Backwaren & Confiserie: Tipps & Wissen | ||||||||||||
Backwaren & Confiserie Glacequalität mit und ohne Zusatzstoffe
In Fruchtglace erübrigen sich ausser Fruchtmark und Frischrahm weitere Zutaten, wenn man Glace-Puristen fragt. Allerdings ist ein solches Produkt ohne Stabilisatoren nicht lange haltbar. Bei -18° liegt das Problem nicht beim mikrobiellen Verderb sondern bei physikalischen Veränderungen: die Glace wird langsam hart. Temperatur-Schwankungen beschleunigen dies, da sie die Eiskristalle vergröbern: Bei jeder Schwankung wachsen die grossen – wie überall auf der Welt - auf Kosten der kleinen und machen die Glace sandig. Ausserdem kann sie beim Überlagern an der Oberfläche austrocknen und eine zähe Haut bilden. Mit Stabilisatoren wird Glace cremiger, formstabiler, und es bleibt beim Lagern länger cremig. Die Hydrokolloide binden das Wasser und geben es beim Freezen nur langsam ab, dadurch bilden sich mikrofeine Eiskristalle. Die Art der Cremigkeit kann man mit dem Stabilisatortyp steuern: Johannisbrotkernmehl vermittelt ein «warmes» Gefühl auf der Zunge, Alginate und Guarkernmehl hingegen ein «kaltes». Auch eine höhere Emulgatordosierung verbessert die Cremigkeit. Und eine Mischung von Molkenproteinen mit Hydrokolloiden kann ein fettfreies Fruchtsorbet ähnlich cremig wie Rahmglace machen. Dies ergab ein Entwicklungsauftrag der Industrie an die Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP sowie die Hochschule Wallis HEVS. Qualitätskompromisse zwecks Haltbarkeit Viele gewerbliche Glacehersteller verzichten auf künstliche Zusatzstoffe, aber Stabilisatoren sind für Lagerglace kaum verzichtbar. Auch industrielle Hersteller wie Mövenpick und Häagen-Dasz vermeiden Zusatzstoffe, indem sie färbende Fruchtsäfte, Milcheiweiss sowie Eigelb zur Emulgierung und Stärke zur Stabilisierung einsetzen. Dabei sind Kompromisse bei der Cremigkeit unvermeidlich.
Mövenpick kompensiert dies mit höherem Aufschlag. Häagen-Dasz-Produkte hingegen sind fester, weil sie weniger Overrun haben. Dadurch sind sie im Aroma intensiver. Andere Glacefabriken verwenden Einfach- und Zweifach-Fettsäuren-Glyceride, die wirksamer sind als Eigelb. Wer natürliche Produkte anbietet, muss vor allem bei der Farbe Kompromisse machen und auf die billigen, intensiven künstlichen Farbstoffe verzichten. Als Alternative kommen natürliche Lebensmittel-Farbstoffe in Frage oder noch besser färbende Zutaten. Allerdings sind sie weniger intensiv und werden schwächer beim Pasteurisieren. Dies trifft auch für Aromen zu: Wer natürliche Aromen zusetzt, sollte dies im letzten Schritt vor dem Freezen tun, um sie zu schonen. Dies gilt gemäss dem Glacespezialisten Hanspeter Dietrich aber nicht für die so genannt warmen Aromen wie Schokolade, die nicht mit Säuren kombiniert werden. Sie integrieren sich besser, wenn sie mitpasteurisiert werden. Softeis aus der Industrie? Softeis besitzt besonderen Genusswert: Es ist leichter, weicher, und weniger kalt als Tiefkühl-Glace, weil seine Temperatur nur -5° C bis -7° C beträgt. Es ist aber bei dieser Temperatur mikrobiell nicht stabil. Gewerbliche Softeis-Maschinen besitzen einen Durchlauf-Freezer bzw «Zylinder». Wird der Zapfhahn geöffnet, strömt vorgekühlter Mix hindurch und wird durch Rühren und Abschaben an der Zylinderwand auf -6°C gefroren. Als Mix verwendet man meistens industrielle Halbfabrikate wie Steril-Flüssigmix oder Pulver. Das Pasteurisieren sowie Reifen entfällt. Auch das Grundrezept weicht ein wenig von Lagerglace ab: Softeis-Rezepte enthalten weniger Stabilisatoren aber höheren Wassergehalt.
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