sondern von deren Exzellenz als Ergebnis kreativer, sorgfältiger und qualitätsbewusster Arbeit.
Die verkürzte Gleichung "Swissness = Rohstoff" hätte für die in der Schweiz hergestellten Lebensmittel zur Folge, dass sie nicht mehr mit einem Schweizer Kreuz gekennzeichnet werden dürften, obwohl sie in der Schweiz erdacht, erprobt, entwickelt und produziert werden.
Die Forderung, dass auch industriell hergestellte Lebensmittel wie Biskuits, Tiefkühlpizza oder Beutelsuppen zu 80% aus Schweizer Agrarrohstoffen zusammengesetzt sein müssen, ist geradezu grotesk. Ohne vernünftig umsetzbare und faire Swissnessvorgaben drohen der Lebensmittel-Industrie und der Landwirtschaft Ungemach. International vernetzte Herstellfirmen könnten die Produktion von traditionsreichen Markenartikeln ins Ausland verlegen, weil das Festhalten am Produktionsstandort Schweiz wirtschaftlich nicht mehr Sinn macht.
Für viele der in der Schweiz verbleibenden Firmen sinkt der Anreiz für den Einsatz von Schweizer Agrarrohstoffen angesichts der Unerreichbarkeit der Swissnessregeln massiv. Beide Szenarien hätten Arbeitsplatzverluste und Umsatzeinbussen für die Landwirtschaft und die Lebensmittel-Industrie zur Folge.
Nationalrat für vernünftige Differenzierung
Da die Swissness auch bei Lebensmitteln neben dem Herstellungsort in erster Linie für das "Savoir faire" und die Produktequalität steht, hat der Nationalrat nach knapp zweijähriger intensiver Vorarbeit seiner Rechtskommission die Vorlage in diesem Punkt den wirtschaftlichen Realitäten angepasst. Die Mehrheit der Ratsmitglieder will bei den Rohstoffanforderungen zwischen schwach und stark verarbeiteten Lebensmitteln unterscheiden, weil die Konsumentenerwartung an die Herkunft der Rohstoffe bei einem Käse eine andere ist, als bei einem aus 18 Zutaten hergestellten Biskuit.
Währenddem es für schwach verarbeitete Produkte bei der vom Bundesrat vorgeschlagenen Regelung mit 80 Prozent einheimischen Rohstoffen bleibt, werden für stark verarbeitete Produkte 60 Prozent Schweizer Rohstoffe und 60 Prozent auf die Schweiz entfallende Herstellkosten vorausgesetzt. Mit ihrer Zustimmung zu diesem Wert akzeptiert die Schweizer Lebensmittel-Industrie einen Wert, der in Europa seinesgleichen sucht.
Swissness ist nicht nur Rohstoff
Die Herkunft der Rohstoffe ist insbesondere bei schwach verarbeiteten Produkten wie z.B. bei einem Käse für Konsumentinnen und Konsumenten wichtig. Bei stark verarbeiteten und aus vielen Zutaten bestehenden Produkten wie Biskuits, Beutelsuppen, Bonbons usw. ist die Herkunft der Rohstoffe für die Konsumentinnen und Konsumenten deutlich weniger wichtig.
Das Schweizer Kreuz auf vorverpackten Lebensmitteln steht in ihren Augen in erster Linie für das "Savoir faire" und für Werte wie "Zuverlässigkeit", "Exklusivität" und "internationale Spitzenqualität". Ein Lebensmittel, das in der Schweiz hergestellt wurde, soll deshalb grundsätzlich auch mit dem Schweizer Kreuz gekennzeichnet werden dürfen. Der Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten vor Täuschung ist durch die detaillierten Vorgaben des Lebensmittelrechts bereits zweckdienlich sichergestellt und wird von den Kantonen durchgesetzt.
Rechtssicherheit statt Zahlenfriedhöfe
Die Nahrungsmittel-Industrie ist kompromissbereit und unterstützt in Verbindung mit praktikablen Ausführungsbestimmungen und Berechnungsmodalitäten
den Vorschlag des Nationalrates, wonach für stark verarbeitete Lebensmittel eine kumulative
Wert- und Gewichtsvorgabe
von je 60 Prozent massgebend sein soll.
Die Berechnungsvorgaben müssen aus dem Gesetzeswortlaut allerdings klar hervorgehen und stark vereinfacht werden, damit sie auch für kleinere Unternehmungen ohne Spezialisten umsetzbar sind. Zusammengesetzte Zutaten (z.B. Teigwaren in einer Fertigsuppe) sollen
nicht noch in ihre ursprünglichen Ingredienzen aufgeschlüsselt werden
müssen.
Einheimische Rohstoffe? Wenn immer möglich!
Die Verwendung von Schweizer Rohstoffen
liegt sowohl im Interesse der einheimischen Landwirtschaft als auch der auf nachhaltige Produktion bedachten Nahrungsmittelhersteller. Soweit dafür Rohstoffe benötigt werden,
bei denen die Schweiz einen hohen
Selbstversorgungsgrad hat (wie Milch, Fleisch, verschiedene Getreidesorten,
Kartoffeln) soll für diese eine Swissnessverwendungsvorgabe
von 60 Prozent für stark und von 80 Prozent für schwach verarbeitete Produkte gelten. Sofern diese Rohstoffe
allerdings nicht in der erforderlichen
Qualität und Menge erhältlich
sind, müssen sie ausgenommen werden.
Ein Verbot, in der Schweiz hergestellte
Lebensmittel mit einem zu geringen Anteil an einheimischen Rohstoffen mit dem Schweizer Kreuz auszuzeichnen, vermindert deren Attraktivität in ausländischen Ladenregalen.
Kurzarbeit oder die Reduktion
von Stellen sind mögliche Folgen. Für multinationale Unternehmungen entfällt ein wichtiges Argument, am Produktionsstandort Schweiz festzuhalten.
Eine Verlagerung der Produktion ins kostengünstigere Ausland ist ein realistisches Szenario.
Die Schweizer Wirtschaft verdient jeden
zweiten Franken im Ausland. Die Schweizer Nahrungsmittelhersteller exportieren durchschnittlich 20 Prozent
ihrer Produkte bei zunehmender Tendenz. Produkte mit dem Schweizer
Kreuz erfreuen sich im Ausland zunehmender Beliebtheit. Da der Inlandmarkt auf hohem Niveau gesättigt
ist, können die Schweizer Nahrungsmittelhersteller ihre Position
nur im Ausland ausbauen.
Eine im internationalen Vergleich kleinliche,
technokratisch angehauchte und agrarpolitisch motivierte Swissnessregelung
verschlechtert die Perspektiven vieler Firmen auf dem Werkplatz Schweiz. Eine breite Allianz
von Firmen appelliert deshalb an das Parlament, die Swissnessvorlage im gesamtwirtschaftlichen Interesse besser auszubalancieren.
Die Annehmbarkeit der Swissnessvorlage für die Schweizer Nahrungsmittel-Industrie setzt folgendes voraus:
• Bei den Rohstoffvorgaben ist zwischen schwach und stark verarbeiteten
Lebensmitteln zu unterscheiden;
• Zu berücksichtigen sind nur diejenigen Rohstoffe, bei denen die rohstoffarme
Schweiz einen Selbstversorgungsgrad von mindestens 50 Prozent aufweist;
• Die Gefährdung oder Verlagerung von Arbeitsplätzen der Schweizer
Lebensmittel-Industrie und Landwirtschaft durch unrealistische Vorgaben
müssen verhindert werden;
• Die Swissnessvorlage soll auf einfachen Regeln basieren und muss gesamtwirtschaftlich Sinn machen. Sie darf nicht für sachfremde Anliegen und Partikularinteressen instrumentalisiert werden. (fial)
(gb)
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