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19.6.2012 KURZNEWS 19. Juni 2012 BSE in den USA aufgetreten / Charta zur Qualitätsstrategie der Land- und Ernährungswirtschaft / Guatemala ist SCAE Barista Weltmeister 2012 / Mit Bioforschung den Inlandsektor weiter stärken / Erforscht: Müdigkeit weckt Appetit auf Junkfood BSE in den USA aufgetreten Auf einem kalifornischen Bauernhof ist ein BSE-Fall aufgetreten − der erste Fall seit sechs Jahren. Nach Angaben des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) in Washington am 24.04.2012 haben dieses Tests an einer verendeten Milchkuh aus dem Central Valley des US-Westküstenstaates bestätigt. Es handelt sich um den vierten BSE-Fall in den USA − der erste BSE-Fall war im Dezember 2003 im US-Bundesstaat Washington aufgetaucht. Der neue BSE-Fall stellt keine Gefahr für die Bevölkerung dar, hiess es in der Mitteilung der Behörde. Das Fleisch ist nicht in die Lebensmittel- oder Futtermittelkette gelangt. Bei dem Tier wurde eine seltene, atypische Form der Erkrankung festgestellt. Nach Informationen des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) waren in 2011 weltweit 29 BSE-Fälle gemeldet worden (1992: >37.000 Erkrankungen) − BSE wurde erstmals 1986 in Grossbritannien diagnostiziert. (behrs 19.6.12) Lebensmittelbranche will mit Qualität den Markt erobern Mehr als hundert Unternehmen und Organisationen der ganzen Lebensmittelkette haben die Charta zur Qualitätsstrategie der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft unterzeichnet. Die Branche setzt gemeinsam auf Qualität und verfolgt Werte wie Nachhaltigkeit, tiergerechte Haltung, Gesundheit und Genuss. Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann ermutigte heute im Stade de Suisse die Branche, punkto Qualität und Glaubwürdigkeit in der Schweiz und international in der obersten Liga mitzuspielen und sicherte die Unterstützung des Bundesrates zu. Mit der Unterzeichnung der gemeinsam erarbeiteten Charta setzt die Schweizer Lebensmittelbranche ein starkes Zeichen. Bis heute haben 119 Unternehmen und Organisationen die Charta unterschrieben, wobei eine einzelne Unterschrift oft den demokratischen Entscheid eines ganzen Verbandes oder einer Organisation repräsentiert. Die unterzeichnenden Akteure der Lebensmittelkette - vom Bauernverband über die Fenaco, Groupe Minoteries, Cremo, Coop, Migros bis zur Stiftung für Konsumentenschutz - setzen auf Qualität im umfassenden Sinne. Nachhaltig und tiergerecht produzierte sowie authentisch Lebensmittel aus der Schweiz: Diese Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten sollen im Zentrum der Produktion und Verarbeitung von Schweizer Nahrungsmittel stehen, so das zentrale Anliegen der Charta. Die Unterzeichnenden sind sich zudem einig, dass die Zukunft der Branche durch die gemeinsame, erfolgreiche Bearbeitung wertschöpfungsstarker Marktsegmente auf offeneren Märkten gestärkt werden muss. Am 18.6.2012 fand im Stade de Suisse der Event zur Unterzeichnung der Charta statt. Bundesrat und Wirtschaftsminister Johann N. Schneider - Ammann gratulierte der Branche zur Unterzeichnung der Charta und ermunterte die Akteure der Lebensmittelkette zur Zusammenarbeit. Durch Partnerschaften in der Wertschöpfungskette werde Mehrwert für alle geschaffen. Es sei wichtig, dass die Branche ihre Wettbewerbsfähigkeit stärke und sich für die fortschreitende Liberalisierung des Schweizer Lebensmittelmarktes rüste. Impulse zur Umsetzung der Qualitätsstrategie gaben auch Paola Ghillani von Paola Ghillani & Friends AG sowie Gabriela Manser von der Mineralquelle Gontenbad. Kurze Statements verschiedener Vertreterinnen und Vertreter der Lebensmittelkette machten den Dialog in der Branche spürbar und zeigten: Die Charta ist nicht einfach ein Lippenbekenntnis, sondern wird bereits gelebt. Auch die am Event vorgestellte Website www.qualitaetsstrategie.ch zeigt bereits Aktionen und Projekte aus der Branche. Weitere Projekte oder Aktivitäten werden folgen, dazu haben sich die unterzeichnenden Unternehmen verpflichtet. (BLW 18.6.2012) Hepatitis-E-Virus in Schweinefleisch auf dem Vormarsch Schweinefleisch sollte zur Inaktivierung des Hepatitis-E-Virus über 20 Minuten auf wenigstens 71° C erhitzt werden. Diese Empfehlung geben französische Wissenschaftler des „Laboratoire de Santé Animale“ in Maisons-Alfort in der Fachzeitschrift „Applied and Environmental Microbiology“. Das Hepatitis-E-Virus wird im In- und Ausland immer häufiger in Schweinebeständen gefunden. Eine aktuelle Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover zeigt, das gut dreiviertel der untersuchten Schweinebestände (78,1 %) bereits Kontakt zum Virus gehabt haben. Hepatitis E ist eine selbstlimitierende Leberentzündung beim Menschen, die durch Viren verursacht wird. Eine fulminante Hepatitis tritt selten auf, allerdings kann die Letalität bei Schwangeren bis zu 25% betragen. Die Hepatitis E kommt in Asien, Nord- und Nordostafrika, Mittel- und Südamerika vor. Menschen können sich durch den Umgang mit infizierten Schweinen (Landwirte, Tierärzte, Schlachter) und dem Verzehr von unzureichend gegartem Schweinefleisch infizieren. In die Umwelt gelang das HEV mit Schweinegülle und durch Auswaschungen von gegüllten Flächen in Oberflächengewässer. Von dort kann das Virus ins Meer und damit in Muscheln gelangen, die gelegentlich roh (Austern) oder mangelhaft erhitzt von Menschen verzehrt werden. Als weitere Verbreitungswege der Viren sind „Naturdünger“ (Tierkot), die Bewässerung von Gemüseanpflanzungen und Trinkwasser möglich. (LME 18.6.2012) Guatemala ist SCAE Barista Weltmeister 2012 Die zwölf weltbesten Baristi stammen diesmal nicht aus USA, Canada, Ausstralien etc. sondern aus der Schweiz, Holland, Irland, Schweden und vier Anbauländern wie Costa Rica, Mexiko, Guatamala und El Salvador. Weitere Länder sind ebenfalls stark wie zB. Japan, Griechenland, Kroatien und UK. 1. Raul Rodas aus Guatemala 2. Rang Mexiko 3. Irland 4. Japan 5. Griechenland 6. Grossbritannien Nach dem 2. Platz an den Barista Weltmeisterschaften 2010 in London gewann Raul Rodas nun den höchsten Titel der Baristi an der WM in Wien am 14.6.2012. In einem spannenden Final der besten 6 Baristi setzte sich Guatemala mit einer beeindruckender Show klar durch. Zum ersten mal seit dem Bestehen der internationalen Meisterschaften sind die USA, Kanada und Australien nicht unter den besten 6 Baristi. Der Schweizer Philipp Meier erreichte mit 590 Punkten den ausgezeichneten 10. Rang. Das beste Resultat seit dem 5. Rang von Anna Käppeli in Tokio 2007. (Swiss Scae 14.6.2012) Mit Bioforschung den Inlandsektor weiter stärken Erfolgreicher Biolandbau und Forschung gehen Hand in Hand. Deshalb fordert Bio Suisse, dass der Bund die Forschung für den Biolandbau stärker unterstützt. Die Vereinigung Schweizer Biolandbau-Organisationen begrüsst ein von eidgenössischen Parlamentariern eingereichtes Postulat, wonach das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in Frick AG - als eine der weltweit führenden Forschungseinrichtungen für ökologische Landwirtschaft - und die Eidg. Forschungsanstalt Agroscope mehr Geld für die Bioforschung erhalten sollen. Für die angestrebte Qualitätsstrategie der Schweiz ist Wissensvorsprung in den Bereichen Ökologie, Klima und Tierwohl von zentraler Bedeutung. Ab 19. Juni 2012 wird sich die nationalrätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben mit dem zu revidierenden Landwirtschaftsgesetz intensiv befassen. Wichtiges neues Element ist die Qualitätsstrategie. Für Bundesrat Schneider-Ammann soll der Biolandbau im Rahmen der Agrarpolitik 2014 – 2017 ein wichtiger Eckpfeiler bei der Umsetzung der Qualitätsstrategie für die Schweizer Landwirtschaft sein. Damit sich der Schweizer Biolandbau ökonomisch, ökologisch und sozial weiterentwickeln und seinen Vorsprung wahren kann, sind Forschung und Beratung von zentraler Bedeutung. Und sie sind grundsätzlich jeder Form von Landwirtschaft förderlich. Die Schweiz ist ein Pionierland des Biolandbaus nach dessen Prinzipien heute über 11% der Nutzflächen bewirtschaftet werden. Mit dem 1973 gegründeten FiBL verfügt sie über eine hervorragend positionierte und international anerkannte Forschungseinrichtung. Diese arbeitet eng mit den Bundes-Forschungsanstalten Agroscope zusammen. Über drei Viertel des FiBL-Budgets stammen heute aus Drittmitteln. Mit grosser Sorge beobachtet Bio Suisse die Sparanstrengungen des Bundes im Forschungsbereich, insbesondere der Bioforschung. Sowohl beim FiBL als auch bei Agroscope würden solche Sparanstrengungen massive Einschränkungen bewirken. Umso wichtiger ist darum das Postulat von CVP-Nationalrat Müller-Altermatt, der eine Verstärkung der Forschungsmittel und eine erfolgreiche Public Private Partnership des Bundes mit dem FiBL anstrebt. (Biosuisse 14.6.2012) FAO sagt Lebensmittelverschwendung den Kampf an 14.06.2012 - (lid) – Die UNO-Organisation für Landwirtschaft und Ernährung (FAO) ruft private Unternehmen und Organisationen dazu auf, das Projekt „Save Food“ zu unterstützen. Dieses hat eine Minimierung der weltweiten Lebensmittelverschwendung zum Ziel. Jährlich gehen gemäss FAO 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel verloren oder werden verschwendet. Die Kampagne „Save Food“, die zusammen mit privaten Partnern durchgeführt wird, will diese Verschwendung minimieren. Die FAO ruft Unternehmen und Organisationen dazu auf, die Initiative zu unterstützen. Selbst wenn nur ein Viertel der 1,3 Milliarden Tonnen gerettet werden könnten, würde das reichen, 900 Millionen Hungernde zu versorgen, so „Save Food“-Teamleader Robert van Otterdijk. Verluste von Lebensmitteln sind ein weltweites Problem. Während in Entwicklungsländern vor allem auf Produktionsstufe Verluste auftreten, geht in Industrieländern der grösste Teil der Verluste auf das Konto des Handels und der Konsumenten. Kompetenzzentrum für Aroma- und Heilpflanzen im Wallis 13.06.2012 - (lid) – In Sion-Conthey wird derzeit das Kompetenzzentrum für alpine Aroma- und Heilpflanzen PhytoArk aufgebaut. Es soll Unternehmen bei der Entwicklung von Produkten mit natürlichen Inhaltsstoffen unterstützen. Die Schweiz sei zwar Weltmeister in der Forschung, mit der Umsetzung hapere es aber, so der Walliser Wirtschaftsdirektor Jean-Michel Cina gemäss Nachrichtenagentur SDA. PhytoArk soll das ändern, indem Unternehmen von Fachleuten bei der Produktentwicklung unterstützt werden. Künftig sollen fünf bis sechs Start-ups von der Anlage profitieren können. Der Gebäudekomplex auf dem Grundstück von Agroscope in Sion-Conthey entsteht bis Ende 2012. Zudem ist eine Anlage zur Extraktion von Wirk- und Aromastoffen aus Pflanzen geplant. Das gesamte Projekt kostet rund sechs Millionen Franken, wobei den Hauptanteil die öffentliche Hand übernimmt. Hirnforschung: Müdigkeit weckt Appetit auf Junkfood US-Forscher haben eine Erklärung dafür gefunden, warum Menschen mit Schlafproblemen zu Übergewicht neigen: Übermüdete Gehirne reagieren demnach stärker beim Anblick von Junkfood und vernünftiges Essverhalten fällt unausgeschlafenen Personen deutlich schwerer als ausgeruhten Menschen. Diesen Zusammenhang offenbarten Untersuchungen mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) von zwei unabhängigen Forschergruppen. Darüber berichteten sie auf dem jährlichen Treffen der Associated Professional Sleep Societies in Boston. Das Forscherteam um Marie-Pierre St-Onge von der Columbia University führte Untersuchung mit 25 normalgewichtigen Frauen und Männern durch. Bei einem Versuchsdurchlauf durften die Probanden fünf Nächte lang nur vier Stunden schlafen, bei einem zweiten dagegen so lange sie wollten. Nach dem jeweiligen Schlafverhalten erfassten die Forscher mittels fMRI, wie das Gehirn der Versuchsteilnehmer auf den Anblick von ungesundem, beziehungsweise gesundem Essen reagierte. Der Vergleich zeigte, dass das Gehirn der Probanden beim Anblick von Junkfood deutlich höhere Aktivität in den Belohnungszentren aufwies, wenn sie unausgeschlafen waren. Den Forschern zufolge untermauert dieses Ergebnis frühere Studien, wonach Menschen nach Schlafentzug ein höheres Bedürfnis nach besonders deftigem oder süssem Essen verspüren. Warum sich diese Lust auf ungesundes Essen so schwer kontrollieren lässt, zeigt die zweite aktuelle Studie: Forscher der University of California haben 23 gesunde Probanden eine Nacht ausschlafen lassen, ein anderes Mal haben sie sie dagegen früh geweckt. Beide Male wurde dann die Gehirnaktivität während Tests mittels fMRI erfasst: Die Teilnehmer sollten bewerten, wie gross ihre Lust auf bestimmte Nahrungsmittel ist. Die Gehirnaktivität offenbarte dabei, dass der Schlafentzug offenbar Funktionen im Frontallappen beeinträchtigt, der für seine Bedeutung bei Verstandesentscheidungen bekannt ist. Ist dieser Kontrollmechanismus ausser Kraft gesetzt, fällt Menschen eine sinnvolle und gesunde Nahrungswahl schwer, erklären die Forscher. Frühere Studien haben bereits die Bedeutung von nachhaltigem Schlafmangel bei der Neigung zu Übergewicht und Stoffwechselstörungen wie Diabetes Typ 2 belegt. Die aktuellen Studien zeigen nun, dass dafür der Verlust von Kontrollfunktionen im Gehirn übermüdeter Menschen verantwortlich ist. So fällt ihnen eine sinnvolle Entscheidung bei der Auswahl ihres Essens schwer und sie greifen letztendlich bevorzugt zu ungesundem Essen. (Associated Professional Sleep Societies 12.6.2012) Welches sind die Top 10 Kaffeebar-Ketten in Europa? Die stärkste Kaffeebar-Marke in Europa ist das britische Konzept Costa Coffee - mit über 1.500 Cafés (Stand 31.12.2011). Dies zeigt das aktuelle und exklusive Ranking der "Top 10 Kaffeebar-Ketten in Europa", erstellt von der Wirtschaftsfachzeitschrift FoodService Europe & Middle East (Deutscher Fachverlag). Demnach steht Costa Coffee erstmals vor den beiden Weltmarken McCafé und Starbucks. Es folgen Tchibo und Segafredo. Die fünf Namen repräsentieren fünf verschiedene Herkunftsländer. Spannend ist auch, dass Russland mit gleich zwei Marken unter den Top 10 vertreten ist, nämlich Shokoladnica und Coffee House. Insgesamt sind die Top 10 im letzten Jahr auf 7.320 Cafés in Europa gewachsen, ein Plus von 11 Prozent, so ein weiteres Ergebnis der Exklusivuntersuchung. Am stärksten legte der Kaffeebar-Standort London zu, wo der britische Whitbread-Konzern mit 225 Costa-Standorten präsent ist. Starbucks zählt sogar 262 Coffee Houses in der Stadt der Olympischen Sommerspiele 2012. McCafé ist in Grossbritannien dagegen überhaupt nicht vertreten - lediglich auf dem europäischen Kontinent, und da mit überragender Präsenz in Deutschland (783 McCafés in über 1.400 McDonald's-Restaurants). Weltweit gibt es über 3.000 McCafés. Coffee Bars zählen zu jenen gastronomischen Konzepten, die nach der Jahrtausendwende die Fortentwicklung der Welt der Gastlichkeit besonders beeinflusst haben. Sie sind heute so etwas wie das öffentliche Wohnzimmer bzw. das öffentliche Büro der Gesellschaft. Auch in den nächsten Jahren dürfte diese Konzeptkategorie überdurchschnittlich wachsen, denn die tägliche Nachfrage von Millionen Menschen nach zehn Minuten Pause von den Baustellen des Lebens ist riesig. Im Trend: kalte Kaffeegetränke, Drinks & Snacks to Go sowie immer aufwändigere Lounge-Einrichtungen. Die vollständige Untersuchung findet sich in der aktuellen Ausgabe von FoodService Europe & Middle East. Neue Übergewichtsgene identifiziert Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) und des Universitätsklinikums Leipzig haben im Rahmen einer neuen Studie zwei Gene identifiziert, die im Fettgewebe krankhaft übergewichtiger Menschen verstärkt aktiv sind. Sie begünstigen die Fetteinlagerung im viszeralen Fettgewebe*, dem so genannten Eingeweidefett im Bauchraum. Wie weitere Ergebnisse der Studie annehmen lassen, fördert eine erhöhte Aktivität der beiden Gene die Freisetzung eines Enzyms im Fettgewebe, das für die Bildung von Cortisol verantwortlich ist. Cortisol ist als Stresshormon bekannt, spielt aber auch eine Rolle für die Regulation des Energiehaushalts. Das Wissenschaftlerteam um Annette Schürmann, Heike Vogel und Hans-Georg Joost vom DIfE veröffentlichte nun seine Daten in der Fachzeitschrift Human Molecular Genetics (Vogel et al., 2012; doi: 10.1093/hmg/dds213). Krankhaftes Übergewicht (Adipositas) gehört zu den komplexen Erkrankungen, an deren Entstehung zahlreiche Gene im Zusammenspiel mit Umweltfaktoren beteiligt sind. Ein Ziel der Wissenschaftler ist es, durch die Kenntnis der Gene und deren Funktion mehr über die molekularen Mechanismen zu erfahren, die zur Krankheitsentstehung beitragen, um so neue Ansätze für wirksamere Medikamententherapien zu entwickeln. Da Mensch und Maus genetisch sehr ähnlich sind, nutzen die Forscher am DIfE zunächst Mausmodelle, um Gene zu identifizieren, die an der Entstehung von Übergewicht beteiligt sind. In der aktuellen Studie führten sie - ähnlich wie Gregor Mendel dies mit Erbsen tat - Kreuzungsexperimente mit Mäusen durch. Hierbei verpaarten sie Mäuse eines zu Übergewicht neigenden und Mäuse eines normalgewichtigen Mausstamms** miteinander. Durch einen Vergleich der übertragenen äusseren Merkmale auf die Nachkommen mit den übertragenen Erbgutfragmenten, konnten sie auf einem Chromosom einen Bereich eingrenzen, der stark mit Übergewicht assoziiert ist. Weiterführende Analysen dieses Bereichs identifizierten letztendlich das Ifi202b-Gen, das zur Ifi200-Genfamilie gehört, als Übergewichtsgen. Mäuse, die das intakte Gen von ihren Eltern geerbt hatten, wurden schnell übergewichtig. Dagegen blieben die Nachkommen normalgewichtig, wenn sie von ihren Eltern eine durch eine natürliche Mutation funktionslos gewordene Variante des Gens vererbt bekommen hatten. Wie anschliessende Untersuchungen des Fettgewebes und in Kultur gehaltener Zellen zeigten, reguliert das vom intakten Ifi202b-Gen abgeleitete Protein ein bestimmtes Enzym im Fettgewebe. Dieses wandelt das biologisch inaktive Cortison in das aktive Hormon Cortisol um. Je stärker das Ifi202b-Gen aktiviert war, desto mehr Enzym konnten die Forscher im Fettgewebe nachweisen. Ein wichtiger Hinweis darauf, dass auch das im Gewebe produzierte Cortisol bei der Entstehung von Übergewicht eine Rolle spielt. „Nachdem wir die entscheidende Genfamilie identifiziert hatten, untersuchten wir nun zielgerichtet die entsprechenden Gene bei 53 normalgewichtigen und 221 krankhaft übergewichtigen Personen und wurden fündig“, sagt Erstautorin Vogel. Zwei Gene der menschlichen Ifi-Genfamilie, IFI16 und MNDA, sind ebenfalls mit Übergewicht assoziiert. Sie sind im viszeralen Fettgewebe übergewichtiger Menschen sehr viel stärker aktiv, wobei die Grösse der Fettzellen mit steigender IFI16- und MNDA-Genaktivität zunimmt. „Dass die identifizierte Genfamilie sowohl beim Menschen als auch bei Mäusen eine Rolle spielt, ist von entscheidendem Vorteil“, erklärt Studienleiterin Annette Schürmann. Denn so könne man die Genfunktionen und die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen an Modellsystemen wie der Maus oder bestimmten Zelllinien unter kontrollierten Bedingungen erforschen. Am Menschen sind solche Studien oft aus ethischen sowie auch aus praktischen Gründen nicht möglich. „Die weitere Aufklärung der zellulären Funktion von Ifi202b wird uns auch zu neuen Strategien der Diabetesprävention führen“, ergänzt Hans-Georg Joost, wissenschaftlicher Direktor des DIfE. Denn viel viszerales Fett im Bauchraum ist ein Risikofaktor für Typ-2-Diabetes. (DIFE) | |