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Nachrichten

24.10.2007

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Strategien gegen Mangelernährung in Altersheimen

Fazit des Symposiums "Ernährung im Alter" in Deutschland: mit Snacks und Fingerfood kann man den Ernährungszustand von Betagten eher verbessern als mit dem üblichen «Füttern».


Jeder dritte Pflegebedürftige in deutschen Heimen und anderen Einrichtungen ist mangelernährt. Eine Verpflegung, die den ernährungsphysiologischen Bedarf und die individuellen Bedürfnisse von Altenheimbewohnern erfüllt, ist bisher noch eine Vision. Einige Referenten des 4. fachübergreifenden Symposiums "Ernährung im Alter", das am 13. Oktober 2007 in Bad Oeynhausen stattfand, gehören dazu.

Dr. Dorothee Volkert von Pfrimmer-Nutricia stellte altersbedingte körperliche Veränderungen als Teufelskreis der Gebrechlichkeit dar. Die Verschlechterung der Sinneswahrnehmungen, weniger Appetit, nachlassendes Durstgefühl und eine veränderte Körperzusammensetzung führen zu Krankheit und Gebrechlichkeit im Alter. Wer sich kaum noch bewegt, hat wiederum wenig Hunger und baut zusätzlich Muskelmasse ab.

Diplomgerontologe und Küchenchef Markus Biedermann aus Rumisberg BE berichtete von einem Modellprojekt in einer Altenheimküche in Essen-Steele. Beispiel Frühstück: Statt den Kaffee um sechs Uhr morgens zu kochen, warm zu halten und gegen acht Uhr an die Bewohner auszugeben, wird er nun in den Wohnbereichen frisch zubereitet. Das schmeckt nicht nur viel besser, sondern der Duft verführt auch dazu, die Mahlzeit zu geniessen.

Besonderes Interesse fanden Biedermanns Ideen für Fingerfood in den Wohnbereichen. Damit verwirrte Menschen genug essen, sollten sie auch zwischendurch kleine Snacks erhalten, zum Beispiel gebackene Karottentaler. "Essen ist eine Botschaft!" sagt Biedermann. Es drücke die Wertschätzung für den Gast aus. "Wir sind nicht Dienstleister der Pflege oder der Ärzte, unsere Küchenmannschaft ist Pate der Bewohner."

Köche und Küchenkräfte sind mit einem Korb frischer Lebensmittel in die Wohnbereiche von altersverwirrten Menschen gegangen und kamen mit überraschend zahlreichen Wünschen und Anregungen zurück. Der Dialog zwischen Gast und Küche hat im Essener Altenheim nicht nur den Ernährungszustand verbessert, sondern auch die Lebensqualität der Senioren. (Quelle: aid)


foodaktuell-Bericht: Gesund im Alter dank geeigneter Ernährung

Niemand will alt werden, trotzdem werden wir alle nicht nur individuell älter, sondern die gesamte Bevölkerung überaltert. In den nächsten dreissig Jahren muss man mit einer Verdoppelung auf 200'000 Pflegebedürftige rechnen. Die Ernährung ist eine wichtige und günstige Strategie gegen den frühzeitigen Verlust von Lebensqualität. Auch die hohen Kosten bei Krankheiten und Pflege lassen sich dadurch reduzieren. Viele Senioren wissen wohl, was gesunde Ernährung heisst, aber mit der Umsetzung hapert es. In einer Umfrage gab die Hälfte an, Gewohnheit und Selbstdisziplin seien die Hürden. Ebenso verringert eine Vereinsamung die Lust am Essen.



In Gesellschaft essen Betagte mehr. Der Schriftsteller Guy de Maupassant formulierte weise, es seien «die Begegnungen, die das Leben lebenswert machen».


Bei Isolation verzichten viele Betagte auf das Essen, was ihnen umso leichter fällt, als sie kaum Appetit haben. Oder sie essen zuviel, vielleicht weil ein voller Magen den Stress ableitet oder andere Freuden unerreichbar werden. Ähnlich ist die Situation bei der Fitness: Um sich zu bewegen, brauchen sie Animation. Die positiven Effekte: mehr Appetit, bessere Verdauung und tieferer Schlaf, sind aber rasch spürbar.

Alarmierende Fehlernährung

Aber: viele über 65-Jährige leiden an Übergewicht und über 80-Jährige an Mangelernährung. Interessanterweise ist Mangelernährung auch bei den «institutionalisierten» Senioren das Hauptproblem. Genug geeignetes Essen wäre in Heimen vorhanden, wo liegen denn die Ursachen? Eine französische Studie zeigte, dass demente Heimbewohnerinnen doppelt so häufig fehlernährt waren wie geistig fitte. Auch eine Studie im Unterwallis bestätigte den «Risikofaktor Pflegeheim».

Markus Biedermann, Heim-GV-Experte in Rumisberg, sieht mehrere Ursachen dafür: «Wenn man pürierte und gewürfelte Kost warmhält, bauen sich Vitamine sehr schnell ab. Daher sollen für diese Kostformen die Speisen sehr frisch sein, aber eher untergart, und Cook+Chill mit individuellem Regenerieren ist besser. Auch organisatorische Probleme kommen vor: Oft hat das Pflegepersonal keine Zeit zum «Füttern», oder die Essenszeiten sind zu früh angesetzt». Die Nahrungsmenge, die ein alter Mensch aufnimmt, ist so gering, dass Topqualität unabdingbar wird.

Laut Ulrich Keller, Professor für klinische Ernährung am Kantonsspital Basel sind «auch in Spitälern ein Fünftel der Patienten fehl- oder unternernährt – infolge von Krankheiten. Die Hauptursachen dabei sind «Ausbildungsmangel in Ernährungsmedizin sowie Probleme im Spital-Management». Er schlägt vor, «Teams aus Ärzten, Ernährungsberaterinnen und Krankenpflegerinnen zu beauftragen».

Auch Köche gehören dazu, wie der Erfolg der mediterranen Ernährung am Kantonsspital Winterthur KSW beweist, wo Küchenchef Ruedi Manser mitwirkt. Dies ist eine Herausforderung für die Köche, «denn sie erhalten kaum Feedback von den Patienten und wissen daher wenig über Ursache und Abhilfe bei Unterernährung in Spitälern», so Keller. Und Biedermann appelliert an die «Köche, sich selbst ein Feedback zu holen».

Vorsicht mit Vitaminpillen

Mangel herrscht vor allem bei Protein, Vit. B12 und D, Folsäure sowie Calcium, gut ist dagegen die Lage bei Vit. A und E. Interessant: «Die Absorption von Vit. A steigt im Alter und die Versorgung ist meistens gut», berichtet Paolo Suter, Privatdozent am Zürcher Unispital. Eine Supplementierung ist daher oft unnötig oder sogar schädlich, da zuviel Vit. A allenfalls toxisch wird». Anders bei Vit. D, dessen Versorgung oft ungenügend ist. Aber «die Nahrung ist eine vernachlässigbare Vit. D-Quelle», so Suter. «Wichtig ist tägliche Sonneexposition, vor allem während der Sommerzeit, da Vit. D in der Haut gebildet wird».

Nochmals anders bei Vit. B12, welches an Proteine gebunden vorkommt: Hier ist im Alter die Aufnahme gestört, weil es durch Veränderungen der Magenschleimhaut zuwenig freigesetzt werden kann. «Mehr Fleisch würde wenig zur Verbesserung beitragen», so Suter, der für sein Buch «Checkliste Ernährung» mit dem Nestlé Ernährungspreis 2002 ausgezeichnet wurde. «Supplemente in reiner Form sind dann der einzige Ausweg». Auch bei den Spurenelementen Eisen, Zink und Selen ist ein Zufuhrproblem vorhanden, aber «eine Supplementierung kippt leicht auf die toxische Seite oder hat Nebenwirkungen», warnt Suter. Besser sind daher Lebensmittel mit natürlich hohem Gehalt.

«Gegen Mangelernährung sind proteinverstärkte Supplemente sowie Vitaminpräparate kurzfristig geeignet», sagt Dukas. «Auf Dauer sollte man jedoch eine ausgewogene und kaloriengerechte natürliche Ernährung anstreben». Auch Suter findet, ein alter Mensch «kann sich durchaus auf natürliche Weise ernähren, schwieriger wird es aber, wenn er auch an Krankheiten leidet». (gb)


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