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28.3.2007
| Druckansicht | Umstrittene Convenience-Deklaration im Restaurant
Soll und kann ein Restaurant «Hausgemachtes» bzw «Fertigprodukte» deklarieren? Der K-Tipp, die Konsumentenschützer und GastroSuisse streiten sich.
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Beispiel einer regenerierfertigen aber kreativen Fertigkomponente: Kartoffelpralinen von La Culina.
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Diese Woche im Konsummagazin K-Tipp: Von der Suppe über den Salat bis hin zum Hauptgang mit Fleisch und Gemüse: Firmen wie Traitafina liefern dem Wirt komplette Menüs pfannenfertig ins Haus. Traitafina entwickelt in Zusammenarbeit mit den Restaurateuren Fertigmenüs, aber auch individuelle Eigenkreationen. Und Hilcona beliefert hauptsächlich Mensen und Spitäler mit Convenience-Produkten.
Die Stiftung für Konsumentenschutz SKS fordert mehr Transparenz. Auch Gastrokritiker Andrin C. Willi würde mehr Klarheit «extrem begrüssen». «Wie andere Restaurantbesucher gehe auch ich davon aus, dass in der Küche noch gekocht wird.» Er kritisiert: «Ein hoher Grad an Convenience schadet dem Kochhandwerk.» Willi schlägt vor, dass die Gastrobetriebe auf zwei Schienen fahren. «Am Mittag muss es schnell gehen und soll es möglichst wenig kosten. Am Abend hat der Gast Zeit und ist bereit, für die Arbeit in der Küche auch entsprechend zu zahlen.»
Gastrosuisse kann keine eindeutige Convenience-Definition festlegen. Doch weshalb bemüht sich der Verband nicht vermehrt um echte Hausmannskost in den Restaurants? «Jeder gastgewerbliche Unternehmer entscheidet eigenständig über sein Angebot», so Hans Peyer von GastroSuisse.
Aber René Mäder, Präsident der Schweizerischen Gilde etablierter Köche, beurteilt die Forderung der Konsumentenschützer positiv: «Das wäre eine grosse Chance für jene Betriebe, die wirklich noch selber kochen» Auch in der Definition des Begriffs «hausgemacht» sieht Mäder keine unüberwindbaren Schwierigkeiten. (Auszug aus dem K-Tipp-Bericht vom 28.3.2007)
Macht GastroSuisse einen Rückzug mit dem Nein zur Deklaration von “Convenience Food” auf den Menükarten?
Die SKs schrieb in der heutigen Medienmitteilung: Während einem Jahr haben die Konsumentenorganisationen mit der GastroSuisse verhandelt, um eine Deklaration der industriell hergestellten Gerichte (Convenience Food) zu erreichen.
Der Verband, der die Restaurateure vertritt, wehrte sich in einem ersten Schritt gegen die Deklaration von “Convenience Food” – nun verweigert er jegliche Deklaration. Weiterhin können die Konsumentinnen und Konsumenten nicht auf Transparenz zählen und erfahren nicht, ob die Lasagne, der Hirschpfeffer, das Cordon bleu oder die Caramelcrème in der Restaurantküche zubereitet wurden oder aus einer Industrieküche stammen.
Aufgrund des Konsumenteninformations-Gesetzes (KIG), haben die drei Konsumentenorganisationen ACSI, FRC und SKS 2006 mit Unterstützung der eidgenössichen Komission für Konsumentenfragen mit der GastroSuisse Gespräche aufgenommen. Ziel war es, eine Information auf den Menükarten auszuhandeln, welche die Konsumentinnen und Konsumenten aufklärt, wenn ein Gericht industriell und nicht in der hauseigenen Küche hergestellt wird. Denn nur so können die Gäste eine informierte Wahl treffen.
Nach zwei Treffen einigten sich die Konsumentenorganisationen und die Vertreter der GastroSuisse, dass eine solche Deklaration einem Bedürfnis entspricht und die Möglichkeit besteht, eine “Positivdeklaration” ins Auge zu fassen. Auf der Karte sollte dann “hausgemacht, maison, fatto a casa” erscheinen, wenn tatsächlich der Koch die Kelle rührt.
Gastrosuisse hat nun einen Rückzieher gemacht und erklärt, dass auch diese Information nicht möglich sei, weil “hausgemachte” Speisen nicht befriedigend definiert werden können. GastroSuisse verlangt deshalb von den Konsumentenorganisationen, auf jegliche Deklaration zu verzichten.
Für die ACSI, FRC und SKS ist dieser plötzliche Rückzug der GastroSuisse ein deutliches Zeichen, dass “Convenience Food” in der Restauration einen immer wichtigeren Platz einnimmt. Dies ist wohl auch der Grund, weshalb sich GastroSuisse jeglicher Transparenz und Information verschliesst.
Die Konsumentenorganisation befürchten keine Gefährdung der Lebensmittelsicherheit durch die Verwendung von Convenience Food, sondern betonen, dass die Konsumentinnen und Konsumenten das Recht haben zu erfahren, was sich auf ihrem Teller befindet und wo es zubereitet wurde.
Die gescheiterten Verhandlungen zeigen einmal mehr die Grenzen von freiwilligen Vereinbarungen – weigert sich eine Partei, ist die andere machtlos. Das Konsumenteninformations-Gesetz muss revidiert werden und die Grundlage geschaffen werden, damit Deklarationen verpflichtend vorgeschrieben werden können.
Angesichts der Haltung von GastroSuisse fordern die ACSI, FRC und SKS die Konsumentinnen und Konsumenten auf, von ihrem Informations-Recht gebrauch zu machen und in den Restaurants nachzufragen. Werden sie nicht offen informiert oder haben sie das Gefühl, getäuscht zu werden, solle sie dies einer der drei Organisationen melden! (Medienmiteilung SKS)
GastroSuisse stellt richtig: Man unterstützt freiwillige Positivdeklarationen
GastroSuisse unterstützt seit
jeher eine sinnvolle und korrekte Gäste-Information. Es ist deshalb absurd zu
behaupten (wie es die Stiftung für Konsumentenschutz in ihrer heutigen
Medienmitteilung tut), GastroSuisse verschliesse sich der Transparenz und
Information und verlange den Verzicht auf jegliche Deklaration.
GastroSuisse hat
weder "einen Rückzug" gemacht, noch hat der Verband eine Einigung platzen
lassen. Die Diskussionen über einen geeigneten Lösungsansatz hat GastroSuisse
nicht abgebrochen.
GastroSuisse unterstützt unverändert die Möglichkeit der freiwilligen
Positivdeklaration, wie sie sich bereits bei anderen Produkten bewährt hat, und
schlägt überdies zum Beispiel die Idee einer "Charta des Genusses" vor. Vorschläge,
die seit Mitte Januar 2007 auf dem Tisch liegen, auf welche die Konsumentenorganisationen
bislang jedoch nicht eintraten.
Weder der Begriff "Convenience Food" noch "hausgemacht" können eindeutig
definiert werden. Eine einheitliche Deklaration ist deshalb gar nicht möglich. Auch
eine Definition von GastroSuisse zusammen mit den Konsumentenorganisationen
wäre nicht rechtlich bindend und würde daher unverbindlich bleiben. Sie wäre nicht
durchsetzbar.
Bei Convenience-Produkten, deren Qualität unbestritten ist, handelt es sich um
Produkte, die von den meisten Konsumenten akzeptiert und auch im Privathaushalt
weit verbreitet zum Einsatz gelangen. Sie gelten heute als Teil der normalen
Ernährung und haben deshalb auch Einzug ins Gastgewerbe gehalten. (Medienmitteilung GastroSuisse).
Kommentar der foodaktuell-Redaktion
Nicht nur die Deklaration von Convenience ist eine Herausforderung angesichts der vielen Stufen und des Ermessens, was ein Koch selbst zubereiten soll (gehört rüsten auch dazu oder nur das Garen?) oder einkaufen darf (nebst der Industrie liefern auch gewerbliche Metzgereien und Konditoreien handwerklich teilgefertigte Komponenten in die Gastronomie). Ist verfeinerte Convenience ein hausgemachtes Produkt? Und ist Inhouse-Convenience (vorproduziert, gekühlt oder tiefgekühlt und regeneriert) ebenso berechtigt, die Positiv-Deklaration «hausgemacht» zu tragen wie die Frischküche?
Natürlich gibt es banale Billig-Convenience, aber man muss generelle Vorurteile gegenüber Convenience hinterfragen, denn diese wird heute teilweise in hochstehender und kreativer Form angeboten. Sie muss nicht, wie die SKS pauschalisiert, langweiliger oder zweitklassiger sein als frisch Zubereitetes. Sogar Hanspeter Maurer, Testesser-Ausbildner beim Gastroführer «guide-bleu» räumt ein, dass er «Edelconvenience kaum herausschmecken kann, vor allem nicht, wenn sie verfeinert wurde». Und kaum ein Koch ist ein Universalgenie, das jede Komponente professioneller zubereitet als der beste Conveniencehersteller.
«Alles aus der Tüte auf den Teller» ist zwar abgesehen von der Systemgastronomie kein sinnvolles Betriebskonzept. Aber das Fazit der SKS, nur in Kenntnis des Eigenleistungsgrades der Küche könnten die Gäste eine informierte Wahl treffen, ist wohl meistens eine Illusion und kann sogar zu einem informierten Irrtum führen.
Oft ist der Blick in den Guide-bleu oder Gault-Millau die präzisere Entscheidungsgrundlage als die (Nicht)-Deklaration «hausgemacht».
Ausserdem muss der Gast die Eigenleistung der Küche auch in Relation zum Preis, zur Angebotsvielfalt und zur Schnelligkeit des Services setzen.
Weiterlesen: Lob oder Tadel für Betty Bossi?
(gb)
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