Drei Wochen nach dem Schiffbruch der Verwaltungsreform im Bundesrat hat der Ständerat eine Motion angenommen, die eine vereinheitlichte Stelle für Lebensmittel-Sicherheit verlangt.
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Dass im Bereich der Lebensmittel- und Produktesicherheit die Kontrollmechanismen und die Ämterstrukturen nicht optimal sind, ist praktisch unbestritten: Konsumenten, Bauern, die Industrie, die Kantonschemiker, ja sogar die Bundesämter selber möchten eine einheitliche Stelle, die sich um die Produktesicherheit kümmert.
Nur der Bundesrat will das nicht. Schon bei der Verwaltungsreform, die der Bundesrat am 21. Mai sang- und klanglos und zur grossen Empörung des Parlaments fallen liess, wurden auch die Pläne hinfällig, die Stellen für Konsumentenschutz aus dem Bundesamt für Gesundheit und dem Bundesamt für Landwirtschaft mit dem Bundesamt für Veterinärwesen zu fusionieren. Und am Dienstag, 10. Juni erklärte Bundesrat Pascal Couchepin im Ständerat, man habe die Bundeseinheit für die Lebensmittelkette geschaffen. Diese unterstütze die verschiedenen Stellen bei der Aufsicht über den Gesetzesvollzug. "Das funktioniert!", rief Couchepin.
Auch Kantonschemiker wollen Klarheit
Die Motion Germann, gegen die Couchepin Stellung nahm, wurde vom Ständerat dann trotzdem angenommen. Mit 18 zu 5 Stimmen geht der Auftrag, den Konsumentenschutz effizienter zu organisieren, in den Nationalrat.
Zwei Tage später, an einer Veranstaltung des Konsumentenforums in Bern, zeigte sich Germann erfreut über den Erfolg und dämpfte gleichzeitig die Erwartungen: Die Zeichen, dass auch der Nationalrat der Motion zustimme, stünden zwar gut, aber es könne bis zu zwei Jahren gehen, bis sie in den Nationalrat komme. Peter Grütter, Präsident des Kantonschemiker-Verbandes, verdeutlichte die Wichtigkeit des Anliegens: Die neue Bundeseinheit für die Lebensmittelkette sei eine weitere Instanz, die bezüglich der Abläufe und Kompetenzen eher Verwirrung stifte als Effizienz bringe.
Urs Klemm, ehemaliger Vizedirektor im Bundesamt für Gesundheit und jetzt Geschäftsleitungsmitglied beim Konsumentenforum, erklärte, die EU habe nach dem BSE-Skandal 1999 relativ zügig neue Strukturen geschaffen. Einerseits wurde die Generaldirektion für Gesundheit und Verbraucherschutz für die Gesetzgebung und den Vollzug auf die Beine gestellt, andererseits das Expertengremium EFSA für die Risikobeurteilung. Die EU-Staaten hätten dann ihre jeweiligen nationalen Strukturen auch angepasst.
Koordination und Tempo
In der Schweiz hingegen herrscht bürokratischer Wildwuchs, und es werden Beispiele herumgeboten, die nicht gerade vertrauenerweckend sind: Salmonellenverseuchte Eier, deren Verkauf im Kanton St.Gallen verboten wurden, tauchen plötzlich im Luzernischen wieder auf. Einem Honigimporteur, der wegen der Einfuhrbewilligung in Bern von Amtsstelle zu Amtsstelle irrt, wird es schliesslich zu bunt, er importiert also – und erhält aus Bern prompt einen Rüffel.
Franziska Schnyder-Troesch, die Präsidentin des Konsumentenforums, zeigte sich auch besorgt über die steigende Zahl an Produkterückrufen und die mangelnde Anbindung der Schweiz an das EU-Meldesystem Rapex. Dieses informiert sofort über alle Produkte, die irgendwo im EU-Raum als gefährlich taxiert wurden. Oft sei das Tempo eben entscheidend, erklärte Urs Klemm. Wenn verunreinigtes Sonnenblumenöl aus der Ukraine gefunden werde, wie kürzlich geschehen, dann müssten die Behörden sofort reagieren können und nicht erst, wenn das Öl schon gegessen sei.
Klar ist auch, dass mit künftigen Geschäften wie dem Cassis-de-Dijon-Prinzip oder dem Agrarfreihandel die Harmonisierungen und Verknüpfungen zwischen Schweiz und EU immer bedeutender werden. Die EU wird den Bundesrat möglicherweise dazu zwingen, endlich anzupacken, was er bisher wegen internen Machtquerelen vor sich hingeschoben hat: Eine einheitliche Stelle für den Lebensmittel- und Produkteschutz. (Quelle LID)
(fma)
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