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Nachrichten

3.3.2008

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Low-Carb-Diät bei Diabetes wird Lehrmeinung

Die Schweizer Milchproduzenten (SMP) kommentieren die neuesten Diätempfehlungen der US-Diabetes-Gesellschaft. Diese bestätigen neue Studien zur Wirksamkeit von kohlehydratarmen Diäten.


Low-Carb-Diäten finden Eingang in die neuesten Empfehlungen der American Diabetes Association (ADA) zur Prävention von Diabetes. Die ADA hält aber unnötigerweise an der traditionellen Meinung fest, dass 130 gr Kohlenhydrate pro Tag nötig seien, um den Körper mit Nahrungsfasern, Vitaminen und Mineralstoffen zu versorgen.

Zahlreiche neue Diätstudien zeigen für Typ-2-Diabetiker Vorteile bezüglich Gewichtsreduktion, Blutzuckerkontrolle und Fettstoffwechselparameter, wenn die bisher empfohlene fettarme und kohlenhydratbetonte Diät ersetzt wird durch eine kohlenhydratarme. Nun wird die Datenlage auch von der American Diabetes Association (ADA), der wichtigsten und einflussreichsten Fachgesellschaft der Welt erstmals anerkannt und eine entsprechende Ernährungsumstellung empfohlen.

Am 1. Januar 2008 erschienen in Diabetes Care, dem Fachjournal der ADA, die neuesten Ernährungsleitlinien zur Prävention und Therapie von Diabetes mellitus. Darin wird der Abbau von Übergewicht als primäres Therapieziel für Prä-Diabetiker und Diabetiker dargestellt. Dazu wird erstmals die Anwendung von kohlenhydratreduzierten Diäten (Low-Carb) als vertretbare Alternative zu den bisher empfohlenen fettarmen, kohlenhydratbetonten Diäten (Low-Fat) dargestellt. Begründung: Der Gewichtsverlust ist in den ersten 6 Monaten signifikant und nach 12 Monaten zumindest im Trend grösser, als mit den etablierten Diätempfehlungen.

Traditionelle und neue Sichtweisen bei der US-Diabetesgesellschaft

In Bezug auf die Empfehlungen zur Optimierung der Blutzuckerkontrolle wird die Beachtung der glykämischen Last ein optimalerer Richtwert als die reine Kohlenhydratberechnung. Nach dem renommierten Joslin Diabetes Center an der Harvard-Universität, das bereits im Jahr 2005 eine Senkung der Kohlenhydratzufuhr und eine Senkung der glykämischen Last zur verbesserten Blutzuckerkontrolle empfohlen hatte, geht die ADA nun diesen, im Vergleich zum bisherigen Standpunkt, grossen Schritt.

Bei der Diskussion der Empfehlung innerhalb der Leitlinien fällt aber auf, dass man bei der ADA trotz Anerkennung von Low-Carb-Diäten noch stark in der traditionellen Sichtweise verhaftet ist. Im Folgenden dazu einige Kritikpunkte:

Es wird zwar ausgeführt, dass die Höhe der Kohlenhydratzufuhr die wichtigste bestimmende Grösse für die postprandiale Blutzuckerkonzentration ist, aber es wird versäumt darauf hinzuweisen, dass eine deutliche Senkung der Kohlenhydratzufuhr ein deutliche Minderung der postprandialen Glykämie zur Folge hat, mit entsprechenden Folgen für die Dosierung von oralen Antidiabetika und Insulin.

Studien, die eine dramatische Minderung der postprandialen Glykämie nach entsprechender Minderung der Kohlenhydratzufuhr bzw. der glykämischen Last nachweisen konnten, bleiben unerwähnt: Zum Beispiel die Ergebnisse der exakt kontrollierten Versuchsserien von Mary Gannon und Frank Nuttall , die mit der Senkung der Glykämischen Last durch Reduzierung von Zucker und Stärke neben anderen vorteilhaften Effekten eine deutliche, signifikante und klinisch relevante Senkung der Nüchtern-Glukose, der postprandialen Glykämie und des glykosiliertes Hämoglobins nachweisen konnten.

Dies ist umso erstaunlicher, als die Arbeitsgruppe 2006 einen angesehenen Forschungspreis, den American College of Nutrition Award, für Ihre Arbeiten zur Ernährungstherapie bei Diabetes erhalten hatten.

Diskussion zu isokalorischer Ersatz von Kohlehydraten

Die ADA fordert immer noch eine Mindestzufuhr von 130 g verdaulicher Kohlenhydrate pro Tag zur Versorgung des Nervensystems. Dabei wird übersehen, dass Hunger und Kohlenhydratmangel Merkmale der menschlichen Entwicklungsgeschichte sind und wir dafür eine nahezu perfekte Adaptation entwickelt haben. In unzähligen Fallbeispielen und Studien konnte aufgezeigt werden, dass das Nervensystem des Menschen auch bei weit geringerer Kohlenhydratzufuhr mit Hilfe von Glukoneogenese und der Umstellung auf Ketonkörperverwertung einwandfrei funktioniert.

Den Low-Carb-Diäten wird von der ADA immer noch pauschal eine problematische Versorgung mit Nahrungsfasern, Vitaminen und Mineralstoffen unterstellt. Dies kann durch Berechnung von geeigneten Tagesplänen widerlegt werden. Tatsächlich kann bei isokalorischem Ersatz von Zucker und Stärke durch einen Mehrverzehr von Gemüsen, Salaten, Früchten, Beeren, Pilzen und hochwertigen Fetten und Eiweissen die Energiedichte gesenkt und die Nährstoffdichte deutlich erhöht werden.

Die ADA weist wiederum auf mögliche unerwünschte Nebenwirkungen von Low-Carb hin — ein Effekt, der bei fettarmen kohlenhydratreichen Diäten offenbar als nicht existent eingeschätzt wird. Die zahlreichen Studien, die auf günstige Effekte für höhere Eiweiss- und Fettanteile bei Diabetikern hinweisen, werden hingegen als unzureichend bezeichnet, da sie zu klein oder zu kurz seien.

Fazit

Bislang galt, dass es generell keine gute Evidenz für die Ernährungstherapie bei Diabetes gibt. Dies war unter anderem auch das Ergebnis eines Cochrane-Reviews (Cochrane Collaboration ist das Zentrum für Evidenz basierte Medizin) aus dem Jahr 2004. Daraus folgt, dass es bislang noch keine überzeugenden Belege für gesundheitliche Vorteile der etablierten, leitlinienkonformen Diabetes-Diät im Vergleich zu anderen Kostformen gab – unter anderem weil diese noch nicht oder nicht hinreichend überprüft worden waren. Das heisst, dass die in den etablierten Leitlinien verankerten Empfehlungen auf keiner oder ungenügender Evidenz beruhen.

Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass von dieser Fachgesellschaft zur Änderung der etablierten Empfehlungen eine hohe Evidenz durch entsprechend lange und grosse, das heisst aussagefähige Studien verlangt wird. Da diese Forderungen in der Ernährungsphysiologie schwierig zu erzielen sind, bleiben wohl bis auf weiteres die herkömmlichen Empfehlungen mit unzureichender Evidenz erhalten. Eine Konsequenz ist, dass mit der Umsetzung der etablierten Empfehlungen prinzipiell höhere Blutzuckerwerte einhergehen als mit kohlenhydratreduzierter Kost, was einen höheren Medikamenten- und Insulinbedarf nach sich zieht.
(Quelle: SMP) (gb)


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