Die Rinder- und Schafkrankheit Bluetongue breitet sich in Deutschland rasant aus. Das Bundesamt für Veterinärwesen rechnet mit einem Ausbruch auch in der Schweiz.
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Keine blaue Zunge hat dieses Schaf am Beef-Weidfest dieser Tage in Meilen. Für den Menschen
ist die Blauzungenkrankheit ungefährlich. Auch Fleisch und Milch von infizierten Rindern und Kühen
können ohne Risiko konsumiert werden.
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„Die Krankheit kann jeden Tag ausbrechen”,
sagt Cathy Maret, Sprecherin des
Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET).
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis in der
Schweiz die ersten Tiere von der Blauzungenkrankheit
(englisch Bluetongue) betroffen sein werden. „Im letzten Jahr
gab es in Nordeuropa schon viele Ausbrüche”,
sagt Maret. „Doch dieses Jahr sind es
wesentlich mehr, und der Virus ist virulenter
geworden, denn es sind mehr Tiere davon
betroffen.”
Die Krankheit kommt der Schweiz immer näher.
Während Jahren breitete sie sich vom
Mittelmeer her nach Norden aus, im letzten
Jahr tauchte sie plötzlich in Westdeutschland
auf. Inzwischen sind die ersten Fälle nur
noch 200 Kilometer von der Schweiz entfernt.
Wind aus dem Norden, wie er bei der
jetzigen Wetterlage herrscht, kann die infizierten
Mücken rasch über weite Distanzen
nach Süden verfrachten.
Die Branche sensibilisieren
Das BVET hat deshalb in den letzten Tagen
an die Tierärzte und an die betroffenen Verbände
eine Informations-DVD verschickt, in
der die Branche für die neue Krankheit und
ihre Symptome sensibilisiert werden soll. „Zielpublikum sind primär die Tierhaltenden
und eine weitere Verbreitung der
DVD ist ausdrücklich erwünscht”, schreibt
das BVET dazu. Die Bauern und Tierärzte
sollen erkennen lernen, welche Symptome
allenfalls auf eine Blauzungenkrankheit
hinweisen könnten.
Für den Menschen ungefährlich
Die Blauzungenkrankheit ist eine Infektionskrankheit,
die bei Rindern und Schafen
zu hohem Fieber, Bewegungsstörungen, zu
Schaum vor dem Mund und in manchen
Fällen zu einer blauen Zunge führt. Bei den
Schafen führt die Krankheit häufig zum
Tod, die Symptome sind bei Schafen auch
deutlicher erkennbar als bei Rindern und
Kühen. Beim Virustyp, der in Nordeuropa grassiert,
zeigen auch die Rinder die Symptome recht
deutlich, was für die frühe Erkennung der
Krankheit ein Vorteil ist.
Für den Menschen
ist die Krankheit ungefährlich, auch Fleisch und Milch von infizierten Rindern und Kühen
können problemlos gegessen werden.
Übertragen wird die Krankheit durch eine
spezielle Art von Mücken, die ursprünglich
in Afrika und Asien heimisch war, sich inzwischen
aber auch in Europa ausgebreitet
hat. Das wahrscheinlichste Szenario ist deshalb
dass infizierte Mücken aus Bayern mit
dem Wind in die Schweiz gelangen und
hier Unheil anrichten. Theoretisch könnte
es auch sein, dass ein infiziertes Tier importiert
wird. „Das sollte allerdings nicht passieren,
alle importierten Tiere müssen auf
Bluetongue getestet werden”, betont Maret.
Ausrotten ist nur
am Anfang möglich
Sollte ein Fall auftreten, werde man versuchen,
die Krankheit auszurotten, sagt Maret.
Das heisst: Alle Tiere auf dem betroffenen
Betrieb testen und die infizierten
Tiere töten. Im Gegensatz zur Maul- und
Klauenseuche müssen nicht alle Tiere auf einem Betrieb getötet werden, weil sich die
Tiere nicht direkt anstecken. Aber: „Es ist
wichtig, dass man früh reagiert, nur so haben
wir eine Chance, die Krankheit ausrotten
zu können.”
Sobald es mehrere Ausbrüche
gebe, sei dies nicht mehr möglich:
Das sei dann ein Zeichen dafür, dass die
Mückenpopulation infiziert sei, dann mache
auch das Töten von Tieren keinen Sinn
mehr. „Dann geht es nur noch darum, den
Tierverkehr einzuschränken.”
Gegen Mücken hilft nichts
Bei einem Ausbruch soll rund um den betroffenen
Betrieb herum eine Schutzzone
mit einem Radius von 20 Kilometern sowie
eine Überwachungszone mit einem Radius
von 100 Kilometern eingerichtet werden.
Für die Schutzzone ist in der Tierseuchenverordnung
definiert, dass Massnahmen
zur Bekämpfung der Mücken ergriffen werden.
Davon ist man beim BVET allerdings
wieder abgekommen, wie Maret sagt. „In
der EU wurden auf den betroffenen Betrieben
Tiere und Gebäude mit Insektenschutzmitteln
behandelt, aber das hat überhaupt
nichts genützt.” Auch die Verwendung von
Netzen sei nicht praktikabel. „Ein Stall lässt
sich nicht so einfach schützen wie beispielsweise
ein Schlafzimmer.”
Die Überwachungszone ist in der Verodnung
als Sperrgebiet definiert: Tiere dürfen nur mit
Genehmigung des Kantonstierarztes nach
ausserhalb transportiert werden. In Deutschland
hat die Überwachungszone einen Umkreis
von 150 Kilometern. Es ist deshalb gut
möglich, dass die nördliche Schweiz schon
bald betroffen ist, ohne dass in der Schweiz
selber ein Fall aufgetreten ist.
Der Bund hat seit 2004 ein Überwachungsprogramm
für die Blauzungenkrankheit. In
diesem Sommer wurde es noch ausgeweitet.
Auf insgesamt 200 Rinderbetrieben
und 50 Schafbetrieben werden die Tiere
getestet. Ebenso überwacht wird die Verbreitung
der Mücke, anhand von Insektenfallen,
die über das Land verteilt sind.
Tierversuche mit Schafen
Neben der Info-DVD führt das BVET einen
Weiterbildungskurs für die 50 Schafhalter
im Überwachungsprogramm durch. Auch
an Informationsveranstaltungen soll auf
die Krankheit aufmerksam gemacht werden.
Für Informationen aus erster Hand
sorgt ferner das Institut für Viruskrankheiten
und Immunprophylaxe (IVI) im bernischen
Mittelhäusern. Dort werden in Tierversuchen
Schafe mit dem Virus infiziert,
beobachtet, gefilmt und fotografiert. Die so
gewonnenen Informationen sollen ebenfalls
verbreitet werden.
Die Krankheit
wütet in Deutschland
Die Blauzungenkrankheit grassiert
derzeit besonders in Westdeutschland.
Praktisch laufend werden neue Fälle gemeldet.
Derzeit liegen ganz Nordrhein-
Westfalen und ganz Hessen in der 20-
Kilometer-Schutzzone, ganz Rheinland-
Pfalz und grosse Teile von Niedersachsen.
Neuerdings wurden auch Fälle in
Bayern, in Hamburg und Schleswig-Holstein
entdeckt. Betroffen sind auch die
Grenzregionen von Belgien, Luxemburg,
Niederlande und Frankreich.
Text: LID, Roland Wyss-Aerni
Bild: foodaktuell
(gb)
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