Forscher aus Europa und den USA haben 14'893 Kinder im Alter zwischen fünf und dreizehn Jahren, wohnhaft in Österreich, Deutschland, Holland, Schweden und der Schweiz untersucht. Die Stichprobe setzt sich aus Bauernkindern, Kindern ländlicher und vorstädtischer Gemeinden und aus Rudolf-Steiner-Schulen zusammen, die primär von Kindern aus Familien mit anthroposophischem Hintergrund besucht werden.
Die Eltern wurden gebeten, einen detaillierten Fragebogen auszufüllen, mit Angaben zum kindlichen Konsum von Milch, Butter, Yoghurt, Eiern, Früchten und Gemüse. Zusätzlich wurden sie gefragt, ob diese Produkte direkt von einem Bauernhof stammen oder in einem Lebensmittelgeschäft gekauft wurden. Ebenso sollten Fragen zum Gewicht und zur Grösse des Kindes, zum Stillen und zu gesundheitsbeeinträchtigenden Allergien und zum Asthma beantwortet werden. Allergierelevante Bluttests wurden an knapp 4000 Kindern aus allen fünf Ländern durchgeführt.
Die Forscher haben herausgefunden, dass Kinder, die regelmässig Milch direkt vom Bauernhof tranken, weniger an Heuschnupfen und Asthma litten. Eine tiefere Häufigkeit an diagnostiziertem Asthma war auch bei allen Milchprodukten zu beobachten, die direkt auf einem Bauernhof produziert wurden, und der Verzehr von Freilandeiern schützte vor Heuschnupfen. Jedoch boten diese Produkte nur dann einen erhöhten Schutz, wenn die Kinder gleichzeitig unpasteurisierte Bauernmilch tranken. Auf die Intensität von atopischen Ekzemen auf der Haut hatte keines der Bauernhofprodukte eine Auswirkung.
"Sämtliche Kinder, welche Milch direkt vom Bauernhof trinken, zeigen denselben Schutzlevel gegen Asthma und Allergien, ungeachtet dessen, ob sie auf einen Bauernhof leben oder nicht", sagt der Hauptautor Dr. Marco Waser vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Basel.
Dies ist insofern eine wichtige Erkenntnis, als sie andere Schutzfaktoren ausschliesst, die das Leben als Landwirt aufweisen könnte, wie zum Beispiel die Exposition gegenüber mikrobiellen Substanzen in Tierstaub und auf dem Hof. So haben frühere Studien gezeigt, dass Bauernkinder trotz ihrer höheren Exposition weniger häufig gegen Pollen sensibilisiert sind.
"Unsere Forschungen haben gezeigt, dass Kinder, welche die beste Schutzwirkung vor Asthma und Allergien aufwiesen, seit ihrem ersten Lebensjahr Bauernmilch tranken", so Waser. Etwa die Hälfte der befragten Eltern, deren Kinder regelmässig Bauernmilch tranken, gab an, die Bauernmilch vor dem Verzehr nicht zu kochen. Die Schutzwirkung war indes dieselbe, ungeachtet dessen, ob die Milch gekocht wurde oder nicht. "Die Studienresultate deuten darauf hin, dass alle Kinder, die Milch direkt vom Bauernhof trinken, ein geringeres Risiko haben, ein Asthma oder auch Heuschnupfen zu entwickeln" sagt Marco Waser.
Die Tatsache, dass das Trinken von roher Milch vor allem für Kleinkinder nicht empfehlenswert ist, mag die Eltern dazu bewogen haben zu sagen, sie hätten die Milch abgekocht. "Rohe Milch enthält pathogene Keime wie Salmonellen oder enterohaemorrhagische E. coli-Bakterien und somit kann ihr Konsum ernsthafte gesundheitliche Risiken hervorrufen. Trotz unserer Erkenntnisse dürfen wir den Konsum von roher Kuhmilch als vorbeugende Massnahme gegen Asthma und Allergien nicht empfehlen."
Momentan kann über die Schutzwirkung der Bauernmilch für die Entstehung von Asthma und Allergien nur spekuliert werden. Es könnte sein, dass die Bauermilch unterschiedliche Grade oder Zusammensetzungen an pathogenen und nicht pathogenen Mikroben enthält als die in Lebensmittelgeschäften gekaufte Milch, oder die Schutzwirkung ist in der Fettzusammensetzung zu suchen. Dazu Marco Waser: "Wir müssen ein tieferes Verständnis dafür entwickeln, warum Milch direkt vom Bauernhof Kindern diese Schutzwirkung bietet und Wege suchen, dieses Lebensmittel risikofreier zu machen, unter Beibehaltung dessen Schutzqualitäten."
"Es ist interessant festzustellen, dass es ungeachtet dessen, ob die Bauernmilch vor dem Konsum abgekocht wurde oder nicht, keinerlei Unterschiede bei den Resultaten gab. Da das Abkochen überbewertet werden könnte, würde dies bedeuten, dass nicht die Pasteurisierung wie angenommen den Schutzeffekt macht, sondern dass andere Verfahrenstechniken wie das Homogenisieren eine Schutzwirkung haben könnten."
An der PARSIFAL-Studie (Prevention of allergy risk factors for sensitisation in children related to farming and anthroposophic lifestyle) haben sich mehr als 35 Forscherinnen und Forscher beteiligt. Die Forschungsarbeit wurde getragen von EU-Forschungsgesuchen, vom Schweizerischen Nationalfonds, von der Schweizer Kühne-Stiftung und von der schwedischen Stiftung für Gesundheitswesen und Allergieforschung. Die Studie, bei der das Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Basel federführend war, wurde in der Maiausgabe der Fachzeitschrift "Clinical and Experimental Allergy" veröffentlicht. (Quelle: (gb)
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