Bei der Swissness-Vorlage nähern sich National- und Ständerat einer Einigung an: Für die Lebensmittel stehen die Regeln nun fest: durchgesetzt hat sich die strengere 80%-Variante.
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Gewinner der hohen 80%-Hürde sind die Schweizer Bauern, Verlierer die Hersteller von zusammengesetzten Produkten, deren Rohstoffe teilweise importiert werden müssen wie die Biscuitfabrikanten. Einer der prominenten Befürworter der 60%-Regel war daher HUG-Chef Werner Hug. Er hatte gefordert, dass der Minimalanteil an Schweizer Rohstoffen von 80 auf 60 Prozent gesenkt werde und nur Rohstoffe miteinbezogen würden, die zu mindestens 50 Prozent in der Schweiz verfügbar seien. Schlimmstenfalls müsste Hug künftig auf das Schweizerkreuz verzichten, so seine Prognose.
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Der Nationalrat hat seine ursprüngliche Position aufgegeben und ist auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt: Demnach soll für Lebensmittel in Zukunft ein Mindestanteil von 80 Prozent inländischer Rohstoffe gelten, damit diese mit einem Schweizer Kreuz ausgezeichnet werden dürfen.
Der Nationalrat hat sich ursprünglich für eine Unterscheidung zwischen stark und schwach verarbeiteten Lebensmitteln ausgesprochen: Für schwach verarbeitete Lebensmittel hätte demnach das 80-Prozent-Kriterium gegolten, für stark verarbeitete das 60-Prozent-Kriterium. Nun hat sich die grosse Kammer mit 107 zu 80 Stimmen bei 4 Enthaltungen für die Linie des Ständesrates ausgesprochen: Lebensmittel sollen dann das Schweizer Kreuz tragen dürfen, wenn 80 Prozent der Rohstoffe aus der Schweiz stammen.
Bundesrätin Simonetta Sommaruga gab in der heutigen Debatte zu bedenken, dass eine Unterscheidung zwischen schwach und stark verarbeiteten Lebensmitteln die ohnehin schon komplizierte Swissness-Vorlage nur noch komplizierter gemacht hätte. Zudem gebe es keine einfache und unbürokratische Lösung, wie man Nahrungsmittel derart unterscheiden kann: „Erklären Sie einmal einem Konsumenten, warum Käse ein schwachverarbeitetes Lebensmittel ist und Brot ein starkverarbeitetes Lebensmittel“, sagte Sommaruga.
Differenzen zwischen den Räten bestehen allerdings noch bei den Milchprodukten. Hier will der Nationalrat an einer Sonderregelung festhalten, wonach 100 Prozent der Milch aus der Schweiz stammen müssen, wenn Milchprodukte mit dem Schweizer Kreuz beworben werden.
Der Schweizerische Bauernverband ist über den Entscheid erfreut, denn die Swissnessvorlage sei für die Bauernfamilien von grosser Bedeutung. Nur mit dem aktuell hohen Mindestanteil könnten sie sich mit ihren Produkten auf dem Markt gegenüber der Konkurrenz abgrenzen und ebenfalls vom Swissness-Mehrwert profitieren. (Text: LID 11. März 2013)
Auswirkung des Pferdefleischskandals
Bei Lebensmitteln sei der Rohstoff das Entscheidende, nicht die Herstellung, lautete der Tenor. Beim Meinungswandel dürfte auch der Lasagne- und Pferdefleischskandal eine Rolle gespielt haben. Dieser bestätige, dass die Konsumentinnen und Konsumenten Anspruch auf Transparenz hätten - auch bei stark verarbeiteten Produkten, sagte Christa Markwalder (fdp., Bern).
Die Verfechter der Unterscheidung zwischen schwach und stark verarbeiteten Lebensmitteln brachten vergeblich Beispiele vor. Schokolade sei nicht wegen des Kakaos typisch schweizerisch, sondern wegen der Herstellung in der Schweiz, sagte Alec von Graffenried (Grüne, Bern). Würden die Hürden zu hoch gesetzt, schade dies traditionellen Schweizer Produkten. Der Rat entschied sich aber für die höheren Hürden.
Noch nicht einig sind sich die Räte, wann industrielle Nonfood-Produkte als «swiss made» verkauft werden dürfen. Hier hat der Nationalrat an seiner - strengeren - Lösung festgehalten. Industrielle Produkte sollen demnach als schweizerisch angepriesen werden dürfen, wenn mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen.
Der Ständerat möchte die Hürde tiefer setzen, nämlich bei 50 Prozent. Auch im Nationalrat gab es dafür Stimmen. Die Mehrheit befand aber, eine 50-Prozent-Regel wäre eine Verschlechterung gegenüber der heutigen Praxis.
Sommaruga warnte den Rat davor, die Hürden zu tief zu setzen. Zwar entspräche die 50-Prozent-Regel der heutigen Praxis. Aber die Berechnungsbasis sei nun eine andere. Neu könnten viel mehr Kosten den Herstellungskosten angerechnet werden, etwa die Kosten für Forschung und Entwicklung.
Würden die Räte sich für die 50-Prozent-Regel entscheiden, wäre dies deshalb nicht eine Stärkung der Marke Schweiz, sondern eine Verwässerung, sagte Sommaruga. Sie erinnerte daran, dass die Gesetzesrevision von Seiten der SVP und der SP gefordert worden war, um den Missbrauch der Marke Schweiz einzudämmen. Produkte mit Schweizerkreuz sind auf dem Markt bis zu 20 Prozent mehr wert.
Die Swissness-Frage gibt vor allem in der Uhrenindustrie zu reden. Swatch machte sich für die 60-Prozent-Regel stark, weshalb die Gegner von einer «Lex Hayek» sprachen. Die Befürworter strengerer Regeln gaben zu bedenken, dass niemand gezwungen sei, Produkte mit dem Label «Schweiz» zu bewerben. Die Vorlage geht nun zurück an den Ständerat. (Auszug aus www.nzz.ch)
(gb)
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