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29.1.2014
| Druckansicht | Neue Regionalprodukte-Deklaration in Deutschland
An der Internationalen Grünen Woche in Berlin 2014 wurde eine neue Regionalkennzeichnung für Lebensmittel vorgestellt. Und die DLG hat das Thema erforscht.
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"Das Regionalfenster sorgt für mehr Transparenz beim Einkauf. Der Verbraucher erkennt auf einen Blick, woher die Hauptzutat des Produktes stammt, wie die Region definiert ist, wo es verarbeitet wurde und wie hoch der Gesamtanteil aller regionalen Zutaten ist", sagte Friedrich bei der Vorstellung.
Der Verbraucher könne sich darauf verlassen, dass er ein Produkt kauft, das dieses Etikett auch verdiene. Erste Produkte mit der neuen Kennzeichnung sind seit Januar im Handel, zahlreiche weitere werden in den nächsten Monaten folgen.
Einer aktuellen Umfrage im Auftrag des Bundeministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zufolge ist Regionalität das wichtigste Merkmal beim Lebensmitteleinkauf. Sechs von zehn Befragten (57 Prozent) gaben an, beim Lebensmitteleinkauf "häufig", „immer“ oder „fast immer“ auf die Herkunft der gekauften Lebensmittel zu achten. Demgegenüber geben lediglich vier von zehn Verbrauchern an, bewusst besonders preiswerte Lebensmittel einzukaufen. In derselben Umfrage betonten drei Viertel der Befragten, dass Ihnen Angaben zur Herkunft auf der Verpackung von Lebensmitteln wichtig sind.
"Die Verbraucher wollen mehr regionale Produkte kaufen und sicher sein, dass die Produkte das halten, was sie versprechen. Mit dem Regionalfenster bekommt der Verbraucher verlässliche Informationen an die Hand, die unabhängig geprüft werden. Mit dem Regionalfenster werden nur Produkte ausgezeichnet, die dieses Prädikat nachweislich verdienen“, erläuterte Friedrich. Gerade bei der regionalen Vermarktung spiele Vertrauen eine wichtige Rolle.
Von der neuen Transparenz profitierten Verbraucher, Hersteller und Handel gleichermassen. Hersteller aus der Region könnten ihr Mehr an Regionalität künftig glaubhaft belegen und sich so von anderen Unternehmen unterscheiden. "Das Regionalfenster wird neue Massstäbe setzen und die Entscheidung der Verbraucher beim Einkauf massgeblich beeinflussen. Ich bin zuversichtlich, dass sich das Regionalfenster schnell am Markt etablieren wird und in Kürze weitere Hersteller und Händler nachziehen", sagte Friedrich. Produkte mit ungenauen Werbeaussagen zur Region hätten es damit bald schwer am Markt.
Hintergrundinformationen zum Regionalfenster:
Damit ein Produkt mit dem Regionalfenster gekennzeichnet werden kann, muss es zahlreiche Kriterien erfüllen. Dazu zählt, dass die Region eindeutig und nachprüfbar benannt werden muss. Es kann sich dabei zum Beispiel um Landkreise oder Bundesländer handeln, aber auch um Kilometerangaben um einen Ort herum oder gewachsene Regionen wie die Eifel. Ausserdem müssen die Hauptzutat und alle wertgebenden Zutaten, also zum Beispiel die Erdbeeren im Erdbeerjogurt, zu 100 Prozent aus der Region stammen. Macht die Hauptzutat weniger als die Hälfte des Produktes aus, gilt diese Regelung entsprechend für die nächst wichtigen Zutaten.
Bei zusammengesetzten Produkten wird im Regionalfenster ausserdem die Gesamtsumme aller regionalen Rohstoffe mit einer Prozentzahl angegeben. Verpflichtend genannt werden müssen ausserdem der Verarbeitungsort und die Kontrollstelle, die das Produkt zertifiziert hat und die Angaben weiter überwacht. Darüber hinaus sind freiwillig auch zusätzliche Herkunftsangaben möglich, beispielsweise wo die Futtermittel oder das Saatgut produziert wurden.
Die Verlässlichkeit der Informationen wird durch ein neutrales mehrstufiges Kontroll- und Sicherungssystem gewährleistet. Um gerade kleinere regionale Hersteller nicht zu überlasten und die Kosten gering zu halten, werden hierfür zum Teil bestehende Systeme wie die Ökokontrolle oder die Zertifizierungsverfahren von etablierten Länderzeichen genutzt. Über die Vergabe des Regionalfensters entscheidet der Trägerverein "Regionalfenster e.V.".
Erste Produkte mit dem Regionalfenster sind seit Anfang Januar im Handel. So hat Lidl zu Jahresbeginn in Bayern in rund 500 Märkten Milchprodukte, Hähnchen, Wurst- und Fleischwaren mit dem neuen Regionalfenster eingeführt. Begonnen haben daneben die Handelsketten Tegut und EDEKA Südwest; ausserdem stehen REWE und Globus in den Startlöchern. Im Laufe der nächsten Wochen und Monate werden daher zahlreiche weitere Produkte folgen, sobald sie von unabhängigen Prüfstellen nach den strengen Kriterien des Regionalfensters zertifiziert sind. Mit dem Start der heimischen Obst- und Gemüseernte könnten weitere Produkte zertifiziert und dann ebenfalls mit dem neuen Regionalfenster vermarktet werden.
Das Regionalfenster ist eine freiwillige Kennzeichnung. Eine verpflichtende Kennzeichnung nur für deutsche Produkte und Unternehmen wäre sowohl nach nationalem als auch nach europäischem Recht nicht möglich. Um den Verbrauchern dennoch mehr Orientierung zu geben, hat Deutschland seinen Spielraum genutzt und diese freiwillige Kennzeichnung auf den Weg gebracht, die auch für die Weiterentwicklung von EU-Vorgaben zur Information über Lebensmittel wichtige Impulse geben kann.
Die Ergebnisse der bundesweiten Testphase 2013 lassen darauf schliessen, dass die Verbraucher das Regionalfenster schnell annehmen werden. Eine begleitende Verbraucher-befragung zum knapp dreimonatigen Test mit 150 Produkten hatte ergeben, dass mehr als 80 Prozent der befragten Verbraucher die Einführung dieser Kennzeichnung begrüssen. Ebenfalls 80 Prozent stuften das Regionalfenster als verständlich, gut lesbar, übersichtlich und informativ ein.
Knapp 72 Prozent der Befragten waren der Ansicht, dass eine Regionalmarke durch die zusätzliche Angabe des Regionalfensters glaubwürdiger wird. Bei verarbeiteten Produkten waren 78,5 Prozent der Befragten bereit, einen Preisaufschlag für Produkte mit dem Regionalfenster zu zahlen. Auch die Händler äusserten sich positiv und konnten mit den Produkten sogar Umsatzsteigerungen verbuchen. (Bundesministerieum für Ernährung und Landwirtschaft www.bmel.de)
Neue DLG-Studie: Dauerbrenner Regionalität
(DLG 29. Januar 2014). Das Thema Regionalität hat sich in den letzten Jahren zu einem Trend-Thema in den Lebensmittelmärkten entwickelt. Ob Gastronomie, Handel, Industrie, Erzeuger, Länder, Verbände, NGOs oder die Politik, alle haben das Thema für sich entdeckt und versuchen es durch entsprechende Inhalte zu besetzen. In den Regalen der Supermärkte findet man heute zahlreiche Marken und Produkte, die regional sind oder dies zumindest suggerieren wollen. Die Händler selbst haben Regionalität als Profilierungsthema für sich entdeckt und wollen mit eigenen regionalen Angeboten ihre Kunden stärker an ihre Märkte binden und den Einkauf emotionalisieren.
Wie hat sich aber die Einstellung des Verbrauchers zum Thema „Regionalität“ und „regional erzeugte Lebensmittel“ entwickelt? Die DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) ist zusammen mit der Kommunikationsagentur taste! (Offenbach) dieser Frage in ihrer neuen Studie „Regionalität aus Verbrauchersicht“ nachgegangen. Dafür wurden im Herbst 2013 rund 1.300 Verbraucher in Deutschland befragt.
Die aktuelle Erhebung baut auf den Ergebnissen der DLG-Studie aus dem Jahr 2011 auf und zeigt, wie sich die Erwartungshaltungen der Verbraucher hinsichtlich regionaler Lebensmittel verändert haben, und wie Hersteller und Handel darauf reagieren sollten.
Zielgruppe LOHAS
Neben die klassischen Kaufkriterien „Genuss“, „Qualität“ und „gesunde Ernährung“ tritt verstärkt das bewusste Einkaufen nach Aspekten wie Bio, Fair Trade, artgerechte Tierhaltung oder kürzere Transportwege in den Mittelpunkt. Ein Trend, der sich angesichts der wachsenden Zielgruppe der LOHAS (Lifestyles of Health and Sustainability) weiter potenzieren wird. Schon jetzt zählt jeder vierte deutsche Haushalt zu dieser Zielgruppe, die genussorientiert und ethisch-moralisch Lebensmittel konsumieren will.
Das Thema Regionalität wird angesichts dieser Entwicklung in den nächsten Jahren eines der zentralen Themen sein, wenn es um die Gunst der Käufer geht. Neben der Gesundheit und der Belastung von Lebensmitteln sind es vor allem die Themen Bio und Regionalität, die weit vorn in der wahrgenommenen Präsenz der Verbraucher stehen. Themen, die die Lebensmittelbranche nach Meinung der Verbraucher auch in den nächsten Jahren stark beschäftigen werden, so ein zentrales Ergebnis der DLG-Studie. Denn das „Wo kaufe ich ein?“ und die Herkunft eines Produktes werden angesichts einer zunehmend kritischen Käuferschicht immer entscheidender.
Der Begriff Regionalität ist in der Gesellschaft weit verbreitet – 83 % der Befragten haben von diesem Begriff gehört. Auch das Verständnis des Begriffs ist insgesamt sehr hoch; für 93 % bedeutet er „Produkte aus der Region“. Etwas weniger als die Hälfte der Befragten definieren Regionalität als den Grossraum um ihre Stadt, für genau die Hälfte ist es ihr Bundesland. Insbesondere die kaufkräftige Mittel- und Oberschicht ist bereit, für regionale Marken oder Produkte mehr zu zahlen.
Regionalität ist nach Einschätzung der Verbraucher ein recht aktuelles Thema, das in Deutschland erst seit ca. 5 Jahren im Gespräch ist, die Diskussion rund um Lebensmittel allerdings vermutlich noch viele Jahre begleiten wird. Regionalität ist als Thema für Verbraucher aktuell wichtiger als verwandte Themen wie: Nachhaltigkeit, Bio oder Fair Trade.
Diffuses Bild von Regionalität
Doch mit der wachsenden Popularität des Themas entsteht gleichzeitig ein diffuses Bild dessen, was Regionalität ist. Durch die Vielzahl von unterschiedlichsten Massnahmen und Botschaften im Kontext der Regionalität entsteht auf Verbraucherseite ein „Wahrnehmungs-Flimmern“: Das Thema ist zwar omnipräsent, aber inhaltlich nicht eindeutig definiert, so dass es an Vertrauen und Relevanz einzubüssen droht.
Eine stärkere Eingrenzung des Themas für mehr Transparenz und Relevanz beim Konsumenten ist deshalb wünschenswert. Dazu zählen einheitliche Spielregeln für Handel und Industrie in der Auslobung regionaler Produkte durch nachvollziehbare Eingrenzung der geografischen Herkunft, definierte Qualitätsstandards oder neutrale Bewertungssysteme. Der Verbraucher sehnt sich nach wie vor nach einer eindeutigen Deklaration. Das Regionalfenster könnte ein Angebot sein.
Regionalität: Internet als Chance
Regionalität ist für den Verbraucher zwar sichtbar, aber weniger kanalspezifisch als andere Themen: Regionalität findet auf allen Kanälen statt, ohne jedoch einen spezifischen Kanal zu dominieren wie z.B. Bio im Supermarkt oder Nachhaltigkeit in den Medien. Vor allem im Internet und am POS vergeben die meisten regionalen Marken damit die Chance, ihre Konsumenten emotional zu überzeugen. Dort, wo Storytelling, Inszenierung der Erzeuger und Interaktion stattfinden können, findet Regionalität aus Verbrauchersicht derzeit am wenigsten statt.
Regionalität wird heute weiter gefasst: Das Thema entwickelt sich immer mehr zu einer (grösseren) subjektiven, anstatt zu einer spezifischen räumlichen Abgrenzung der Region. Diese Entwicklung zeigt, welches Potential in der Vermarktung von Regionalität liegt. Wenn die Grenzen emotional immer weiter gefasst werden, ergibt sich die Chance zur stärkeren Unterscheidung zwischen Regionalität und Lokalität. Damit entsteht Platz für Spezialisierung und weitere Expansion. Stärkung von lokal verwurzelten Anbietern mit eng gefasstem, spezifischem Vertriebsgebiet auf der einen Seite sowie die breite Auffassung von „regional“ auf der anderen Seite ermöglichen Akzeptanz und Relevanz auch ausserhalb der eigenen Region.
Die Studie ist gegen eine Schutzgebühr von 75 Euro (zzgl. MwSt.) bei der DLG (E-Mail: G.Oppenhaeuser@DLG.org) oder bei der Agentur taste! (www.taste.de) erhältlich. (DLG 29. Januar 2014)
(gb)
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