Einigung im Preiskampf der Milchbauern: Sie erhalten 6 Rp mehr. Milchprodukte werden teurer. Cremo und Emmi sind zufrieden. Die SKS kritisiert die Verarbeiter für die «zu einfache Lösung».
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Am Montag hatten nach Schätzungen rund 10 000 der 27 000 Milchbauern in der Schweiz gestreikt. Sie lieferten keine Milch ab. Jedoch im Streit um den Milchpreis haben sich Milchproduzenten und Verarbeiter nach stundenlangen Verhandlungen heute geeinigt: Die Produzenten erhalten ab dem 1. Juli sechs Rappen mehr pro Kilo Milch. Die Preiserhöhung wird auf die Konsumenten abgewälzt.
Paul Albert Nobs (Cremo), Urs Riedener (Emmi), Peter Gfeller (SMP-Präsident) und Albert Rösti (SMP-Direktor) geben anlässlich der Pressekonferenz Auskunft über die Milchpreisverhandlungen. Der Dachverband der Schweizer Milchproduzenten SMP schätzt, dass der Konsument pro Monat rund zwei Franken mehr für Milchprodukte ausgeben wird, wie SMP-Direktor Albert Rösti heute vor den Medien in Bern sagte. Dies sei tragbar.
Die Milchverarbeiter hatten sich unter der Bedingung auf den Kompromiss eingelassen, dass die Preiserhöhung auf die Kunden abgewälzt wird. Wichtig für die Einigung waren auch Zusicherungen bei der Butter: Der SMP hat Hilfe versprochen, falls das Butterlager Ende Jahr wegen höherer Preise zu voll sein sollte. Rösti zeigte sich zufrieden mit dem Verhandlungsergebnis, obwohl die Produzenten eine Erhöhung um 10 Rappen gefordert hatten. Wäre keine Einigung zustande gekommen, hätte sich der Streik ausgeweitet. Dies hätte zu einem Image-Schaden führen können, gab er zu bedenken.
Die Streikorganisatorin BIG-M akzeptierte das Ergebnis. Bereits am Dienstagmorgen wurde in der Deutschschweiz wieder Milch ausgeliefert, wie Karl Häcki auf eine Anfrage der SDA sagte. Das Bäuerliche Zentrum Schweiz (BZS) beugte sich dem Entscheid ebenfalls - allerdings nicht ohne Kritik am Dachverband. Die Westschweizer Bauernorganisation Uniterre setzte den Milchstreik vorerst fort. Sie wollte am Dienstagabend über einen Abbruch entscheiden. Der SMP zeigte sich zuversichtlich, dass auch Uniterre die Einigung akzeptiert.
Der Schweizerische Bauernverband (SBV) bedankte sich in einer Mitteilung bei den Streikenden. Die bäuerlichen Familien hätten sich mit "aussergewöhnlichen Massnahmen" für einen besseren Preis eingesetzt und dafür Opfer gebracht. Ihre Forderungen seien gerechtfertigt. Der "ruinöse Preiskampf auf Kosten der Bauern" müsse beendet werden. In einem Land, in dem lediglich 8 Prozent der Haushaltsausgaben für Lebensmittel eingesetzt würden, sei es nicht angebracht, immer wieder "die Mär" von zu hohen Lebensmittelpreisen zu verbreiten.
Zufrieden zeigten sich auch die grossen Milchverwerter Cremo und Emmi. Es wäre zwar von Vorteil gewesen, die Entwicklung auf den internationalen Märkten abzuwarten, sagte Emmi-Chef Urs Riedener. Wichtig sei aber, dass eine Lösung gefunden worden sei. Ab 1. Januar 2009 soll ein Milchpreisindex ausgehandelt werden, um in Zukunft solche Konflikte zu verhindern. Der Milchverarbeiter Hochdorf dagegen hielt in einer Mitteilung fest, das Verhalten der Produzenten sei befremdend. Für ein Produkt könne nicht mehr bezahlt werden, als der Markt hergebe. Auch die Migros hielt in ihrer Mitteilung fest, die übertriebenen Forderungen der Milchbauern seien "nicht nachvollziehbar."
Die am vergangenen Sonntag aufgenommenen Verhandlungen endete in der Nacht auf Dienstag. Dann kamen die Schweizer Milchproduzenten (SMP) und die grossen Molkereien überein, den Milchpreis auf den 1. Juli um 6 Rappen pro Kilogramm zu erhöhen, berichtet die Nachrichtenagentur SDA. Der vereinbarte Preis sei für 6 Monate fix, teilten die Produzenten in der Nacht per Communiqué mit. Sie hatten zuvor den Verwertern von Emmi, Cremo, Elsa und Hochdorf Swiss Milk ein Ultimatum gestellt.
Es sei ein für beide Parteien akzeptierbares Ergebnis gefunden worden, zeigten sich die Milchproduzenten zufrieden mit dem Kompromiss. Bisher lag der Durchschnittspreis bei 70 Rappen pro Liter Milch. Die Produzenten hatten eine Erhöhung um 10 Rappen gefordert. Nach Rücksprache mit dem Detailhandel sei nun die Einigung auf 6 Rappen erfolgt, hiess es in der Nacht. Die SMP fordern die Milchproduzenten auf, dieses Verhandlungsergebnis anzuerkennen und den Milchstreik sofort zu beenden.
Die Streikorganisatorin, die Bäuerliche Interessengruppe im Marktkampf (BIG-M) habe das Ergebnis der Verhandlungen akzeptiert und breche den Streik ab, teilten die SMP mit. An dem Milchstreik hatten am Montag schätzungsweise 10'000 der 27'000 Milchbauern in der Schweiz mitgemacht. Sie lieferten keine Milch mehr ab. Erstmals hatte Branchenleaderin Emmi am Montag Auswirkungen des Milchstreiks eingeräumt. (Quelle LID)
Milchprodukte werden in der Migros teurer
Die Schweizer Bauern bekommen ab 1. Juli 2008 erneut 6 Rappen mehr pro Liter Milch. Die Migros ist gezwungen, den höheren Milchpreis den Konsumenten weiterzugeben. Damit steigen die Preise für Milchprodukte um 8 Prozent. Die Elsa, das Milchverarbeitungsunternehmen der Migros, hat die Milchpreise für die Produzenten bereits Ende 2007 um knapp 10 Prozent erhöht. Mit den Bauern war vereinbart, dass die nächste Lagebeurteilung erst im kommenden Juli erfolgt. Entsprechend gross war die Überraschung, als sie nun kurzfristig eine substanzielle Milchpreiserhöhung verlangten. Für die Elsa waren die übertriebenen Forderungen nicht nachvollziehbar, denn die Milchproduktion ist deutlich höher als im Vorjahr, die Lager sind gut gefüllt und der Milchpreis im europäischen Umfeld sinkt tendenziell.
Die Bauern drohten mit Streik und Blockaden der Migros-Verteilzentralen. Damit wäre im geschlossenen Schweizer Markt die Versorgungssicherheit der Konsumenten nicht mehr gewährleistet gewesen. Unter diesen Umständen waren die Elsa und die Migros gezwungen, sich dem Preisdiktat der Bauern zu beugen und die von den Produzenten und Verarbeitern gestern Abend entschiedene Erhöhung von 6 Rappen pro Liter Milch per 1. Juli 2008 mitzutragen. Damit steigt der Preis der Milchprodukte innerhalb weniger Monate erneut um 8 Prozent.
Coop bietet Hand zur Lösung des Milchstreits
Coop begrüsst die Kompromisslösung zwischen Milchproduzenten und –verarbeitern. Sie ist froh, dass die Situation im Milchstreit, im Interesse aller, heute Nacht beigelegt worden ist. Zur Preiserhöhung von 6 Rappen pro Liter bietet Coop Hand. Seit dem vergangenen Jahr sind die Erdölpreise markant angestiegen. Neben den verteuerten Transportkosten mussten die Schweizer Milchproduzenten noch weitere Kostensteigerungen in Kauf nehmen, was die Erträge empfindlich schmälerte. Coop hat angesichts dieser Situation Verständnis für die aktuelle Forderung nach einer Milchpreiserhöhung und sich deshalb in den letzten Tagen gesprächsbereit gezeigt.
Als Grossabnehmerin der Milchverarbeiter führt Coop keine direkten Verhandlungen mit den Milchproduzenten. Sie steht jedoch in einem ständigen und konstruktiven Dialog mit allen beteiligten Partnern. Welche Milchprodukte sich um wie viel verteuern, wird noch festgelegt. Coop wird sobald als möglich, wie schon im vergangenen November, transparent über die genauen Erhöhungen informieren. Bereits heute steht fest: Coop wird die Situation keinesfalls für eine Margenerhöhung verwenden. (Medienmitteilung Coop)
SKS kritisiert die Verarbeiter: Zu einfache Lösung!
Die Stiftng für Konsumentenschutz SKS brachte für den Milchstreik der Produzenten Verständnis auf: Während die
Milchproduzenten Preissenkungen für die Milch in kauf nehmen mussten, spürten die
Konsumentinnen und Konsumenten davon nichts. Die Preise für Milchprodukte
wurden nicht angepasst, sondern tendenziell eher erhöht. Die Verarbeiter konnten
also von Preissenkungen bei den Produzenten und den hohen Preisen im Verkauf
profitieren.
Dass diese Schere nicht endlos weiter auseinander klaffen kann, haben die
Produzenten in den letzten Tagen eindrücklich gezeigt. Und eindrücklich ist auch die
Reaktion der Migros: Sie gibt den ausgehandelten Kompromiss - von sechs Rappen
mehr pro Liter Milch – ungebremst an die Konsumentinnen und Konsumenten weiter.
Und dies, nachdem bereits vor wenigen Monaten eine Preiserhöhung von 10 Prozent
auf die Milchprodukte aufgeschlagen wurde.
Die SKS befürchtet, dass auch weitere Grossverteiler und Anbieter diesen Weg
einschlagen werden. „Wir sind nicht einverstanden, dass jetzt einfach die
Konsumenten zur Kasse gebeten werden“, hält SKS Geschäftsleiterin Sara Stalder
fest, „ statt den Hebel bei den Konsumenten oder den Produzenten anzusetzen,
müssen die Verarbeiter über die Bücher!“ (Medienmitteilung SKS)
(gb)
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