Diese Woche im «Handel Heute»: Immer mehr Metzgereien haben in den letzten Jahren dicht gemacht. Warum ist das in Appenzell anders?
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In die Metzgerei
Fässler ausserhalb von Appenzell finden Touristen meistens nur per
Zufall. Trotzdem rentiert der Laden. Bild: Franz Fässler.
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Diese Woche im «Handel Heute»: Etwa 1400 Metzgereibetriebe
gibt es noch in der Schweiz, fast
wöchentlich muss einer davon mangels
Rentabilität dicht machen.
Neben dem sinkenden Fleischkonsum
spielen die Konkurrenz durch Grossverteiler
und Discounter, aber auch
die veränderten Ess- und Einkaufsgewohnheiten
eine Rolle. Zahlreiche Dorfmetzgereien
mussten zudem schliessen,
weil sich kein Nachfolger gefunden
hat.
In Appenzell allerdings ist das kein
Thema. Anders als im Rest der Schweiz
ist die Welt für die fünf am Ort ansässigen
Metzgereien noch in Ordnung.
Das Geschäft mit Siedwurst, Appenzeller
Mostbröckli, Pantli & Co. läuft trotz
die Grossverteiler.
Das Fleisch, das die Metzgerei Koller anbietet,
stammt von Bauern aus der Region,
die ihnen bekannt sind. Die Metzgerei
arbeitet zudem eng mit der einheimischen
Gastronomie zusammen, die
ebenfalls zum Kundenkreis zählt. «Takeaway» ist deshalb kein Thema. Neben
dem Angebot sind es jedoch noch
andere Gründe, die den Erfolg der
Metzgerei Koller ausmachen.
«Wir
sind weit über die Grenzen hinaus
bekannt für unsere Wurstspezialitäten,
die aus eigener Produktion stammen», sagt Martina Koller. Diese werden
nicht nur von den Einheimischen,
sondern auch von vielen Touristen gekauft.
«Das sind in der Regel Konsumenten,
die Spezialitäten suchen und
schätzen.» Sie kommen aus der ganzen Schweiz,
aus Deutschland und Österreich. Mit
ihrer hervorragenden Geschäftslage
profitieren die Kollers besonders vom
Tourismus, denn die Besucher von Appenzell
laufen praktisch direkt in die
Metzgerei.
70 Prozent des Umsatzes
erwirtschaften Kollers heute mit Touristen,
30 Prozent mit Einheimischen.
Auf diese Kunden, aber auch auf die
veränderten Einkaufsgewohnheiten,
haben sich die Kollers mit ihrem Angebot
eingestellt. Einige der Spezialitäten
können sogar über den Onlineshop
(metzgerei-koller.ch) bezogen
werden.
Doch wie läuft es den Metzgereien,
wenn sie nicht gerade an der optimalsten
Lage geschäften? In die Metzgerei
Fässler, die ausserhalb des Dorfzentrums
im Quartier Rickenbach liegt,
finden Touristen meistens nur per
Zufall. Trotzdem brummt der Laden
von Franz und Margrit Fässler.
Charakteristisch
für Appenzell sei das
Kleingewerbe, sagt Franz Fässler.
Man unterstütze sich gegenseitig und
beziehe zum Beispiel Waren und Dienstleistungen
im Ort. Nachwuchsprobleme
gebe es praktisch keine, weil die
Betriebe in der Regel durch die nächste
Generation weitergeführt werden.
Der Metzgerberuf habe zudem in letzter
Zeit wieder an Wert gewonnen,
so dass sich mehr Schulabgänger für
eine Lehre interessierten. Auch die an
sich grosse Anzahl von Metzgereien im
bevölkerungsmässig kleinen Appenzell
sei kein Problem. «Wettbewerb spornt
an, konstant gute Leistungen zu erbringen
und innovativ zu sein», sagt
Fässler. «Zudem ziehen wir alle an einem
Strick und versuchen möglichst
viele Aktionen gemeinsam durchzuführen,
weil das zu einem starken Auftritt
beiträgt.»
Ob die Ware aus eigener
Produktion stamme, sei eine Frage, die
er immer wieder beantworten müsse
und das Interesse am Produkt deutlich
mache, sagt Fässler. Auf eine eigene
Herstellung legen die Fässlers
darum grossen Wert. «Das schafft
Vertrauen.» Die Produkte tragen aufgrund
individueller Rezepturen zur
Angebots- und Geschmacksvielfalt bei
und sind letztendlich ein Markenzeichen
der Metzgerei.
«Mit unseren
Spezialitäten beliefern wir auch andere
Metzgereien ausserhalb von Appenzell. Meine Frau
und ich sind zu 90 Prozent im Laden,
können damit auch einen intensiven
Kundenkontakt pflegen und auf neue Bedürfnisse schnell reagieren.» Qualität,
Frische und Geschmack seien weitere
Faktoren, die für eine Metzgerei
wichtig seien. Die Menschen ernährten
sich wieder ausgewogener. «Fleischessen
wird zum Genuss, bei der die
Qualität zählt. Darüber hinaus spüren
wir den Trend zu Convenience und
das Bedürfnis nach Abwechslung», so
Fässler.
Beide Metzger sind zudem überzeugt,
dass ihre Spezialitäten auch
im benachbarten Ausland Abnehmer
finden würden, wenn die hohen Zölle
die Produkte nicht unnötig verteuern
würden. Tatsächlich werden 98,5 Prozent
der inländischen Produktion an
Fleisch und Wurstwaren im Inland
verkauft, nur 1,5 Prozent finden den
Weg über die Grenze. Das Interesse an einem umfassenden
Freihandelsabkommen im Agrar- und
Lebensmittelbereich mit der Europäischen
Union ist deshalb gross.
Text: Auszug aus dem Bericht von Sabine Flachsmann im «Handel Heute» No 5 / 2007
Bild: MPV
(gb)
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