Die Getreidepreise werden sich auf hohem Niveau stabilisieren, darüber ist man
sich einig. Aber wie soll man mit der neuen Marktsituation umgehen?
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Produzenten, Verarbeiter und Händler sind
sich darüber einig: Die Getreidepreise werden
sich mittel- bis langfristig auf dem derzeitig
hohen Niveau stabilisieren. Auch
über die Gründe für die steigenden Preise
war man sich an der Delegiertenversammlung
der Branchenorganisation Swiss Granum
vom letzten Mittwoch, 24. Oktober
2007 in Schönbühl BE rasch einig.
Bei der Frage, wie man auf die hohen Preise
reagieren soll, gehen die Meinungen
auseinander. Für Rudolf Marti, Direktor der
Vereinigung Schweizer Futtermittelfabrikanten,
ist klar: „Wenn wir für Futtergetreide
mehr bezahlen, müssen wir auch die
Preise für das Mischfutter erhöhen.” Der
Importzoll auf Futtergetreide ist auf den
1. Oktober 2007 vollständig gestrichen
worden, weil keine Preisdifferenz zwischen
ausländischem und Schweizer Futtergetreide
mehr besteht. Möglich ist dies aufgrund
des so genannten Schwellenpreissystems,
welches beim Futtergetreide eine Preisanpassung
an die Marktsituation erlaubt.
„Es braucht keinen
Zollschutz mehr”
Im Gegensatz zum flexiblen Zollsystem für
Futtergetreide muss beim Import von Brotgetreide
ein fixer Zoll bezahlt werden. Auch
beim Brotgetreide sind die Preise im Ausland
auf einem ähnlich hohen Niveau wie
in der Schweiz. Obschon der Preis für Brotgetreide
in diesem Jahr rasant gestiegen
ist, will Coop nicht einfach den Brotpreis erhöhen, sondern den Zoll senken.
„Wenn
Brotgetreide im Ausland gleich teuer ist
wie in der Schweiz, braucht es auch keinen
Zollschutz mehr”, sagte Sibyl Anwander,
Leiterin Wirtschaftspolitik bei Coop, an der
Delegiertenversammlung. Der Import von
Brotgetreide dürfe nicht noch durch Zollabgaben
verteuert werden.
Produzenten sollen
profitieren können
Die Getreideproduzenten hingegen befürchten,
dass eine Zollsenkung den inländischen
Getreidepreis unter Druck setzen
würde. „Seit 1990 sind die Getreidepreise
stetig gesunken”, sagte der neue Swiss
Granum-Präsident John Dupraz. Der derzeitige
Preisanstieg sei eine verdiente Verschnaufpause
für die Produzenten. Die
neue Marktsituation solle nicht mit der Liberalisierung
des Getreidemarktes zunichte
gemacht werden.
Aufgrund der diesjährigen schlechten Getreideernte
in der Schweiz hat das Bundesamt
für Landwirtschaft das Zollkontingent
für Brotgetreide von 70‘000 auf 100‘000
Tonnen erhöht. So können derzeit 30‘000
Tonnen mehr Brotgetreide für 27 Franken
pro 100 Kilogramm importiert werden. Für
Anwander ist dies zwar ein wichtiger
Schritt, um die Versorgung sicherzustellen.
Jedoch geht Coop eine Erhöhung des Zollkontingents
zu wenig weit. Coop will in Zukunft
flexiblere Zollansätze auf Brotgetreide,
wie dies bereits beim Futtergetreidemarkt
der Fall ist. Denn auf dem Getreidemarkt
werde man künftig mehr Preisbewegungen
gegen oben und unten haben, sagte Anwander. „Dies bedingt, dass man nicht
mehr nur jährlich über den Brotgetreidepreis
verhandeln muss, sondern in kürzeren
Abständen.” Man müsse flexibler auf die
Marktsituation reagieren können, wie dies
im Gemüse- und Fleischmarkt bereits der
Fall sei.
Gegen eine Flexibilisierung des Zollsystems
wehren sich die Getreideproduzenten. „Bis
jetzt haben sich die Preise immer gegen
unten entwickelt. Bei der ersten Trendwende
darf nicht gerade das ganze System in
Frage gestellt werden”, sagte Olivier Sonderegger,
Geschäftsführer des Getreideproduzentenverbandes.
„Mischfutterpreise sind
künftig Tagespreise”
Ob das Zollsystem beim Brotgetreide neu
geregelt wird, soll laut Bundesamt für
Landwirtschaft erst bei der Getreideernte
2008 zum Thema werden. Vorerst wird also
erst der Futtergetreidemarkt liberalisiert
sein, falls der ausländische Preis nicht wieder
unter das Schweizer Preisniveau fällt.
Dies wirke sich automatisch auf die Mischfutterpreise
aus, sagte Marti von der Vereinigung
der Futtermittelfabrikanten an der
Delegiertenversammlung. „Mischfutterpreise
werden künftig Tagespreise sein”,
prognostizierte er. Dies zeige ein Blick nach
Deutschland, wo bereits jetzt die Futtermittelpreise
wöchentlich aufschlagen würden.
Gründe für die anhaltend hohen Getreidepreise
Die Getreidepreise werden sich aus
folgenden Gründen auf dem derzeit hohen
Niveau stabilisieren:
Die Getreidevorräte haben weltweit
einen Tiefststand erreicht.
Der Klimawandel und die damit verbundenen
Wetterkapriolen werden
zu Schwankungen bei den Ernteerträgen
führen.
Die Weltbevölkerung nimmt zu, das
Rohstoffangebot kann sich der steigenden
Nachfrage nicht so schnell
anpassen. Zudem steigt in China und
Asien der Wohlstand. Damit nimmt
auch die Nachfrage nach tierischen
Produkten zu.
Die landwirtschaftlichen Anbauflächen
gehen stets zurück. Um die
wachsende Weltbevölkerung ernähren
zu können, sollte die Getreideproduktion
jedoch ausgedehnt werden.
Die steigende Nachfrage nach Agrotreibstoffen
verknappt das Getreideangebot.
Bis ins Jahr 2015 soll die
Ethanolproduktion verdreifacht werden.
Künftig wird das Wasser knapper,
dies verteuert die landwirtschaftliche
Produktion. Für die Produktion von
einem Kilogramm Getreide werden
1‘000 Liter Wasser benötigt, für ein
Kilogramm Rindfleisch werden
15‘000 Liter Wasser gebraucht.
Text und Bild: LID / Helene Soltermann
(gb)
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