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26.9.2007

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Weltwoche bezeichnet «Bio» als Mythos

Diese Woche in der «Weltwoche»: Namhafte Wissenschaftler weisen darauf hin, dass «Bio» Mensch und Umwelt schaden kann. Und der Nutzen ist laut Weltwoche nicht bewiesen.


Diese Woche in der «Weltwoche»: «Bio ist gehaltvoller», «Bio ist konsequent», «Bio ist wirklich Bio», «Mit Bio auf der sicheren Seite», verkündet eine aktuelle Broschüre des FiBL unter dem Titel «Neunzig Argumente für den Biolandbau». Sie präsentiert eine Übersicht über Untersuchungen, bei denen die Produkte und Anbaumethoden der Ökoagrarier gut abgeschnitten haben. Doch in der Argumentensammlung stehen auffällig viele weiche Formulierungen. Nirgends wird konkret behauptet, «bio» sei gesünder oder besser für die Umwelt.

Zwar führt die Liste viele Details auf, warum Bioanbau überlegen sei, doch die grundsätzlichen Aussagen werden vermieden. Warum? Verschiedene Umfragen in der Schweiz und im Ausland haben immer wieder gezeigt: Die Konsumenten kaufen Biowaren, weil sie sie für «gesünder», «sicherer» und «umweltfreundlicher» halten als konventionelle Lebensmittel. Ganz oben steht die Gesundheit, gefolgt von den beiden anderen vermuteten Vorteilen.

«Biomilch ist nicht gesünder»

Aber ist «bio» in diesem Sinne tatsächlich besser? Sollten Biolebensmittel nicht gesünder und sicherer sein, Biolandwirtschaft nicht besser für Natur und Umwelt – dann, ja was dann? Dann bräche für viele Käufer eine Welt zusammen. Thema Gesundheit: Seit vielen Jahrzehnten versuchen Forscher herauszufinden, ob Bionahrung dem Körper tatsächlich besonders guttut. Doch bis heute konnte kein wissenschaftlicher Nachweis dafür erbracht werden.

Manche Vertreter der Ökobranche geben das offen zu. Katherine DiMatteo, Chefin des amerikanischen Verbandes der Biokost-Händler (Organic Trade Association), gestand in einem Interview, ihre Lebensmittel seien «so nahrhaft wie die anderen Produkte auf dem Markt». Auch Georg Schweisfurth, Gründer der erfolgreichen deutschen Bio-Supermarktkette Basic, sagt: «Biogemüse hat denselben Nährstoffgehalt wie konventionell angebautes Gemüse, ist also nicht per se gesünder.» Die britische Behörde für Nahrungsmittelstandards (Food Standards Agency) erklärte: «Es gibt derzeit nicht genügend Informationen, um sagen zu können, dass sich Biolebensmittel signifikant unterscheidet in Sachen Sicherheit und Inhaltsstoffen.» Und Urs Niggli vom FiBL gibt unumwunden zu: «Biomilch ist nicht gesünder.»

Ein wirklich harter wissenschaftlicher Beweis, dass «bio» gesünder sei, wäre auch schwer zu erbringen. Denn dafür müsste man über viele Jahrzehnte zwei getrennte Gruppen untersuchen, Bioköstler und Normalkonsumenten. Alle anderen Belastungsfaktoren sollten ausgeschlossen werden: Gene, Stress,Medikamente, Umweltverschmutzung. Der umfassendste Überblick über Forschungsarbeiten zu dem Thema fand sich 1997 im britischen Journal of the Science of Food and Agriculture. Fazit: «Es konnten keine klaren und konsistenten Unterschiede bezüglich des Nährwertes zwischen biologisch und konventionell angebauten Lebensmitteln gefunden werden.»

Keine Gefahr durch Pestizide

Es gibt derzeit keinen Beweis, der die Thesebestätigen oder widerlegen würde, dass Biolebensmittel sicherer oder gesünder sind als konventionell erzeugte. Wie kann das sein? Schliesslich ist bewiesen, dass auf Biokost normalerweise deutlich weniger Rückstände von synthetischen Pestiziden zu finden sind. Was die meisten Verbraucher nicht wissen: Pestizide stehen in der Rangfolge der realen Gesundheitsgefahren ganz weit unten.

Was ebenfalls kaum ein Käufer weiss: Selbst ungespritzte Pflanzen sind nicht pestizidfrei. Denn die Pflanzen selbst produzieren Giftstoffe, die Tiere davon abhalten sollen, sie aufzufressen. Daher sind 99,99 Prozent aller Pestizide, die wir aufnehmen, natürlichen Ursprungs. Manche Naturgifte sind so extrem gefährlich, dass sie den Pflanzen einst mühsam abgezüchtet werden mussten, damit diese überhaupt essbar wurden.

Dass Biobauern keine synthetischen Gifte benutzen, bedeutet nicht, dass sie kein Gift benutzen. Weil für bestimmte Pflanzenkrankheiten keine wirksamen Stoffe zugelassen sind, spritzen Bio-Obstbauern zwölf- bis sechzehnmal pro Saison Kupfer und Schwefel. «Dass im Biobereich Kupfer verwendet wird», sagt der deutsche Lebensmittelchemiker und Bestsellerautor Udo Pollmer, «straft die ganze Ökopropaganda Lügen. Kupfer ist ein Schwermetall wie Cadmium oder Quecksilber, das wir nie wieder aus den Böden kriegen».

Wenn Biolebensmittel nicht gesünder und nicht sicherer ist, bleiben noch die ökologischen Vorteile. Sind Biobetriebe besser für Natur und Umwelt? Das kommt darauf an. Als einzelne Höfe inmitten einer ausgeräumten Agrarlandschaft sind sie oft ein Refugium für Tiere und Pflanzen. Auf Ökoäckern gedeihen im Durchschnitt mehr Laufkäfer, Spinnen, Singvögel und andere Kleintiere und Wildkräuter. Fraglich ist, ob das immer mit der Anbaumethode zu tun hat. Vielleicht liegt es vorwiegend daran, dass viele Biobauern Naturfreunde sind und deshalb mehr Hecken und mehr Ackerrandstreifen zulassen als die meisten ihrer konventionell arbeitenden Kollegen.

Auch die überzeugten Anhänger des Biolandbaus geben zu, dass ihre Arbeitsweise mehr Fläche beansprucht, denn der Ertrag pro Hektar fällt geringer aus. Ihre Tiere werden länger gemästet, wodurch wiederum mehr Ackerfläche für Futter benötigt wird. Würden alle Bauern auf «bio» umstellen, müsste die landwirtschaftliche Nutzfläche um mindestens einen Drittel erweitert werden. «Mit der Agrartechnik, die 1950 üblich war und die ziemlich genau dem Biolandbau von heute entspricht, brauchten wir 1,1 Milliarden Hektar Ackerfläche mehr», sagt der Agrarwissenschaftler und Friedensnobelpreisträger Norman Borlaug. Durch Wissenschaft und Technik wurde der Ertrag pro Hektar in einem halben Jahrhundert verdreifacht. Dadurch musste das Ackerland im gleichen Zeitraum nur um zehn Prozent ausgeweitet werden.

Freilandhühnern geht es nicht besser

Es bleibt jedoch ein Gebiet, auf dem Biobauern vorbildlich sind: im Tierschutz. International betrachtet ist die Tierhaltung der Biobetriebe in der Regel tierfreundlicher als bei konventionell arbeitenden Landwirten. Doch dank strenger Tierschutzgesetze ist in der Schweiz diese Differenz geringer als anderswo. Besonders bei den Rindern herrschen recht ähnliche Bedingungen. «Unsere Untersuchungen zeigen», sagt der Veterinärmediziner Jürg Blum von der Uni Bern, «dass bei der Tierhaltung auf Bio- und Nichtbiobetrieben im Moment keine grossen Unterschiede bestehen.»

Text: Auszug aus der Weltwoche vom 20.9.07
Bild: foodaktuell (gb)


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