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27.4.2006
| Druckansicht | Positive Konsumentenstimmung für Fleisch
Die Schweizer Fleischbranche glaubt ans Wachstum, allerdings nur unter stark verbesserten Rahmenbedingungen sprich bei Beseitigung von technischen Handelshemmnissen.
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Schweizer Metzger und die industriellen Fleischverarbeiter glauben auch im harten internationalen Wettbewerbsumfeld an ihre Zukunft und an nachhaltige Wachstumspotenziale im In- und Ausland. Um die sich für hochstehende Schweizer Fleischwaren auch auf den internationalen Märkten bietenden Chancen wahrnehmen zu können, müssen jedoch schnellstens die Rahmenbedingungen verbessert werden.
Die Fleischwirtschaft fordert deshalb, dass ohne Verzug auf Anfang 2007 die technischen Handelshemmnisse im Verkehr mit der EU beseitigt werden. Ausserdem müssen noch vor Ablauf des Jahrzehnts im Rahmen eines Agrarfreihandelsabkommens mit der EU die Voraussetzungen für den Vorstoss in den Export geschaffen werden.
Der Konsum von Rind- und Schweinefleisch legte 2005 leicht um 1,5% zu. Bemerkenswert auch, dass die gewerblichen Metzgereifachgeschäfte trotz tieferer Preise ihren Marktanteil halten konnten, das heisst, mehr Fleisch verkauft haben. Der Markteintritt von Aldi zeitigte bei den gewerblichen Betrieben bis anhin keine konkreten Auswirkungen.
Weitergehende Strukturveränderungen bei stabilem Konsum
Die Stimmung der KonsumentInnen gegenüber dem Nahrungsmittel Fleisch ist weiterhin positiv. So konnte 2005 eine leichte Erhöhung des Konsums von Rind- und Schweinefleisch von 1,5% oder 4'500 Tonnen realisiert werden. Eine für diese Branche respektable Steigerung. Dabei registrierten die Metzger wieder ein wachsendes Interesse an traditionellen Fleischprodukten.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass nicht nur bei Geflügelfleisch ein durch die "Vogelgrippe" erklärbarer Rückgang um 2,5% zu verzeichnen war. Auch der Konsum von Fisch bildete sich 2005 zurück. Die Tatsache, dass Schweizer Konsumenten rund 10 Prozent des in der Schweiz verbrauchten Fleisches im benachbarten Ausland einkaufen wird als Herausforderung verstanden, dieses Marktpotenzial selber auszuschöpfen.
Während der Fleischkonsum stabil ist, verändern sich die Strukturen der Fleischbranche laufend. Gemäss Bruno Kamm, Präsident des Verbandes Schweizer Metzgermeister VSM, ist die Zahl der im Verband Schweizer Metzgermeister zusammengeschlossenen gewerblichen Metzgereien von 1'458 auf 1'416 Unternehmungen um 42 Einheiten zurückgegangen.
Der Rückgang beträgt jährlich rund 3 Prozent und ist gegenüber der Situation anfangs des Jahrzehnts etwas abgeschwächt. War bisher der Strukturwandel ausschliesslich mit der Verminderung der Zahl an gewerblichen Metzgereibetrieben gleichgesetzt, sind in den letzten Monaten neue Kooperationen, Betriebsschliessungen und Betriebsübernahmen bei den grösseren, industriellen Einheiten zu beobachten. Diese Entwicklung dürfte noch nicht abgeschlossen sein.
Gewerbliche Metzgereien behaupten Marktanteile
Die Abschöpfung der Importvorteile durch die Bundeskasse beschleunige, so Bruno Kamm, die Suche nach Einsparungen, weil die Kosten der ersteigerten Importkontingente (im Jahre 2006 schätzungsweise 100 Mio. Franken) nicht auf die Abnehmer abgewälzt werden könnten.
Bild: Wienerliproduktion bei Bell
Anderseits müssten sich die mittelständischen Industrieunternehmen der Fleischbranche neu ausrichten, da die Marktführer des Detailhandels ihre eigenen Verarbeitungsbetriebe, deren Kapazität sie erhöht haben, verstärkt auslasten würden. Konkrete Auswirkungen des Markteintritts von Aldi konnten im gewerblichen Metzgereifachgeschäft bis anhin keine festgestellt werden.
Auf der Basis der von der Metzger-Treuhand AG ausgewerteten Buchhaltungen von rund 50% der VSM-Mitglieder kann der Schluss gezogen werden, dass trotz tieferer Preise für Schweine- und Rindfleisch ein leichtes Umsatzplus zu verzeichnen war, das heisst auch, dass deutlich grössere Mengen über den Ladentisch gegangen sind. Der Marktanteil des Metzgerei-Fachgeschäftes am Fleischumsatz konnte damit gehalten werden.
Freihandel soll Kräfte freisetzen
Balz Horber, Direktor des Verbandes Schweizer Metzgermeister VSM, vertrat mit Nachdruck die Forderung der Schweizer Fleischwirtschaft nach dem unverzüglichen Abbau der Handelshemmnisse mit der EU. Bisher mussten sich, so Balz Horber, Exporteure von Fleischwaren eine besondere EU-Bewilligung beschaffen und sich speziellen Kontrollen unterziehen. Damit soll 2007 Schluss sein, weil heute das Lebensmittel- und Fleischhygienerecht vollständig mit der EU harmonisiert ist.
Nachdem die technischen Voraussetzungen für den freien Warenverkehr gewährleistet sind, soll in einem nächsten Schritt durch den vollständigen Zollabbau für Frischfleisch und Fleischerzeugnisse die Grundlage für den Export von Fleischwaren in die EU geschaffen werden. Die Fleischverarbeiter sind überzeugt, in einer Initialphase die zusätzlichen Importe durch Ausfuhren mindestens kompensieren und später Wachstumsschritte realisieren zu können.
Diese Auffassung vertrat auch Ueli Gerber, Geschäftsführer der Suter Viandes SA Villeneuve. Bei allen Detailfragen, die noch offen seien, so Ueli Gerber, dürfe man die Ziele nicht aus den Augen verlieren. In der Schweiz bestehe ein bisher brachliegendes Marktpotenzial im Inland, das ausgeschöpft werden soll. Gelinge es, die Einkaufstouristen zurückzugewinnen, könne der Inlandkonsum in der Grössenordnung von 10 Prozent gesteigert werden.
Gemeinsam mit Unternehmen der Fleischwirtschaft, die über internationale Handelsbeziehungen verfügen, versuche man auch, das Marktpotenzial im Ausland abzuschätzen. Der Export von Fleischerzeugnissen beginne auf sehr tiefem Niveau. Er beschränke sich heute auf rund 4'200 Tonnen, hauptsächlich Bündnerfleisch. Ueli Gerber schätzt aufgrund bestehender Exportprojekte, dass in einer Startphase unter Freihandelsbedingungen etwa eine Verdreifachung der Ausfuhren möglich sein sollte.
Diese Exporte der ersten Phase würden die zusätzlichen Importe mindestens kompensieren können. Aufgrund der neu entstandenen Handelsbeziehungen und intensivierter Marketingmassnahmen sei in einer nachfolgenden Periode ein stärkerer Schub zu erwarten. Im Rahmen eines gemeinsamen Exportmarketings für landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse würden Synergien genutzt werden können.
Offensiv für den Agrarfreihandel
Ueli Gerber wies daraufhin, dass die Organisationen der Fleischwirtschaft sich bewusst seien, dass es gelte, in diesem Zusammenhang zwei grosse Fragenkomplexe vertieft zu bearbeiten. Die Rahmenbedingungen der ganzen Wertschöpfungskette in der Fleischwirtschaft müssten äquivalent mit denjenigen in der EU ausgestaltet sein. Die staatlichen Auflagen müssten überprüft werden, um dadurch entstehende Standortnachteile zu vermeiden oder zu beseitigen.
Es seien ferner für Primärproduktion und Verarbeitungsbetriebe zeitlich begrenzte Anpassungshilfen nötig. Man denke einerseits an die Entschädigung der Wertverminderung von Lagerbeständen. Anderseits arbeite man zur Zeit an einem Konzept für ein befristetes Investitionsförderungsprogramm, beispielsweise für die Rationalisierung von Arbeitsabläufen oder für den Aufbau von Kooperationen und Betriebszusammenschlüssen.
Grundsätzlich appelliert die Fleischwirtschaft an die Marktpartner der Primärproduktion und an die anderen Sektoren der „filière agro-alimentaire“, in dieser Optik offensiv an die Zielsetzung eines Agrarfreihandels heranzutreten. Es geht nicht darum, mit statischen Berechnungen aus Preisdifferenzen Einkommensverluste abzuleiten. Das Ziel besteht darin, mit dem Agrarfreihandel neue, dynamische Prozesse auszulösen. Die Fleischwirtschaft ist überzeugt, dass dies nicht nur möglich, sondern notwendig ist.
Vehemente Ablehnung weiterer Gebühren
Gerade vor diesem Hintergrund sprach sich Balz Horber mit Nachdruck gegen weitere, die Fleischwirtschaft zusätzlich belastende Gebühren aus. Bereits heute, so Balz Horber, liefere die Fleischwirtschaft den Kantonen und Gemeinden schätzungsweise 20 Mio. Franken an Gebühren für die Lebensmittelkontrolle ab, die eigentlich gemäss den geltenden Vorschriften kostenlos sein müssten. Diese Summe müsse für die Finanzierung der Schlachttier- und Fleischkontrolle in diesem Land genügen.
Sollte es, so Balz Horber, den Kantonen nicht gelingen, ihre Aufgaben im bestehenden Rahmen zu bewältigen, müsse ein interkantonaler Ausgleich im Sinne eines „Gebührenpools“ anvisiert werden. Die Absicht des Bundesrates mit einer Revision des Lebensmittelgesetzes neue Gebühren für die Kontrollen von Schlacht- und Zerlegebetrieben einzuführen lehnt die Fleischwirtschaft vehement ab. Sie wird ein solches Ansinnen mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpfen. (Medienmitteilung VSM, SSF)
(gb)
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