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Nachrichten

26.6.2013

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Rotes Kalbfleisch: Dilemma für Metzgereien

Metzger sind gegen die STS-Forderung einer Streichung der Farbabzüge bei Kälbern, da zu rotes Kalbfleisch schwer verkäuflich ist zum Kalbfleischpreis.



Zum Vergleich: weisses, hellrosa-farbenes und rotes Kalbfleisch. Unterschiede bestehen auch beim Geschmack und der Haltbarkeit.


(SFF 25.6.2013) - Der Schweizer Fleisch-Fachverband SFF begrüsst die bisherigen Bestrebungen des Schweizer Tierschutzes STS für eine tiergerechte Kälberhaltung in der Schweiz ausdrücklich. Dies, obwohl die Vorgaben der Tierschutzverordnung klar zu röterem Kalbfleisch führen und damit einer seit langem bestehenden kulinarischen Tradition des weissen Kalbfleisches mit seinem milchartigen Geschmack entgegen laufen.

Von zentraler Bedeutung ist es daher, dass das Kalbfleisch auch unter den neuen Tierschutzvorgaben sowohl geschmacklich wie auch farblich klar vom Rindfleisch unterscheidbar bleibt. Ansonsten ist zu befürchten, dass die Konsumentinnen und Konsumentinnen das rote Kalbfleisch weder visuell noch geschmacklich vom günstigeren Rindfleisch unterscheiden können und dieses folglich nicht mehr einkaufen.

Hinzu kommt, dass in der Praxis diverse Abnehmer aus dem Verpflegungsbereich bei ihren Lieferanten explizit nach hellem Kalbfleisch verlangen bzw. Preisreduktionen für farblich abweichendes Kalbfleisch vornehmen oder dieses generell zurückweisen.

Wie die neuere Praxis gerade bei professionellen Kälbermästern zeigt, ist die Produktion des unter den neuen Rahmenbedingungen anzustrebenden hellrosa-farbenen Kalbfleisches sehr wohl möglich. Damit ist auch für den SFF klar, dass weisses Kalbfleisch aus tierschutzrelevanten Gründen nicht mehr länger vertretbar ist.

Hingegen lehnt er es in aller Form ab, dass die nach wie vor deutlich schlechtere Verkäuflichkeit des roten bzw. rindfleischartigen Kalbfleisches alleine durch die Metzgereien in Form von Umsatzeinbussen und Margenverlusten finanziert, das heisst auf deren Buckel ausgetragen werden soll. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Rotfärbung des Kalbfleisches ihre Ursachen in der Fütterung und nicht in den Metzgereien hat.

Der SFF empfiehlt daher seinen Mitgliedern, gegenüber den Kalbfleischproduzenten solange an den bisherigen Farbabzügen von 2 bis 3 Franken pro kg festzuhalten, wie die schlechtere Verkäuflichkeit von rotem bzw. rindfleischartigem Kalbfleisch an der Verkaufsfront besteht bzw. nicht eine Finanzierung der ansonsten beträchtlichen Mindererlöse anderweitig, z.B. durch die Tierschutzkreise, erfolgt. Konsequenterweise kann der SFF daher die heute vom STS lancierte Kälber-Charta mit der Forderung einer Streichung der Farbabzüge bei Kälbern unter 160 Tagen nicht unterzeichnen.



Das Kalb ist nun nicht mehr definiert über die Ernährung (wie früher, als es nur Milch erhielt) sondern neu über das Maximalalter von 160 Tagen, da es freien Zugang zu Rauhfutter haben muss.


Die Farbe von Fleisch wird massgeblich durch den Muskelfarbstoff Myoglobin bestimmt, der Eisen als Zentralatom enthält. Demzufolge hängt die Farbausprägung des Fleisches stark mit der Versorgung der Kälber mit Eisen zusammen, d.h. je mehr Eisen das Kalb während seines Wachstums aufnimmt, desto röter wird die Fleischfarbe.

Umgekehrt führt ein Eisenmangel zu Blutarmut (sog. Anämie), was zu einer geringeren Widerstandskraft und damit einer höheren Anfälligkeit der Kälber gegenüber gesundheitlichen Störungen führt. Die Tierschutzverordnung schreibt deshalb mit einer Übergangsfrist per 1. September 2013 vor, dass Kälber mit Wasser zur freien Verfügung und mit ausreichend (eisenhaltigen) Rohfasern zu versorgen sind.

Viele Konsumentinnen und Konsumenten wie auch eine Vielzahl von Einkäufern von Verpflegungsbetrieben verlangen hingegen – einer langen kulinarischen Tradition entsprechend – ausdrücklich nach hellem bzw. weissem Kalbfleisch, während das rote oft in der Ladentheke liegen bleibt. Helles Kalbfleisch zeichnet sich nebst seiner Farbe auch durch seinen milchartigen Goût aus, während rotes bzw. rindfleischartiges Kalbfleisch durch einen grasartigen Geschmack charakterisiert wird.

Letzteres ist gemäss Aussagen vieler Metzger zudem weniger gut haltbar bzw. innert kurzer Zeit diversen Farbveränderungen in Richtung braun-gräulich ausgesetzt. Dies dürfte mit der eisenbedingten Oxidationsanfälligkeit des in rotem Kalbfleisch in höheren Mengen vorkommenden Muskelfarbstoffes Myoglobin im Zusammenhang stehen.

Im Interesse aller beteiligten Kreise muss es unter Berücksichtigung der obgenannten Aspekte das erklärte Ziel sein, der Kundschaft hellrosa-farbenes Kalbfleisch anzubieten, das sowohl den Anforderungen an eine tiergerechte Haltung und Fütterung wie auch denjenigen des Marktes gerecht wird.

Für den SFF geht die in der Branche bereits erfolgte Einigung auf ein Maximalalter der Kälber von 160 Tagen in die richtige Richtung. Sie genügt aber nicht, weil sich damit die auch bei den jüngeren Tieren vorkommende Farbproblematik leider nicht ausschliessen lässt.

Der SFF begrüsst daher den bereits erfolgten Branchenkonsens, die Farbmessung in den grösseren Schlachthöfen mittels Minolta-Farbmessgerät durchzuführen; die noch laufenden Auswertungen und die Diskussionen um die jeweiligen Grenzwerte verfolgt der SFF weiterhin mit grossem Interesse. Für die kleineren Schlachtbetriebe soll hingegen weiterhin die optische Unterscheidung möglich sein, weil die Anschaffung eines Farbmessgerätes deren finanzielle Möglichkeiten bei weitem übersteigen würde.

In den Diskussionen seitens der Gegner von Farbabzügen wird meist der Umstand ausser Acht gelassen, dass ein Streichen der Farbabzüge dazu führen dürfte, dass sich die Schlachtung von Kälbern wirtschaftlich nicht mehr lohnt. In einer solchen Situation ist zu befürchten, dass der Markt für Kalbfleisch über kurz oder lang verschwinden bzw. stark reduziert würde.

Dies hätte wiederum zur Folge, dass die betreffenden Kälber länger ausgemästet und daraus ein Überangebot im Rindfleischmarkt mit all seinen negativen Konsequenzen resultieren würde. Zudem wäre im genannten Fall anzunehmen, dass bei den Kälbern von Milchviehrassen, deren Ausmast sich gar nicht mehr lohnen würde, eine zur Situation der männlichen Legeküken analoge Situation eintrifft. Ob dies wirklich das Ziel ist, darüber haben sich die Initianten der aktuellen Kalbfleisch-Offensive bislang wohlweislich ausgeschwiegen.

Der SFF ist sich bewusst, dass sich die unbestrittenermassen emotionelle Thematik der Kalbfleischfarbe nur auf eine pragmatische Art und Weise lösen lässt und dabei die Aufklärung der Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch der Einkäufer von Verpflegungsbetrieben von zentraler Bedeutung ist. Eine zu forsche Vorgehensweise nützt hingegen niemandem, denn was bringt es, wenn man in der Schweiz zwar ethisch sehr hohe Tierschutzvorgaben definiert, gleichzeitig aber den entsprechenden Markt derart einschränkt, dass dieser nicht mehr existieren kann? (Text und Bild: SFF)

Mitteilung des Schweizer Tierschutz STS: Dritter STS-Kälbergipfel

Ab Herbst diesen Jahres müssen Kälber - wegen neuer Vorschriften der Tierschutzverordnung - zwingend Rauhfutter erhalten. Diese sinnvollen Massnahme verbessert das Wohl und die Gesundheit von Mastkälbern, wird zu einer Reduktion des Antibiotikaverbrauches führen, bedeutet aber auch das Ende der jahrzehntelang gewohnten, hellen Kalbfleischfarbe. Kalbfleisch aus guter Haltung und Fütterung wird rötlich sein und helles Kalbfleisch wird ab Winter 2013/14 für Fehlernährung bei Kälbern stehen. Konsumenten müssen also umdenken.

Am 3. STS-Kälbergipfel waren sich Tierschutz und Kälbermäster einig, konsequent auf eine Qualitätsstrategie zu setzen, mit regelmässigem Auslauf ins Freie für Kälber sowie kälbergerechter Fütterung. Die Grossverteiler Migros und Coop, die Stiftung für Konsumentenschutz und die Schweizerische Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz unterstützen diese Strategie. Die beiden Grossverteiler gaben zudem bekannt, ihr Kalbfleischangebot verstärkt auf Label mit Auslaufhaltung auszurichten und wegen der guten Konsumentenakzeptanz hier auf Farbabzüge für rötliches Kalbfleisch zu verzichten.

Der STS-Kälbergipfel diente der Vorbereitung aller Akteure - Bauern, Metzgerschaft, Detailhandel, Gastro-/Hotelbranche - auf die gesetzlich vorgeschriebene Neuausrichtung bei der Kälberfütterung.

Ziel und Absicht des Schweizer Tierschutz STS ist es, dass Bauern die neuen gesetzlichen Vorgaben vollumfänglich und korrekt umsetzen können zum Wohl ihrer Kälber, um dann, bei Einhaltung eines maximalen Alters der Masttiere und einer hohen sensorischen Fleischqualität, keine Farbabzüge für rötliches Kalbfleisch mehr in Kauf nehmen zu müssen. Jahrzehntelang wurden nämlich Kälber zur Erzeugung von möglichst hellem Kalbfleisch fehlernährt. Rauhfutter wurde ihnen konsequent vorenthalten, sodass sie oft unter Eisenarmut und Magengeschwüren litten und überaus anfällig für Krankheiten waren.

Unterstützung fand der STS insbesondere bei der Konsumentenschaft und den Tierärzten. So sprach sich die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) mit Blick auf den hohen Antibiotikaverbrauch in der Kälbermast klar für einen besseren Schutz und eine artgemässe Ernährung der Kälber aus. Die Schweizerische Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (STVT) übergab den anwesenden Metzgern eine von rund 350 Tierärzten unterschriebene Petition "Qualität hat Farbe".

Für eine Übergangsfrist, die zur Konsumenteninformation genutzt werden soll, trägt der STS einen Kompromiss der Branchenorganisation Proviande mit, bei QM-Kalbfleisch inskünftig mittels eines Messgerätes die Kalbfleischfarbe objektiv zu bestimmen und entsprechende Grenzwerte für zu helles oder rindfleischartiges Kalbfleisch festzulegen.

Damit die von allen Teilnehmern am Kälbergipfel versprochenen Massnahmen nachhaltig wirken, hat der Schweizer Tierschutz STS eine Charta für den Schutz von Kälbern erarbeitet. Personen und Institutionen, die die Charta unterzeichnen, verpflichten sich:

1. Zur Förderung besonders tierfreundlicher Ställe sowie von Auslaufhaltung für Kälber

2. Zur Förderung einer den Bedürfnissen der Kälber angepassten Fütterung sowie eines professionellen und fürsorglichen Managements der Tiere

3. Zum Verzicht auf Farbabzüge bei Kälbern jünger als 160 Tage als Ziel und einer objektiven Farbmessung bis zur Erreichung dieses Zieles

4. Zur Information der Öffentlichkeit über die tierfreundliche Haltung von Kälbern. (Text: STS)

(gb)


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